Wir befassen uns mit der Sozialdemokratie der SPD und mit dem Europa, das in Teilen auch Lebensleistung des möglichen Kanzlers Martin Schulz ist. Außerdem: Wie sicher ist denn nun Afghanistan als Abschiebeland und warum gibt’s in Ägyptens Kneipen plötzlich Bier? Am Ende, ernüchternd, scheint Fukushima der einzige Ort zu sein, an dem man sich ernsthaft um die Zukunft sorgt, weil sie verloren ist.
Wir danken unseren Produzenten Alexander, Moritz, Daniel, Carl, Dominik, Robert, Tobias und unseren Unterstützern Jacob, Max, Rüdiger, Christopher, Anna, Arne, Lars, Bernhard, Steven, Florian, Holger & Anke, Johannes, Nathalie, Artur, Fritjof, Hans-Georg, Temel, Thomas, Simon, Lea, Hendrik und Josef.
Hi, zu Karl Marx. Stefan, es heiß Rezession und nicht „Rezension“. 😉 Und das wird nicht im Sozialkunde-Unterricht gelehrt, sondern in der VWL. Ich habe davon nie was gehört, als ich in der Schule oder Hochschule war. Bin ich da der einzige? Ich kann auch niemanden empfehlen kleine Beiträge, Ausschnitte von ihm anzuschauen. lest „Das Kapital“ als Buch und wenn ihr Schwierigkeiten dabei habt, dann schaut dazu die Vorlesungsreihe von David Harvey an. Den Rest des Podcasts höre ich mir morgen an.
Stefan hat natürlich absolut recht.
Wenn CETA kommt, brauchen die Amis TTIP nicht mehr dringend. Weil sie uns Europäer aus ihren Niederlassungen in Kanada verklagen können. Dass diese Verfahren, die sie aus Kanada anstreben, dann ein ganz klein wenig rechtsstaatlicher sind, als die heute üblichen, ist natürlich nur ein schwacher trost. Dass es Schiedsgerichte auch in CETA gibt, ist somit allerdings durchaus von weiterreichendem Interesse.
Soweit ich sie gehört habe, ansonsten schöne Folge, zu der sich noch das eine oder andere sagen ließe, z.B. dass es doch nicht so wichtig ist, ob jemand nach 12 oder 14 Monaten von ALG 1 auf ALG 2 fällt, was Gottkanzler in Spe M.S. Sozialdemokrat meint, sondern wie übel er danach dran ist. Ich bin noch nicht fertig mit hören, vielleicht sagt ihr ja noch etwas mehr dazu
LG Bernd
@Stefan Betreff Fukushima
Da werden bestimmt noch mehrere Kommentare dazu kommen aber hilft nicht. Also da haste dich etwas sehr verrant, Stefan. Dr. Tetsuji Imanaka, der Wissenschaftler, möchte dort nicht mit seinen Enkeln wohnen weil man diese Gebiete UNMÖGLICH zu 100% vom strahlenden Materialen bereinigen kann. Es geht einfach nicht. Heißt wer dort wohnt wird radioaktives Material aufnehmen. Das ist so. Das ist für Senioren aus naheliegenden Gründen kein Problem. Bei jüngeren Menschen, ganz besonders Kinder aber schon. Denn die lagern vielmehr radioaktive Substanzen in ihrem Leben dort an als die Älteren und haben dementsprechend ein vielfach erhöhtes Risiko ernsthafte Krankheiten ausbilden zu können. Darum gehts und darauf wollte er auch mit seinem Enkel Beispiel Hinweisen. Keine Kinder, weder seine noch sonst welche, in die für noch lange, sehr lange Zeit verstrahlten, „gesäuberten“ Gebiete.
Ist dann zB. auch schwer noch die Fassung zu bewahren wenn man Artikel liest wie Japans Regierung dort auch noch Schulklassen hinschickt die dann zu Mickey Mouse Musik fröhlich putzen dürfen. Botschaft der Bilder: „Alles ist gut sonst wären die ja nicht da und haben Spaß!“ Propaganda auf Kosten der Kinder. Im Zusammenhang mit Fukushima passieren da ganz, ganz große Schweinereien. Unvorstellbar.
Ich hab mich da „sehr verrannt“?
Ich höre gerade die Rede von Schulz. Ehrlich, ich glaube ihm gar nichts. Den so genannten Schulzfaktor gibts auch nicht. Entsprechende Umfragewerte sind doch völliger Blödsinn. Mir kommts so vor, als ob für uns ein spannender Wahlkampf inszeniert werden soll, damit eine Art Demokratie erkennbar wird. Am Ende, oh Schreck, gewinnt aber doch Frau Merkel. Da kann der Schulz sich den Mund noch so fusselig quatschen. Die SPD hat sich so unfassbar unglaubwürdig mit der Agenda 2010 gemacht – das wird sie mit Schulz nicht einfach weg wischen können. Für mich ist das wie ein schlechter Sonntagsfilm im Ersten oder Zweiten – Rosamunde Pilcher oder so;).
Nachdem Merkel gewonnen hat, wird sie feststellen, dass sie keinen passenden Koalitionspartner findet – und ach sieh an – am Ende ist der Schulz der neue Vizekanzler. Und die Visionslosigkeit geht weiter. Beide Parteien werden uns noch weiter ins Dilemma stürzen.
Die SPD-Spitze sollte einfach mal für einen Monat probieren mit der Grundsicherung auszukommen. Mal schauen ob Sie dann immer noch so über Rente und Hartz 4 denken.
Länge des Podcast ist top – länger ist aber auch vollkommen in Ordnung!
Vielen Dank für die vielen Infos und einen guten Abend.
