A!178 – Versöhnungskosmetik

Dienstag, 7. Februar 2017, 19:23 Uhr

Wir reden mit Jürgen Lauber über das Bauen von großen und kleinen Dingen in Deutschland. Dann schauen wir zurück auf die vergangene Nachrichtenwoche, hören uns ein paar SNL-Witze an und reden zum Abschluss mit Gordon Repinski, der aus Washington DC für den Spiegel berichtet, über Trump.

Wir danken unseren Produzenten Johanna und unseren Unterstützern Marie, Peter, Yvonne, Ivon, Peter, Elisabeth, Clemens, Frank, Jakob, Samuel, Patrick, Florian, Jan, Bernhard, Florian, Anonym, Roman, Andre, Robin, Leonard, Claus, Philipp, Stefan, Hannes, Stefan, Igor, Kristina, Sean, Erik, Ricardo, Martin, Alina, Sebastian, Michael, Axel, Jannis, Konrad, Gernot, Rüdiger, Benjamin, Christoph und Muhammad.

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44 Gedanken zu „A!178 – Versöhnungskosmetik“

  1. Als Architektur- und Bauingenieurwesenstudent war ich sehr erschrocken von der scheinbar riesigen Diskrepanz zwischen gelehrter Theorie und gelebter Praxis im Bau- und Vergabewesen.

    Allerdings will ich auch zu bedenken geben, dass Großprojekte stets ein Wagnis sind und auch bei exakter Einhaltung der Vorgaben (z.B. kein Spatenstich vor abgeschlossener Planung) unvorhersehbare Kostensteigerungen immer möglich sind. Das ist das Wesen von Baukultur. Auch der (Extra3?) Beitrag über die Freiburger 53 Mio.-Bibliothek wird dem nicht gerecht.

    Grundsätzlich sollten wir uns über die Vergabepraxis von öffentlichen Bauten Gedanken machen. Da werden oft Wettbewerbe von Leuten ausgeschrieben und bewertet, die jede fachliche Kompetenz für solche Entscheidungen vermissen lassen.
    Als Entscheidungsgrundlage bleiben dann nur fiktionale Kostenschätungen (Auf Basis „vergleichbarer“ Projekte getroffen, ohne auch nur ein Bodengutachten o.ä.) und nunmal der Entwurf selbst.

    Dass hierbei oft Entwürfe gewinnen, die besonders fetzig daherkommen (Möglichst wenige lotrechte Wände und rechte Winkel, siehe Freiburg) wundert nicht, man will ja schließlich modern sein.

    Um wahrhaft innovativ, nachhaltig, nicht nur von außen „schön“ und grundsätzlich sinnvoll zu bauen muss ein System geschaffen werden, in dem noch vor Ausschreibung vom Bauherren selbst möglichst viele Informationen zum Grundstück gesammelt werden und deutlich genauere Zielvorgaben für den Entwurf gemacht werden. Nur so sind die veranschlagten Kosten der teilnehmenden Büros ansatzweise vergleichbar und auf die Realität übertragbar.

    Außerdem gehören (noch) mehr versierte Architekten und Ingenieure in die Vergabegremien, die sich nicht von schicken Renderings blenden lassen sondern einen Entwurf schon früh durchdringen und mögliche Problemquellen erkennen.

    Dicke Props jedenfalls an Herrn Lauber, der scheint ja ein wahrer Idealist zu sein. Als Ex-CEO nehme ich ihm auch ab dass er sein Buch nicht des Geldes wegen geschrieben hat – Ist bestellt.

    P.S.: Danke für FÜNF fucking Stunden Podcast heute, thanks for keeping us sane!