„sehr verrannt“ ist wahrscheinlich ein bisschen drastisch formuliert, ich würde mich aber auch eher der Interpretation von Mathias anschließen. Also das es dem japanischem Wissenschaftler bei seinem Statement, er würde mit seinem Enkel nie so nah bei Fukuschima leben, eher um die wissenschaftlich betrachtet ungleich größere Gefahr für den Enkel schwer zu erkranken ging, als um seine irrationale Sorge die er seinem Enkel gegenüber empfindet.
Würde mir zumindest an der Stelle mehr einleuchten.
@Stefan 22:14 Betreff „verrannt“
Der Mann redete einfach Klartext mehr nicht. Da rutschte ihm nichts raus weil er an seine Enkel denken musste. Das war eine Warnung an Familien mit Kindern gerichtet die zurück wollen/sollen. Also wirklichste Wirklichkeit. Realer gehts garnicht mehr. Und wenn ich mir dann anhöre wo du am Ende gelandet bist dann hast du dich mit dem „besorgten Großvater“ und seiner „gefühlten Wirklichkeit“ eben verrannt.
Überzeugt mich angesichts der O-Töne nicht.
Ich hatte das Gefühl diese Folge war ein wenig Konzept getriebener als sonst, gefällt mir sehr gut.
Überhaupt hab ich das Gefühl der Podcast wird eher immer vielseitiger, macht weiter so.
Zum Gottkanzler: Ich war ja fast schon so weit zu denken ich wähle vielleicht doch mal wieder SPD, aber im Grunde hatten die ja jetzt ne ganze Weile die Gelegenheit mich zu überzeugen und das Gegenteil war der Fall.
Also wird es doch wieder eine sichere Minderheitenpartei werden, von der ich dann hoffe sie halten die SPD eine bisschen mehr links als sie es offensichtlich von sich aus sein wollen.
Komisches Phänomen auch mit den Grünen, das die sich dann trotz ausdrücklich „grünem“ Mandat dann nicht trauen auch mal was zu machen, würde ich gerne mal verstehen was es damit auf sich hat.
Nochmal zur Schulzrede
Da sagt er „Wir wollen verbindliche Angebote der Beratung und Förderung“ in ALG1. Und ansonsten gibt es Sanktionen? wie bei Hartz4?
Anders kann man das glaube ich nicht verstehen, von einem Sozialdemokraten der die Agenda 2010 ja im Kern gut findet.
Na Hurra
In meinen Augen die beste Folge ever.
Ich finde es gut, dass er mehr um die Inhalten geht und weniger um die Performance der Nachrichten.
Erinnert mich ein wenig an Posters und diesen langhaarigen Veganer.
Mfg.
Schöne Kommentare zum BGE, ihr habt es begriffen. Eure Generation muss es durchsetzen.
Die Diskussion zum digitalen Zwilling ist doch ein schöner Anlass über die Folgen nachzudenken. Als Anregung empfehle ich dazu Nosedive von Black Mirror (S03E01). Quatsch Anregung. Das ist ein Befehl!
du hast recht gehabt – Stefan – es war das Fernseher-geld. Die (bisher) klugste Investition in diesem Jahr…
Hi Stefan, deine Zukunftsvision mit Handys als Passersatz wurde in einer Black Mirror Episode bereits umgesetzt. Staffel 1, Episode 3. Sehr sehenswert diese Episode!
PS: Ich kenne mich mit Ägypten gut aus. Bin zwar in Deutschland geboren habe aber einen arabischen Background. Als Atheist kenne ich mich selbstverständlich auch mit dem Islam gut aus 😉
Noch ein weiteres mal zu Martin Schulz, weil es aus meiner Sicht wirklich unterskandalisiert ist und wohl auch aus meinem Kommentar nicht so ganz deutlich wurde.
Martin Schulz möchte aus meiner Sicht offensichtlich die Hartz4 Schikane in Zukunft vom ersten Tag der Arbeitslosigkeit an einführen. Denn “Wir wollen verbindliche Angebote der Beratung und Förderung” (in ALG1) heißt bestimmt nicht, der Arbeitlose bekommt in jedem Fall Angebote, sondern mit Sicherheit, der Arbeitlos MUSS in jedem Fall diese „Angebote“ der Beratung und Förderung annehmen, wenn er nicht Sanktioniert werden will.
Dieser Doppelsprech durchzieht weite Teile seiner Rede und es wäre echt schön gewesen, diese mal noch weiter dekonstruiert zu sehen. Hättet ihr eher machen sollen als die Rede unkommentiert ans Ende zu hängen. Es war ja ansonsten eine wirklich gute Folge.
Grüße Bernd
Bernd, wir sind nicht Schuld an Schulz Rede.
Lektüre-Empfehlung zu Marx: das neue Buch von Harari
http://www.deutschlandradiokultur.de/bestseller-autor-yuval-harari-die-digitalisierung.1008.de.html?dram:article_id=378917
@Bernd Danke für die Hinweise.
@Stefan
Ich habe nicht behauptet einer von euch sei an Schulzens Rede Schuld.
Stefan, deine These ist doch, dass es hauptsächlich um Performance (also um Schein) geht und kaum um Inhalt. In der Beobachtung teile ich diese These zur Gänze. Das ist meineserachtens auch nicht erst seit gestern so, sondern seit dem Bestehen höherer Lebewesen. Das heißt doch nicht, dass ich, als Vernunft begabter Mensch, keinen Wert auf Inhalt legen muss. Sondern ganz im Gegenteil, dass ich versuchen muss, hinter den Schein zu sehen, so weit dieses eben möglich ist. Vollständig wird das selbstverständlich nie gelingen.