  2. Hallo Jan, Deine Bestellung kam an. Vielen Dank.
    Ich habe einen konkreten Forderungskatalog wie das „öffentliche Bauwesen“ reformiert werden kann (Stichwort Vergabe). Das ist der Ausgang des geplanten neuen Buches über deutsches StaatsUnwesen.
    Wenn Du mir (juergen.lauber@gmai.com) eine Mail schickst, schicke ich Dir die Forderungslist zu.
    Für mich ist es ein Testfall über die Reformfähigkeit unseren Staates. Wenn es beim Bauen nicht geht, ist es woanders noch aussichtsloser. Wenn es jedoch gelingt, ist in Deutschland noch viel mehr möglich. Das ist der Kick 🙂

    P.S: Du studierst ein tolles Fach. Bauen ist echt Spitze und hat Zukunft.

  3. Kurzer Einschub, wie indirekt unser Herr Dobrinth vom Volk bestimmt wurde:
    Die Hälfte des Bundestags* wird nicht vom Volk gewählt, sondern von den Parteien bestimmt, die wiederum vom Volk gewählt wurden.

    *minus Überhangmandate

  4. Was die Bestechung von Abgeordneten angeht ist Deutschland aber auch nicht besonders vorbildlich was die Gesetzeslage angeht.
    Und Deutschland ist auch in der EU.
    Es ist mit 108e, der 2014 endlich mal verabschiedet wurde, gerade mal der direkte Stimmenhandel verboten.
    Jede Indirektionsebene legalisiert den Stimmenhandel.
    Und neben der Tatsache das man sich als Abgeordneter beim Stimmenhandel wirklich dumm anstellen muss damit es Strafbar ist ist das ewige rumgeeier bis es endlich mal verabschiedet wurde eines EU Mitgliedsstaates unwürdig.

  5. Mit Heiner Flassbeck ist gerade ein neues Video von einer Veranstaltung online, dass insofern besonders ist, dass auch die „andere Seite“ (in Person von Matthias Lücke vom Institut für Weltwirtschaft Kiel) und Gewerkschaftsvertreter vom DGB zu Wort kommen. Herr Flassbecks Ausführungen sind wie immer sehr klar und nachvollziehbar.
    Ich empfehle es sehr, obwohl ich immer noch schockiert bin, welches Ausmaß die Ignoranz auf seiten der neoklassischen Forschung und Lehre in Bezug auf Makroökomie offenbar hat.

    WAS IST LOS IN EUROPA? Zusammenhalt unter sozialen und wirtschaftlichen Aspekten

    Podiumsdiskussion mit Prof. Heiner Flassbeck und Prof. Matthias Lücke

    Eine Kooperation zwischen Attac Kiel und der Hochschulgruppe Pluralist Economics Kiel an der Universität Kiel unterstützt vom DGB Region KERN (Region Kiel, Eckernförde, Rendsburg, Neumünster und Plön)
    https://m.youtube.com/watch?v=T0Ej-l-y1ig

    Die obige Diskussion zeigt in Zusammenhang mit Herrn Laubers Ausführungen und Andeutungen, was er sich vorgenommen hat. Großer Respekt und viel Erfolg!
    Danke und schöne Grüße
    Jan

  6. Das mit Herrn Lauber ist wirklich ein Skandal!
    Prompt fällt mir der Nürburgring ein, auch so ein Projekt. Wenn Herr Lauber im Recht ist bedeutet das ja leider noch etwas: Selbst wenn es nur um Bauprojekte geht, wird der Bürger nicht wahrheitsgemäß informiert.
    Weder von Politik, noch von der Presse.
    Wie tief müssen wir noch sinken???

  7. Ich wollte nur sagen: Ich liebe euch und die Tatsache, dass ihr euch die Zeit nehmt einen 5 Stunden Podcast zu produzieren. Ich höre den Podcast in Etappen, aber das ist ja kein Problem. Ich finde es schön, dass ihr euch die Zeit nehmt die ihr braucht, bzw. die ein Thema benötigt.

  8. Wow, ich muss sagen der Teil mit Jürgen hat mich mal wieder richtig aufgeweckt. Tolle Arbeit, bin selbst im Baugewerbe und bekomme daher natürlichen Druck mit der auf Baustellen herrscht, bisher waren für uns aber immer die Planer die bösen. Ich bin gespannt was mir das Buch noch an weiteren Infos liefert!