Und bei dieser Rede kann man halt recht gut hinter den Schein sehen, wenn man sich mit politischen Sonntagsreden ein wenig auskennt. Und es hätte mich gefreut, wenn ihr das getan hättet, wie ihr es ja sonst auch häufig tut.
Grüße Bernd
Tja Bernd, wenn du glaubst, es sei nur eine Sonntagsrede – dann beweise es. Zeig die Stellen. Aber komm mir nicht so.
Zum Thema „Alte Facebook Einträge löschen“:
Habe ich vor zwei Jahren mal gemacht und mir vor paar Tagen mir meine von Facebook gespeicherten Daten heruntergeladen. In der Zip-Datei waren auch die ganz alten Einträge und meine vorherigen Namen drin.
Möglicherweise ist das klar, aber ich wollte dennoch darauf hinweisen
@Stefan: DFL Hintergrund hat genau das gemacht, was du bezüglich Afghanistan gefordert hast :).
Wie nennt man das, wenn man über zig Minuten mit einem breiten Grinsen dasitzt, weil sich ein Stefan mal so richtig reinflowt bei verdutzten Zamperonis über Griechenland… auch geil fand ich: „…dann ist man gleich Jobcenter.“ =D
Im Übrigen scheint Ihr ein Kommunikationsproblem zu haben: Stefan hat glaub ich keine Lust überhaupt jemals über die Afrika-Doku zu sprechen…
Bier in Ägypten ist gar nicht so ’neu‘, wie Stefan meinte. Das gibt’s da schon seit 1897. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, die Marke „Stella“ werde immer noch mit Nilwasser gebraut.
Da hier des Öfteren mal von Japan die Rede ist und Stefan das Land anscheinend schon ganz abgeschrieben hat, möchte ich als Japanologie-Student eigentlich etwas entgegen setzen, aber in letzter Zeit gibt es für mich wenig Grund zur Hoffnung.
Vor einigen Wochen hat eine renomierte Soziologin und Feministin Japans, Chizuko Ueno, in einem Zeitungskommentar vorgeschlagen, dass die japanische Bevölkerung langsam verarmen soll, da Immigration keine Option ist. Dieser radikale Ansatz hat natürlich auch in Japan für Kritik gesorgt, ich finde es aber auch aus deutscher Perspektive lohnenswert, sich mit dieser resiginierten Zukunftsvision auseinanderzusetzen.
Ich habe den Text übersetzt und leider keine andere Plattform von der aus ich ihn verlinken könnte, daher habe ihn hier eingefügt. Wenn der Text zu lang ist oder gegen Regeln der Seite verstößt, löscht den Kommentar bitte wieder.
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„Ich denke, Japan befindet sich im Moment an einem Wendepunkt. Hauptursache dafür ist der Bevölkerungswandel. Zwar sagt Premierminister Shinzô Abe, er möchte die Bevölkerungszahl im Bereich von 100 Millionen Menschen aufrechterhalten und die angestrebte Geburtenrate von 1,8 Kindern verwirklichen, aber aus soziologischer Sicht sprechen alle möglichen Beweise dagegen.
Es gibt zwei Möglichkeiten die Bevölkerungszahl aufrechtzuerhalten. Die eine ist ein natürlicher Anstieg der Geburtenrate, die andere Immigration. Auf Ersteres brauchen wir nicht mehr zu hoffen. Auch wenn wir jammern und heulen, es werden nicht mehr Kinder geboren werden. Um die Bevölkerungszahl aufrecht zu erhalten bleibt also nur eine Möglichkeit, und zwar Immigration.
Was soll Japan von nun an tun? Sollen wir Immigranten aufnehmen und eine vitale Gesellschaft kreieren, und auf der anderen Seite Japan zu einem Land machen, das unter sozialer Ungerechtigkeit, Unterdrückung und der Verschlechterung des öffentlichen Friedens leidet? Oder sollen wir den Ausländern, einschließlich der Flüchtlinge, die Tür verschließen und langsam untergehen.
Was die Einwanderungspolitik betrifft denke ich, dass es objektiv unmöglich ist und subjektiv gesehen würde ich davon abraten.
Objektiv gesehen, wurde Japan gerade in dem Moment, in dem es bereit war sich für ausländische Arbeitskräfte zu öffnen, von einer weltweiten Welle der Fremdenfeindlichkeit getroffen. Immigranten in großen Mengen aufzunehmen ist nicht möglich.
Aus subjektiver Beobachtung heraus sind Immigranten für Japan eine zu große Bürde. Präsident Trump sagte „America First“, für Japan gilt aber „Nippon Only“. Der Mythos eines ethnisch homogenen Volkes wurde von der Bevölkerung geglaubt. Japaner können Multikulturalismus nicht ertragen.
Wenn dem so ist, dann muss Japan den Geburtenrückgang und den Niedergang des Landes akzeptieren. Es wäre gut, wenn wir zum Model für eine Gesellschaft werden, die friedlich untergeht. Wahnvorstellungen wie eine stabile Bevölkerungszahl von 100 Millionen oder ein Bruttoinlandsprodukt von 600 Billionen Yen sollte man verwerfen und der Wirklichkeit ins Auge sehen. Jedoch ist der Abstieg schwieriger als der Aufstieg. Wie gelingt eine sanfte Landung, die keine Opfer fordert? Im Falle Japans sollten alle im gleichen Maße langsam verarmen. Die Staatschuld wird steigen und Umverteilungsmaßnahmen werden getroffen. Mit anderen Worten, ein sozialdemokratischer Kurs. Übrigens, in Japan gibt es keine wirkliche sozialdemokratische Partei.
Ich denke, die Hilfe und Unterstützung von Non-profit Organisationen sind eine Hoffnung für Japan. NPOs haben für allerhand Probleme Lösungsvorschläge erarbeitet. Mein Grundsatz ist es, dass Menschen Systeme verändern, die menschlichen Ressourcen dafür wurden ausgebildet.