  9. Eure interviews im podcast finde ich echt immer super, dieses mit Jürgen war keine Ausnahme.
    Ein weiteres mal wurde mein Unbehagen mit einer Sache von euch in begründete Kritik umgewandelt, danke dafür.

  10. Stefan, du hattest mich falsch verstanden!

    Ich meinte, dass er AUCH ein super Gast für ein Interview von euch wäre!

    Heiner Flassbeck war ja sogar Staatssekretär und bei der jahrelang bei der UN und kann somit gut und basierend auf eigener Erfahrung erklären, wie wirtschaftliche Zusammenhänge systematisch von der Politik und auch von Medien auf Grund von blinder Ideologie ausgeblendet werden.

    Daher hatte ich ihn für euch empfohlen!

  11. Erstmal Danke für die geballte Info-Ladung. Eine kurze Ergänzung zur Planung von Großprojekten in Hamburg:

    In Hamburg hat sich eine „neuartige“ Form von Governance gebildet, die Entscheidungen komplett der Öffentlichkeit und demokratischen Kontrolle entzieht (Die öffentliche Begründung hierfür ist vor allem die Angst vor Spekulanten, die bei Bekanntwerden großer Bauprojekte entsprechende Flächen kaufen und damit die Preise für die Kommune steigern). Wie das genau abgelaufen ist wurde anhand der Hafencity wunderbar wissenschaftlich nachgezeichnet:

    http://www.springer.com/la/book/9783658080914
    (leider nicht kostenfrei, aber einige hier verfügen sicherlich über einen Springer Zugang)

    Und das Erschreckenste: Das Ganze wird im Fachdiskurs mehr oder weniger als „best practice“ angesehen…

  12. Kommentar zu Steff’s Meinung .
    Leute seht das nicht so schwarz! Wir sind nicht tief gesunken. Politiker haben schon immer alles getan, um an die Macht über die Steuergelder zu kommen bzw. zu bleiben. Daran hat sich nichts geändert. Einzig die Kritik der Medien und die unabhängige Kontrolle haben Politiker heute „verloren“. Das verschärft den Wettbewerb bei den Wahlversprechen = mehr Lügen. Mit Sozial Media, Stärkung Rechnungshöfe und „Jung und Naiv“ bei Eueren MDBs nachfragen kann man die Sache wieder korrigieren.

    Steff sagte
    8. Februar 2017 um 6:19
    Das mit Herrn Lauber ist wirklich ein Skandal!
    Prompt fällt mir der Nürburgring ein, auch so ein Projekt. Wenn Herr Lauber im Recht ist bedeutet das ja leider noch etwas: Selbst wenn es nur um Bauprojekte geht, wird der Bürger nicht wahrheitsgemäß informiert.
    Weder von Politik, noch von der Presse.
    Wie tief müssen wir noch sinken???

  13. @Jürgen

    Könntest du deine Aussagen zur Abschreibung bei öffentlichen Gebäuden nochmal genauer ausführen?

    Die Herstellungskosten eines Gebäudes unterliegen in Deutschland doch sehr wohl der Abschreibung (Die HK werden damit auf die Nutzungsdauer des Gebäudes verteilt und mindern so über die Laufzeit jedes Jahr den Gewinn)

    Grundstücke werden natürlich nicht abgeschrieben, da sie keinem Wertverlust unterliegen.

    Du hast mich deshalb mit deinen Aussagen etwas verwirrt.
    Vielen Dank schonmal für deine Antwort.
    Grüße Marcus

  14. Jürgen sollte gleich mal selber lospodcasten über Bau & Co. ☺
    Die Elbphilharmonie ist einfach ein Beispiel von Unverhältnismäßigkeit. Nach der Dreistheit verlangen sie sogar von den Hamburgern(!) Eintritt für die Besichtigung – da hätten sie mal aus Kulanz und „Entschuldigung“ den ansäßigen Bürgern freien Eintritt im ersten Jahr gewähren sollen…

  15. Elphi – Als ich die sehr gute NDR-Doku im letzten Dezember ansah, wurde mir klar: die Erhaltungskosten werden ein Fass ohne Boden, da hat Herr Lauber absolut recht, das sieht ein Blinder. Trotzdem: Wenn ich mir bei uns Gemeinderatssitzungen und deren Beschlüsse ansehe, dann hat ein Bürgermeister in der Regel kaum Macht, er ist komplett abhängig von der Mehrheit des Staats-/Stadt-/Gemeinderats – diese Leute sind auf kommunaler Ebene oft nicht fraktionstreu. Da muss es doch auch in Hamburg Menschen gegeben haben, die das Thema ausbremsen wollten? Gab es wohl wohl auch: http://www.pressreader.com/germany/hamburger-morgenpost/20090305/281724085460590

    Das einzige was mich an den Ausführungen gestört hat ist, dass Jürgen Lauber hier immer wieder von den Staatsmedien spricht. Ich denke gerade in Hamburg hat es einen breiten Konsens gegeben, dass das in den Brunnen gefallene Kind unter allen Umständen zu retten ist. Hier handelt es sich um menschliches Versagen in der Politik, Medienlandschaft und der Bevölkerung. Die Immobilien-Spekulanten profitieren davon. Vielleicht bin ich zu naiv, aber Grund dafür ist wohl recht einfach: Jeder, selbst ich als Münchner, wollte die verflixte Elbphilarmonie! Die Menschen sehen sich nach guter Architektur. Unsere Wochenendausflüge unternehmen wir sehr gerne zu den von größenwahnsinnigen Feudalherren gebauten Schlösser, Burgen, Museen.

    Widerstand gab es schon, nur hat es keinen interessiert, weil in einem reichen Land wie dem unseren, kaum einer die Schmerzen einer 700 Mio €-Kostenexplosion spürt:
    http://www.gruene-fraktion-hamburg.de/sites/gruene-fraktion-hamburg.de/files/thesen_kostenesplosion_elbphilharmonie_januar2013.pdf

    Der Eingangsgedanke, das Management nicht einem Bauträger wie der HochTief zu geben, die ja in Deutschland praktisch Monopolisten sind, hatte wahrscheinlich einen guten Grund: Man wollte die Kontrolle behalten, um ggf. Kostenexplosionen zu verhindern – nur die Fähigkeit dazu war nicht vorhanden. Vielleicht wollte man aber auch wirklich nur die Freiheit haben zu „mauscheln“. Das hat J. Lauber ja ausreichend beschrieben.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Gut dass es Leute wie Herrn Lauber gibt, vielleicht hilft mehr Druck aus der Bevölkerung ja doch eine „Schweizer Lösung“ zu finden.

    PS: Diese Links zeigen (es gibt noch mehr), dass die „Staatsmedien“ durchaus berichtet haben, aber auch wie weiter gedealt wurde – ab einem gewissen Punkt blieb dann offensichtlich nur noch das Motto: Augen zu und durch.

    http://www.spiegel.de/kultur/musik/elbphilharmonie-debakel-intendant-glaubt-nicht-an-eroeffnung-2015-a-772298.html

    http://www.tagesspiegel.de/kultur/grossbauprojekt-hamburg-und-hochtief-einigen-sich-ueber-weiterbau-der-elbphilharmonie/7861466.html

  16. @Marcus
    So unglaublich es klingt. Der Bund und die Länder haben keine Doppelte Buchhaltung. Die schreiben kein Anlagenvermögen ab. Darum ermitteln sei auch den Wert nicht. Darum weiss man auch nicht was man besitzt und in welchem Zustand es ist.
    Darum zerfällt es weiter, egal wieviel Geld da ist. Deutschland hat systematisch nicht die Fähigkeit Bestehendes zu erhalten. Würde ich gerne bei Jung und Naiv erklären. Ist brutal einfach. Wäre leicht zu beheben. Wenn man nur wollte. Aber Blindflug ist bequemer. Dann kann jeder behaupten was er will, weil keiner die Wirklichkeit in Zahlen hat.