Bezüglich der Diskussion um die Verfassungsreform habe ich keine Bedenken. Durch die Demonstrationen vor dem Parlamentsgebäude hat das Verständnis für die Verfassung zugenommen. Die japanische Zivilgesellschaft ist dafür stark genug.“
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Hier der Link zum Original. Die Rechte am Text gehören der Chunichi-Zeitung.
http://www.chunichi.co.jp/article/feature/hiroba/list/CK2017021102000006.html
Herzlichen Dank, ich finde das hochinteressant!
„Es gibt zwei Möglichkeiten die Bevölkerungszahl aufrechtzuerhalten. Die eine ist ein natürlicher Anstieg der Geburtenrate, die andere Immigration. Auf Ersteres brauchen wir nicht mehr zu hoffen.“
Jan, wie siehst du das? Da gibt es sicher noch Artikel von ihr dazu. Vielleicht kannst du noch etwas übersetzen? Vielen Dank für den obigen Artikel!
Habt ihr die Tagesthemen vom 21.02.2017 absichtlich ausgeklammert?
War der Bericht von Ariane Reimers über Gefährder, das BKA und deren neu entwickeltes Instrument nicht interessant für euch?
War es interessant für dich?
>Ashtorak Das Problem des Geburtenrückgangs hängt schon seit Jahrzehnten wie ein Damoklesschwert über Japan und da keine Besserung in Sicht ist, scheint Frau Ueno aufgegeben zu haben, weshalb ihre Antwort wohl so zynisch ausfiel. Tatsächlich hat Deutschland eine noch niedrigere Geburtenrate als Japan, was aber durch Immigration ausgeglichen wird.
Aus meiner Sicht scheint Japan noch in den 1950ern (oder noch früher) steckengeblieben zu sein, was Konservatismus im Bezug auf Familienplanung, Immigration, Multikulturalismus etc. betrifft. Politische Ansätze gegen den Geburtenrückgang arten in einer Forderung nach mehr Konservatismus aus. Frauen sollen einfach früher heiraten, dann gäbe es auch automatisch mehr Kinder (es wurden tatsächlich Programme für Heiratsvermittlung an Universitäten und am Arbeitsplatz von der Regierung geplant). Das funktioniert nicht und beweist, dass AfD und Konservative in Deutschland falsch liegen, wenn sie eine liberale Gesellschaft für den Geburtenrückgang verantwortlich machen. Japan ist in vielen Fällen noch so konservativ wie Deutschland in den Kindheitstagen meiner Oma (gruß auch an Oma Erna). Es wird von Frauen erwartet, dass sie sich um Haushalt und Erziehung kümmern, auch wenn vor allem die jüngeren Generationen dem nicht mehr zustimmen.
Die Probleme liegen nicht beim Konservatismus, sondern in sind wirtschaftlicher Natur. Wer in Japan Kinder möchte, der muss enorme Kosten für Bildung ausgeben, da man ohne Universitätsabschluss kaum noch Chancen auf einen guten Beruf hat. Im Grunde ist das eine Entwicklung, die in Deutschland ebenfalls stattfindet, jetzt wird ein Abitur gefordert, später vielleicht auch ein Uniabschluss für Berufe, die früher gar keinen höheren Abschluss verlangten. Allerdings zahlt man in Deutschland kaum Studiengebühren (was in Japan je nach Universität astronomisch Beiträge sind), es gibt Bafög, Mutterschaftsurlaub etc. Wenn ich darüber mit Japanern spreche, können sie kaum glauben, wie viel Förderung es in Deutschland im Vergleich gibt.
Die jap. Politik setzt also weder auf Immigration, noch entlastet sie Familien oder macht Bildung finanzierbarer. Um den Arbeitskräftemangel zu verringern, will der japanische Premier Abe, dass Frauen gleichberechtigter arbeiten können, gleichzeitig sollen Frauen idealerweise drei Kinder gegen bekommen. Das kann nicht funktionieren. Deshalb hält Frau Ueno einen natürlichen Anstieg der Geburtenrate für ausgeschlossen. Sie schaut jetzt schon über 20 Jahre zu, wie sich nichts verbessert.
Es gab viel Kritik an ihrem Kommentar, vor allem im Bezug auf den Generationkonflikt, da der Wohlstand bei den Älteren akkumuliert ist und vor allem die jungen Japaner an dem wirtschaftlichen Niedergang leiden. Frau Ueno hat in ihrem Blog noch einmal ausgeführt, dass sie es nicht für notwendig hält, ihren Kommentar berichtigen zu müssen (https://wan.or.jp/article/show/7070). Da ihr Artikel aber sehr vage und interpretationsoffen ist, hoffe ich, dass sie noch mehr zum Thema veröffentlicht hat.
Um noch mehr nachzuforschen und zu übersetzen fehlt mir vorerst die Zeit, deswegen konnte ich hier nur ein paar grundlegende Probleme aufführen. Im nächsten Monat bin ich wieder in Japan und kann der Sache vielleicht näher auf den Grund gehen. Vielen Dank für das Interesse.
Moin Stefan,
hör zwar erst Minuten zwei aber eh ich es wieder vergesse schreib ich es lieber gleich ;-).
Bei min 1.35 nimmt der Spender , da bin ich mir ziemlich sicher , Bezug auf die immer häufiger aufkommenden Versuche das Bargeld zu verdrängen. Hierbei würde ich gern auf Norbert Häring aufmerksam machen , der sich mit der Thematik schon befasst hat.
http://norberthaering.de/de/27-german/news/785-gates-indien
Der Hr. Häring wäre sicher auch mal ein interessanter Interviewparter für Tilo oder als Gast für den Podcast um dieses Thema mal genauer zu bleuchten.
Auf dem DLF kam letztens was dazu über Schweden.
http://www.deutschlandfunk.de/schweden-bargeldloses-bezahlen-entzweit-die-gesellschaft.724.de.html?dram:article_id=363172
Ansonsten ein Lob , sechs Stunden durchhalten wie beim letzten mal ist ja schon fast Merkellike ;-).
Grüsse
Stuttgart ist übrigens in Sachen feinstaub nicht die am stärksten belastete Stadt, sondern Heilbronn.
Offizielle zahlen gibt es nicht, vor ein paar jahren wurde eine neue Messstelle gebaut, nach den ersten Messungen wurden höhere Werte als in Stuttgart gemessen. Dann wurde die Messstelle sofort wieder geschlossen. Bei Interesse suche ich mal den Zeitungsartikel raus. Hintergrund: Heilbronn wurde im Krieg komplett zerstört, erste Wiederaufbaumaßnahme war neue Straßen mit mehr Spuren. Heute ist in Heilbronn fast jeden tag stau weil fast alle Auto fahren.
@Tobi B
Stefan hat ja vorgeschlagen, dass wir über den Uganda-Trip reden. Und das werden wir. Genauso wie noch über J&N mit Riexinger, Peter & Wagenknecht
wann muss Stefan wissen 😉
@Schröder, Agenda 2010, Neoliberalismus
In der Dokumentation „Gerhard Schröder gegen Oskar Lafontaine“ aus der ARD-Reihe „Duelle“ lernt man, dass nach der ersten Wahl mit Schröder als Kanzler niemand einen Plan für Sozial- und Wirtschaftspolitik hatte von den oberen Köpfen. Zumindest hatte niemand Rückgrat, das was da war, auch durchzuziehen. Zeitzeugen (darunter Peter Struck) geben zu Protokoll, dass Bodo Hombach (Kanzleramtsminister) die Fäden in der Hand hatte. Der hat das Schröder-Blair-Papier maßgeblich zu verantworten und kann als astreines neoliberales U-Boot gelten. Selbst interviewt, bestreitet Hombach in der Doku alles und leugnet seine historische Rolle.
Doku auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=6HMufI5EfD4
@Volkswirtschaft, Wirtschaftspolitik, Löhne-Produktivität-Beziehung
Will man, dass Kapitalismus zum Wohle der Mehrheit funktioniert, muss man die Lohnentwicklung zwangsläufig an die Produktivität koppeln. Aus den Zuwächsen der Produktivkräfte muss zwingend mehr Lohn und/oder weniger Arbeitszeit folgen. Da aber Kapitalisten aus ihrer Eigenrationalität nicht wollen, tritt ein, was Marx sagte: Die Kapitalisten verstehen ihr eigenes System nicht und zerstören es, wenn man sie lässt. Die Arbeiter mit ihrer Kollektivrationalität hingegen retten den Kapitalismus durch ihren Kampf für weniger Arbeitszeit, mehr Löhne und bessere Bedingungen. Denn dann wird aus dem Arbeiter der kaufkräftige Konsument, von dem die gesamte Volkswirtschaft am Ende da ist – und für den wir den Zirkus im Grunde eigentlich veranstalten.
Unkontrolliert wird Kapitalismus dann, wenn man auf Biegen und Brechen damit Merkantilismus füttern will (heißt: Geldspeicher füllen. früher staatliche, heute private). Dann muss man die Löhne drücken und den Konsum des Auslands bedienen, damit Profite in den heimischen Geldspeichern angehäuft werden. (Marx-Stichwort: Schatzbildung)
@Europa, Euro(-krise)
In Europa wird seit genau 10 Jahren nur auf Zeit gespielt. Alle Maßnahmen sollten mehr Zeit verschaffen und die eklatante Systemkrise des € vertagen. Mit der gewonnenen Zeit ist allerdings nichts weiter gemacht worden, außer wiederum mehr Zeit zu schinden. Anscheinend gibt es keine kritische Masse an politischer Macht und politischem Willen, um etwas zu tun, um die Krise positiv zu lösen. Alle Vorschläge dazu wurden abgeblockt, teils einfach nur weil sie von links kamen und/oder Macht von den Kerneuropäern genommen hätten.
@Marx-Lektüre für Tilo, Stichwort Freizeit/Freiheit
Da gibt es das Heftchen von Marx‘ Schwiegersohn Paul Lafargue mit dem Titel „Recht auf Faulheit“. Darin stellt sich der Autor dem großen Marx mit Absicht entgegen und widerspricht der Forderung „Recht auf Arbeit“ vehement. Für Lafargue muss die Linke für mehr Faulheit im Sinne von Muße und Freizeit kämpfen. Wie beim Schwiegerpapa angereichert mit historischen Referenzen.
ISBN (m)einer Ausgabe: 978-3-86569-907-7
@ Jan Lukas
Ich denke „das Problem“ hat vielfältige Ursachen, vielleicht ein bisschen Konservatismus, ein bisschen Ökonomisches und ein bisschen…
https://www.youtube.com/watch?v=_YgCC454lsI
… Ich meine wenn das ein allein ein der Ökonomie geschuldetes Problem wäre, hätten wir es in Deutschland ja folgerichtig nicht auch, oder?
@Jan Lukas
Danke für den Comment und die Übersetzung!
Obwohl man es eigentlich schon weiß was fallende Geburtenraten gemischt mit Xenophoben Einstellungen bedeuten, ist es doch nochmal schockierend wenn es so succinct auf den Punkt gebracht wird.