  17. @Sven B.
    1)Hamburg hat während dem Bau der Eplhi 39 Gebäude im Wert von 800 Mio. Euro verkauft. Davon wurde 80% dh. 400.000 m2 wieder zurück gemietet.
    2) Hamburg ist erstmal Netto Empfänger im Länderfinanzausgleich geworden. Bayern und Baden-Württemberg bezahlen nun den Betrieb der Elphi. Das ist Sprengstoff.
    3) Die Regierenden sind nicht abhängig, die entscheiden frei. Hör Dir mal die Sicht der Parlamentarier an. Die sind Mega frustriert. Denen bleibt nur dem Regierenden eine schon getroffene Entscheidung nicht abzu segnen => Neuwahl => Ende der politischen Karriere.
    Die Rädelsführer von parlamentarische m „Widerstand“, werden vom Regierenden durch eine neue Turnhalle im Wahlkreis geködert. etc. Alles nur Menschen die Erfolg haben wollen.

  18. Zu der Deutschen Börse, die in ihrem Produkt, dem DAX wieder selber vorkommt: das nennt man Rekursion.

    Wenn sich etwas durch sich selbst beschreibt.

    Kommt in der Mathematik, Informatik und Linguistik gerne vor.

  19. Noch eine Interessebekundigung an Aufwachen: Mich würde eine gleiche Diskussion zu Themen wie Rente (was Tilo mit Precht kurz angrissen hatte) und einem geeigneten Gast interessieren.

  20. Spannende Folge. Mit Herrn Lauber habt ihr einen sehr interessanten Gast erwischt, hat den Podcast wirklich bereichert. Weiter so!

  21. Spannende Entwicklung im Podcast: Gefühlt kommen im neuen Jahr mehr eigene Themen abseits des Nachrichtengucken. Ich finde das super, dass ihr euch da noch in eine andere Richtung entwickelt (eigene Themen setzen). Die Nachrichten sind ja immer noch so scheiße wie zu Beginn des Podcasts, gut, dass ihr es auch gleich zeigt, worüber man noch berichten könnte!

  22. Kleine Anmerkung: Die Bahn ist nicht börsennotiert. 100% der „Aktien“ gehören dem Bund, also uns, und demnach müsste diese ganze Kapitalistennummer mit lauter Firmen in aller Welt gar nicht so exerziert werden wie sie unter Mehdorn (wenn ich mich recht erinnere) begonnen wurde.

    Aber es ist vermutlich nicht unerwünscht, dass ganz Deutschland denkt, die Bahn sei an der Börse, denn wenn man sich darauf besinnen würde dass wir, der Steuerzahler, und der Verkehrsminister der eigentliche Boss sind, auf wen müsste man dann _eigentlich_ schimpfen?

  23. Ich konnte mich durch einen Zufall mal mit Heiner Flassbeck etwas länger unterhalten und kann nur sagen, dass der auf jeden Fall ein super Gesprächsgast, auch für J&N oder Aufwachen wäre. Er ist auch sehr gesprächsbereit zu Medien und wie sowas läuft, wenn z.B. damals dieser offene Brief mit Piketty und so veröffentlicht und dann durch die Zeitungen ja zerissen wurde. Das fand ich sehr interessant (und denke auch für diesen Podcast!).

    Auch wenn er bei einigen Positionen definitiv deiner Position entgegentreten würde, Stefan. (Zum Beispiel Blattlinie bei Zeitungen. Da erinnere ich mich nur an dein Gespräch bei KenFM 😉 )

    Und für sowas wie einen Podcast ist er, denke ich, immer zu haben. Wir haben ihn sogar für ein Telefon-Interview in einem Schulprojekt bekommen, also sollte so ein Telefon-Interview im Podcast ja wohl auch möglich sein ^^.