Dass Japan innerhalb unserer Lebenszeit vom Land der Zukunft zu real life Children of Men wurde ist ziemlich überwältigend.
Zu der These, dass unter einer Finanzministerin Wagenknecht die Finanzprobleme Griechenlands gelöst würden, möchte ich daran erinnern: Bislang wurden alle Hilfspakete für Griechenland im Deutschen Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen. Gegen die Hilfspakete stimmten nur Rechtskonservative aus der CDU/CSU-Fraktion (zum Beispiel Bosbach) sowie – geschlossen -die Linksfraktion. Letztere argumentierte damit, dass die Auflagen, die mit den Hilfspaketen verbunden wurden, zu streng seien. Auf die aus meiner Sicht nahe liegenden Frage, ob nicht eine Hilfe unter strengen Auflagen eher im Interesse Griechenlands sei als gar keine Hilfe, habe ich von Vertretern der Linkspartei nie eine überzeugende Antwort gehört. Ich erinnere mich aber an Diskussionsrunden, in denen Wagenknecht ganz in die Kerbe von Hans-Werner Sinn schlug: die Griechen könnten doch die Kredite nie und nimmer zurück bezahlen, deshalb sei es verantwortungslos, ihnen immer weitere Kredite zu geben. Ich wäre wirklich sehr gespannt, ob eine Finanzministerin Wagenknecht Hilfspakete ohne Auflagen oder mit sehr leicht zu erfüllenden Auflagen schnüren würde. Für mindestens ebenso wahrscheinlich hielte ich es, dass sie keinen Cent mehr in den Süden überweist. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie auf die AfD-Nähe ihrer Klientel Rücksicht nimmt.
@Stefan
Facebook kann accountgebundene Identitaeten erzeugen und vernichten 😉
#keineangstvorverschwoerungstheorien
>Telenius Gründe gibt es zu viele, um sie hier auszuführen. Ein wichtiger Unterschied ist aber, dass in Japan Mütter als Vollzeithausfrauen (専業主婦) sehr idealisiert werden und für viele Mädchen das Ziel ihres Lebens darstellen, während das in Deutschland sicher nicht der Fall ist.
Über seltsame Ersatzmaßnahmen für zwischenmenschliche Beziehungen und sexuelle Dienstleistungen ließe sich auch eine endlose Liste führen, but that’s another story 🙂
>Daniel Oliveira Carneiro Danke sehr! Der Standpunkt an sich ist ja nicht so überraschend, aber wenn eine renomierte Soziologin das so klar und radikal formuliert, ist das nochmal was anderes. Deswegen fand ich den Text interessant für den Aufwachen-Podcast.
@Jan Lukas
Erstmal Danke für den Artikel und die Übersetzung. Super! Aber: Ich versteh immer noch nicht wie eine kollabierende Wirtschaft das japanische Volk an den Rand des Untergangs bringt. Es wird vlt schrumpfen und es wird zu Umbrüchen kommen aber es wird doch nicht verschwinden, oder? Wie denn? Sehe das aus meiner Sicht eher als Chance sich vom dort grassierenden Hardcore Kapitalismus zu befreien und wieder zurückzufinden zu einer weniger ausbeutierischen Lebensweise. Keine 3 Jobs mehr, kein Übernachten in 2qm großen Alkoven, keine Ersatzmittel mehr fürs soziale Leben. Mehr Zeit für die Familie. Ergo mehr Kinder. Finde deswegen die Argumentation das Einwanderung in diesem speziellen Fall was gutes sein soll damit das System dann noch etwas länger Blut saugen darf „etwas“ schief. Denke das würde die längst überfälligen gesellschaftlichen Reformen wieder nur herauszögern. Und die scheinen mir, auch und grade dort, bitter nötig.
Von wegen „vertraulich“, bei 1:56:09 sprechen ja die tagesthemen und auch ihr kurz darauf von „vertraulich“ in Bezug auf den Lagebericht des auswärtigen Amtes. Nun, er ist es nicht, zumindest nicht nach dem was im Bild zu sehen ist. Dort liest man „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ (VS = Verschlusssache; abgekürzt: VS-NfD).
Das ist die niedrigste Geheimhaltungsstufe, die es überhaupt gibt. Ich bin noch in den zweifelhaften Genuss des Wehrdienstes gekommen und weiß daher so in etwa welche Stufen es gibt. Banale Dienstvorschriften bspw. sind VS-NfD. Ja, die gehören auch unter „Verschluss“ wie der Name ja sagt, aber es ist eigentlich nicht wirklich tragisch, wenn sowas nach „draußen“ gelangt, da eben nichts drin steht, was durch die Kenntnis ungefugter Dritter gefährlich wäre.
Es gibt dann aber die nächsthöhere Stufe und die heißt wirklich „VS – vertraulich“, ganz oben sind wir dann bei „VS – geheim“ und „VS – streng geheim“.
Schlimm genug, dass die tagesthemen nicht mal lesen können, oder das falsche Bild zeigen, aber Ihr?! Ich bin enttäuscht! 😉
Als Daumenregel würde ich sagen: Alles, was irgendwie dienstlich ist ist eine Verschlusssache (VS). VS-NfD bekommt aber auch Karl Arsch im letzten Glied in die Hand. Ist halt nichts weltbewegendes drin. Ich als Wehrdienstleistender habe auch nur VS-NfD-Sachen zu lesen bekommen, muss man auch lesen, damit man überhaupt Wache machen darf. Einmal war ich dann allerdings Kraftfahrer für den Krytofeldwebel, der „VS-geheime“ und „VS-streng geheime“ Gerätschaften durch Deutschland transportieren musste. Dafür musste ich sogar mit ner scharfen Pistole ausgestattet werden; fand ich schon krass, dass die einen Wehrdienstleistenden mit sowas auf die Zivilbevölkerung loslassen.