  24. Selbstverständlich hat mich als Hamburger das Gespräch mit Jürgen Lauber gefesselt, vielen Dank Euch Dreien für diesen Themenschwerpunkt! Hier in der Stadt hatten wir alle sehr viel Zeit, uns Gedanken zu machen zum Konzertbau, dem Organisationsversagen während seiner Entstehung, aber auch andere Großprojekte sind im Zuge dieser langen Diskussion kritisch beleuchtet worden. Die systemische Qualität des Versagens ist hier allerdings tatsächlich ein mir neuer Aspekt, den ich mit großem Interesse überdenken werde, mich da noch einmal einfuchsen will.

    Aber man kann wohl auch festhalten, dass so ziemlich alle Hamburger „Ihren“ Hafen lieben, an der architektonischen Entwicklung des allgemeinen Stadtbildes durchaus und immer wieder großen Anteil nehmen. Nach einigen skandalösen Fehlern der Stadtplaner (Abriss des alten Altonaer Fernbahnhof, Bau der Mundsburg Hochhäuser mit EKZ, zuletzt die allzu bunte Mischung der Baustile in den ersten Abschnitten der HafenCity) ist man in Hamburg sensibel, was die Details von Großprojekten anbelangt. Und da hat die Architektur der „Elphi“ durchaus gepunktet, weil eine Mischung aus dem Hamburger Rotklinker und einem Glasaufbau, der Elbe und Himmel spiegelt. Das Gebäude ist also bestimmt viel zu teuer, als gelungen empfinden es zum Glück dennoch alle. Und das ist für den (sozialen) Frieden in der Stadt sicherlich nicht unerheblich.

    Warum ich so aushole: Ich glaube, der Bau passt zu Hamburg, hat offenbar eine sehr hohe Akzeptanz in der Bevölkerung und wird in Hamburg funktionieren. Die Stadt ist ein Tourismusstandort, in der 90ern begannen die Musicals, in den 2000ern die Kreuzfahrt, und die Stadt selbst ist gerade wegen der Leiblichkeit in der Großstadt (als Gegenentwurf zum wahrlich urbanen Berlin) sehr beliebt. Das zahlt sich messbar aus, im Gewerbe und in der Staatskasse:
    In 2015 hatten wir 12,6 Mio Übernachtungen in der Stadt, und diese Zahl sollte angesichts eines solchen „Leuchtturmprojekts“ sicherlich noch weiter steigen. Das Gebäude ist wahrscheinlich ein sehr lukratives Investment in den Tourismusstandort und wird – anders als weiße Elefanten nach Olympischen Spielen – indirekt über viele Jahre und Jahrzehnte Profite abwerfen, als Werbung für den Tourismus in Hamburg.

    Selbstverständlich ist die Kostenexplosion ein Skandal allererster Klasse. Und auch wenn der reguläre Betrieb sehr teuer ist, bin ich mir sicher, dass die Stadt schon kurzfristig in einem Maße von den steigenden Umsätzen im Tourismus profitiert, dass die Entscheidung zur Fertigstellung absolut gerechtfertigt war.
    Außerdem: Wir haben die Bewerbung um die Olympischen Spiele abgelehnt. Und so ist unsere Kasse ja eigentlich schon wieder mehr als ausgeglichen 😉

  25. Zum Thema Cyborgs und einer Ideologie aufsitzen: der Kommentar das man auch wunderbar über eine Technik oder Phänomen diskutieren und bescheid wissen kann ohne mitmachen zu müßen stimmt erstmal Grundsätzlich. ABER das stimmt nur solange es genug Wissen über eine Technik und deren Implikationen gibt. Das ist ja grade am Anfang von sowas nicht der Fall. Man gucke sich mal die Kinderjahre einer jeden Technologie an. Da gibts reichlich dumme Zitate die furchtbar falsch sind und jedes Kind es heute intuitiv besser weiß. Aber nur weil wir als Menschheit uns besser und tiefer mit der Materie auseinander gesetzt haben. Und damit wir das tun können „opfern“ sich die Biohacker und gucken mal was man damit alles machen kann und was das alles mit einem macht. Damit die Leute die sich dem nicht aussetzen wollen genug Wissensgrundlage haben um dann _auch_ gegen staatliche oder wirtschaftliche Initiativen argumentieren zu können.