Übrigens, kennt ihr noch das Merkel-Phone? Das war auch nur für VS-NfD zugelassen und damit völlig ungeeignet für die Kanzlerin, denn die bespricht garantiert auch Dinge darüber, die mindestens „VS-vertraulich“ sind.
Hier mal, was ich auf die Schnelle bei der Suchmaschine meiner Wahl finden konnte:
https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Sicherheitsberatung/VSA_pdf.pdf?__blob=publicationFile
Ist jetzt vom Bundesministerium des Inneren, sollte aber, denke ich, für alle anderen auch gelten.
Zu Tilos fazit aus Marx möchte ich diesen kurzen Artikel über Ivan Illichs „The right to usefull unemployment“ empfehlen:
https://www.ica.org.uk/bulletin/why-read-ivan-illich-s-right-useful-unemployment-and-its-professional-enemies
@Mathias Tatsächlich könnte man den Zusammenbruch des dortigen Kapitalismus als positiv ansehen. Eine wirklich kritische Auseinandersetzung mit dem Neoliberialismus, wie in Europa und den USA hat es in Japan in dem Ausmaß nicht gegeben. Vorgestern lief auf BBC Radio3 eine hochinteressante Sendung, in der Autoren und Kunstschaffende ihre Meinung zur Lage Japans äußerten (Link: http://www.bbc.co.uk/programmes/b08g5631). Laut einer Aussage in der Sendung sei Japan als Industrienation immer noch im radikalen Fortschrittsdenken eines Industrielandes gefangen. Man setze also immer noch auf mehr Kapitalismus, mehr wirtschaftliche Entwicklung, alles muss zubetoniert werden. Es gab kaum Innehalten bezüglich Arbeitnehmerschutz, Umweltschutz etc. Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen in Japan, in Tokioter-Bahnen hängen Werbeplakate für Ratgeberbücher ala wie kann ich noch mehr arbeiten und noch weniger schlafen.
Zudem sorgt das wirtschaftliche Zentrum Tokios für eine Stadtflucht, die das Aussterben der ländliche Regionen zur Folge hat. Auf dem Land gibt es zwar mehr Raum und die Lebensqualität ist sicherlich besser als in vielen Teilen Tokios, aber wirtschaftliche Anreize gibt es kaum, und außerdem hat das Landleben generell einen schlechteren Ruf als in Deutschland. Im umgangsprachlichen sagt man 糞田舎 (kuso inaka; wörtlich scheiß Provinz), eine abwertende Formulierung für ländliche Regionen (und das ist in Japan gefühlt alles, was nicht über eine Millionen Einwohner hat). Aber in der BBC-Sendung wurde geäußert, dass sich ironischerweise durch das Internet eine Tendenz zurück zum Leben auf dem Land gäbe.
Ich stimme dir also zu, dass der Zusammenbruch des Systems durchaus positive Entwicklungen ermöglichen kann. Das Problem ist aber die von Frau Ueno so bezeichnete „weiche Landung“.
Denn die alternde Bevölkerung wird nicht plötzlich wegsterben, sondern dafür sorgen, dass junge Leute noch mehr belastet werden. Schon jetzt gibt es alarmierende Nachrichten über die Tatsache, dass junge Japaner keine Ersparnisse zur Seite legen können. Zudem wird eine hohe Dunkelziffer bezüglich Kinderarmut vermutet (Bildungskosten sind wie gesagt sehr hoch).
Ich sehe es auch nicht als wahrscheinlich an, dass japanische Unternehmen sich von Tokio entfernen und die Stadtflucht junger Leute nach Tokio abnimmt. Es sei denn, Godzilla steigt aus dem Meer.
Die Frage, die ich mir stelle ist, wie hart der Crash des Systems sein muss, damit ein Umdenken stattfinden kann und sich die verhärteten Strukturen ändern. Vermutlich käme das einer ähnlichen Revolution wie der nach der Öffnung Japans aus der Isolation gleich.
Was ich in vorigen Beiträgen vergessen habe zu erwähnen, es gibt einen Manga namens Yokohama Kaidashi Kikô (ヨコハマ買い出し紀行), der von 1994 bis 2006 veröffentlich wurde und der diese Zukunftsivision eines friedlich aussterbenden Japans mit Melancholie, aber ohne dystopische Anklänge ästhetisiert. Die Hautpfigur ist ein Robotermädchen, das ein Cafê in der Nähe Yokohamas besitzt und zuschaut, wie die Natur das Land zurückerobert und die Menschheit langsam altert und ausstirbt.
😀 https://www.youtube.com/watch?v=p9_fw6j13s0
zu fukushima…, geht es nicht um unterschiedliche auswirkungen der strahlung bei unterschiedlichem Lebensalter. Die teilungsraten der Zellen, ist bei den kindern höher als bei alten menschen, daher ist fürkinder die strahlung viel gefährlicher…,oder?
Für mich hat Thilo mit dem Marx-Beitrag einen sehr wichtigen Punkt angesprochen, der für mich zurzeit auch den größten Kritikpunkt an Schulz‘ Rede bzw. der Andeutung seines Programms darstellt.
Schulz prangert zurecht an, dass hart arbeitende Menschen nicht genug Geld zum Leben haben und Angst vor dem sozialen Abstieg, weil sie zB befristete Verträge haben oder ihr Jobs durch die Digitalisierung bedroht werden. Das kann man meiner Meinung nach aber nicht lösen, indem man versucht „die alte Welt“ wiederherzustellen, in der man ein Leben lang in dem Betrieb arbeitet, in dem man seine Ausbildung gemacht hat und sich nie wieder umorientieren muss. Schulz klingt so als möchte er das. Doch die heutige Wirtschaft ist von ständigem Wandel und Strukturbrüchen geprägt wie zB der Digitalisierung und das sollte man nicht verteufeln, sondern „embracen“ 😉 Deutschland darf auf keinen Fall an alten, ineffizienten Industrien festhalten, nur um Arbeitsplätze zu erhalten. Bsp. dafür ist die Kohleindustrie. Damit wir aber veraltete Technologien/Industrien mit gutem Gewissen den Bach runter gehen lassen können, braucht es NEUE soziale Instrumente (wie das bedingungslose Grundeinkommen) und nicht die alten Instrumente wie starke Gewerkschaften. So kann man Digitalisierung wie in dem Marx-Beitrag verstehen: eine Chance für mehr Freizeit und nicht eine Bedrohung.
Würde mich freuen, wenn ihr das Thema mal aufgreift.
Auch auf die Gefahr hin, dass er schon genannt wurde oder mir die Suchfunktion geholfen hätte, aber könntet ihr bitte den Titel der Dokumentation zur Rentenreform, die am Anfang abgespielt wurde, nochmal nennen?
Danke für die Beleuchtung der Rententhematik!
2001 war ich noch jung, studierte und hatte andere Dinge im Kopf als Rentenversicherung. Nachdem ich auf mein Diplom folgend dann erst einmal einige Zeit Sozialhilfe beziehen musste, konnte ich erste Erfahrungen mit den Auswirkungen von Hartz 4 machen.
Ich habe heute noch einen Kloß im Hals, wenn ich mich erinnere wie ich damals durch die vormals von Industrie und Gewerbe dominierten Stadtteile lief – vorbei an Verfall und Leerstand, an einigen Ecken noch ein paar letzte Streikposten vor verlassen wirkenden Fabriktoren – zu meinem Motivationsseminar, gefördert durch das Arbeitsamt, mit einem Trainer dem gerade ein Bein amputiert worden war… Aber mit meinen 23 Jahren und meinem Diplom galt ich als gut vermittelbar und hatte Glück einen der 25 Plätze für dieses Seminar zu bekommen. Klingt wie ein Witz, aber leider ist / war es bitterer Ernst.
Ich kann gar nicht richtig in Worte fassen, was für Gedanken mir dabei durch den Kopf gingen: als Ossi kennt man noch das Schreckensbild des Kapitalismus, das uns in der Schule eingetrichtert wurde, mit wochenlangem Arbeitskampf und hinterhältigen Eliten die dem armen Arbeiter das letzte Blut aussaugen. Es war kaum zu fassen; das Bild dass sich mir zeigte war fast haargenau das, was ich immer als verzerrte Propaganda abgetan hatte. Dabei war die Wende schon über 10 Jahre her und alles hätte sich doch schon etwas beruhigen und entwickeln können und sollen… (Ich spreche absichtlich nicht von blühenden Landschaften; den Aussagen von Politikern nicht zu trauen hatte ich schon als Kind in der DDR gelernt.)
Es tut mir leid, das so sagen / schreiben zu müssen – aber ich MUSS. Damals habe ich die Sozialdemokratie für mich abgeschrieben, zumindest mit den Repräsentanten die es auf der politischen Karte des Bundesgebiets gibt. Auch Gewerkschaften und all diese Automatismen und Institutionen waren in meiner Wahrnehmung schwarz umrandet. Ich habe mich nie so verraten, besch*** und verkauft gefühlt wie in dieser Zeit: um meine Jugend betrogen, meiner Hoffnungen beraubt, mein Vertrauen missbraucht. So gesehen wundern mich Fremdenhass etc. im Osten nicht. Es gibt zu viele, für die nie wieder die Sonne geschienen hat, die immer noch im trostlosen Dunkel durch den Verfall stolpern. Daran kann auch ein Martin Schulz nichts ändern, selbst wenn er das will. Die Schritte die er dafür machen müsste, wird er nicht tun.
So geht das Leiden weiter, die Opfer von damals werden zu den Tätern von heute, die wieder neue Opfer finden (oder präsentiert bekommen) zum quälen und beschuldigen um sich anschließend kurz besser fühlen zu können. Neben allen Teilhabern dieser Borderline-Gesellschaft gibt es dann noch ein paar Nutznießer, die oben die Sahne abschöpfen. Da wollen wir alle hin, auch wenn jedem klar ist dass es nur begrenzte Plätze für diesen erlauchten Kreis der Unabhängigen gibt.
Da ist es dann nur „konsequent“, was die Japaner aktuell machen und Frau Ueno bringt es doch ganz sachlich auf den Punkt. Schmerzhafte Wahrheiten lassen sich so noch am ehesten transportieren. Aber eigentlich will die eh‘ niemand aussprechen, ob nun mit Sarkasmus oder ohne. Lieber in einem TV-Format alle auf den Endspurt vorbereiten: schaffst du es in die obere Mittelklasse oder bleibst du als Verlierer auf der Strecke? Da es keine Verlierer gibt, erhalten die „zweiten“ Gewinner ein Häuschen in der Präfektur Fukushima. Das könnte doch eine interessante Mischung aus Takeshis Castle und Dschungelcamp werden. Alle haben ihren Spaß daran und das langsame Sterben tut damit gleich etwas weniger weh.
Den Zustand Japans sollte man aufzeichnen und endlich auch öffentlich als DIE Zukunftsvision Europas manifestieren. Genetisch sauber, technologisch zukunftsfähig und menschlich unzureichend auf dem Weg in das Restaurant am Ende des Universums mit bester Sicht (manche sogar aus der VIP-Loge!) auf unser eigenes Verderben.