    Wenn nur der Staat das macht und die Daten nicht veröffentlicht oder nur ein Konzern der alle Teilnehmer unter NDA stellt hat die Allgemeinheit da nix von. Mit öffentlichen Foren die er da veranstaltet schon.

  26. @Bernhard
    ich bin auch sicher, dass Elphi ein Besuchermagnet wird. Sie wird erst dann sozial problematisch, wenn in Hamburg gespart werden muss. Dann tut weh, dass unnötig teuer gebaut wurde. Die Elphi lässt sich ordentlich geplant und professionel realisiert für eine Viertelmilliarde Euro weniger herstellen. Der Betrieb wäre 20-30% günstiger und die beteiligten Baufirmen wären an dem verpfuschten Bauprojekt nicht kaputt gegangen.
    Aber bei vernünftigem Projektablauf hätten die Banken auch von der Stadt keine 49 Mio. Euro Zinsen während der Bauphase kassieren können. Soviel Geld hat eine sehr korrumpierende Wirkung und bringt keinen erkennbaren Wert.

    Quelle: Veröffentlichte Projektdaten des Bauherren Hamburger Kulturbehörde (4 Seiten/Februar 2016).
    https://www.elbphilharmonie.de/media/filer_public/f3/8d/f38d5e35-cfcb-4432-b710-197db950e22f/elbphilharmonie_daten_fakten.pdf

  27. @Jürgen
    http://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article129474889/Neues-Zeitalter-der-Finanzpolitik.html

    Naja zumindest für Hamburg gilt das ja dann wohl für die Zukunft nicht mehr…

    Aber sehr interessant wie das dann bei Kosten aussieht die in der Vergangenheit angefallen sind.

    Zur Verdeutlichung: Die Kosten für Hamburg i.H.v. 800 Millionen, Nutzungsdauer Elbphilharmonie 50 Jahre. Jährliche Abschreibung wären 16 Mio. Euro, die den Haushaltsüberschuss schmälern würden. Aber ohne Abschreibung kein jährlicher Aufwand und kein Anreiz die Kosten gering zu halten? Wenn ich es richtig verstanden habe…

    Freue mich schon auf die J&N-Folge mit dir!

  28. Als der Her Repinski anfing über die Volkswirtschaft der USA zusprechen, konnte ich mal wieder nur lachen, sorry. Der US-amerikanische Staat, hat niemals ein Finanzierungsproblem und die Staatsschulden spielen in ihrer höhe, überhaupt keine Rolle. Wann raffen endlich mal unsere Deutschen Journalisten, dass der Kapitalismus ein Prozess ist. Es bringt nichts auf die „Schulden“ – ich präferiere ja das Wort „Verbindlichkeiten“- des Staatssektors zu schauen, ohne sich mit den anderen Sektoren zu beschäftigen. Haben, die beim Spiegel noch nie darüber nachgedacht, warum das Schuldenlimit USA ständig erhöt wird?

  29. Ich hätte noch eine kleinen Einschub zum Bauwesen.

    Von ein Paar Jahren hat Michael Schindhelm ein Buch rausgebracht: Dubai Speed.
    https://www.dtv.de/buch/michael-schindhelm-dubai-speed-24768/

    kurze Synopsis:
    Der Autor ist im Kulturbereich tätig – irgendwas mit Theater glaube ich – und wird von Leuten in den Emiraten angefragt ein neues Opernhaus zu leiten, das gerade im entstehen ist. Dafür gibt es dann große Pläne, große Architekten, große Versprechen …. Es gibt tolle Modelle, Visualisierungen, selbst Gespräche über das Einweihungskonzerten UND: die Oper ist das Herzstück eines gigantischen neuen Wohngebiets mit Hochhaustürmen. „Wohnen an der Oper“ verkauft sich gut und es wird viel viel Geld mit Apartments gemacht.

    Im Laufe seiner Arbeit merkt der Autor, das die Oper aber nicht entstehen wird, sondern nur der Ankerpunkt für die Werbung des Wohngebiets ist. Am Ende fällt sie dann auch weg, aber die meisten Wohnungen sind verkauft. Gängige Praxis des neoliberalen Investorenmodels? In Asien auf jeden Fall… Das kann in jedem Maßstab passieren (Bibliothek hier, Einkaufzentrum auf dem Land da -> meine Oma wartet immer noch auf den vor 10 Jahren versprochenen Supermarkt im Suburb, aber der kommt einfach nicht) und man darf immer sehr kritisch sein. Die Architekturbildsprache der Großen Büros bedient sich immer des leuchten Objekts und dahinter ist so nebulöse graue Maße.

    Kleiner Trick Immer den Leuchturm wegdenken und dann fragen ob das die Stadt ist in der wir leben wollen!

    Ist ja in Stuttgart dasselbe… der Abriss des Gleisbetts schafft soviel Platz für generischen, scheiss-teueren Wohnungsbau in der überteuerten Innenstadt.
    Immobilien (besonders Wohnungen) sind die neue Währung. Da stehen Wohnhaustürme am Central Park in NY leer, weil sie nur gestapeltes Geld sind… Ohne das jemals jemand drin wohnt….

    Deshalb: http://www.hkw.de/de/programm/projekte/2015/wohnungsfrage/wohnungsfrage_start.php

  30. Das Interview mit Gordon Repinski fand ich sehr erhellend bezueglich der Situation des deutschen Journalismus.
    Seine Gedankengaenge sind von einer solch erschreckenden Schlichtheit dass es einem die Schuhe auszieht.
    Wenn sich die Protester also ordentlich organisieren wuerden waere Trump also in Kuerze weg vom Fenster. Das mag stimmen. Dass seine Waehler und die Gruende warum er gewaehlt wurde noch da waeren, daran wird kein Gedanke verschwendet. Wenn ich dann noch hoere wie unreflektiert er fortwaehrend einen Kampfbegriff wie „Antiamerikanismus“ verwendet kann ich gut verstehen dass dem Spiegel die Leser davonlaufen.

  31. Nur als Anmerkung zu „Hamburg ist Provinz“, es gibt dieses Zitat von Karl Lagerfeld auf eine Anmerkung von Beckmann? meine ich in seiner Sendung:

    Beckmann: „…Hamburg ist ja das Tor zur Welt…
    Lagerfeld: „Ja, aber eben nur das Tor.“

  32. Zu Gordon Repinski:
    „Bei der Informationslage muss man ja davon ausgehen, dass da die Russen gehackt haben“ (sinngemäß).

    Nein muss man nicht. Denn die CIA Hinweise laufen alle so ab:
    Damals haben wir die Russen verdächtigt. Gestern auch. Heute wieder. Also muss da ja was dran sein. Schließlich verdächtigen wir sie immer.

    Wenn man mit diesem intellektuellem Besteck seine Informationen verarbeitet, dann gibt es nur eine logische Konsequenz:

    Die Existenz Gottes ist bewiesen. Seit tausenden von Jahren gibt es Hinweise und Milliarden von Menschen sagen, dass es einen gibt.
    Und wenn man durch diese Informationsverarbeitung Konsequenzen für sein publizistisches Verhalten ableitet:

    Bibel schnappen und los missionieren. Es geht schließlich um das Seelenheil von aber Millionen Ungläubigen.

  33. Hallo Stefan, ab 02:46:16 schilderst du Dirk Baeckers vermeintliche Zurückhaltung und empfiehlst distanzierte Beobachtung und gleichzeitige Historisierung.
    Er hat aber in verschiedenen Aufsätzen – z.B. in der “ Umschrift“ für und mit Peter Fuchs – komplexen Systemen die Struktur eines Verdachts attestiert und ist der Meinung, sie seien nur im Wege der Einmischung zu beobachten.
    Ich habe, ohne den vermeintlichen Widerspruch konkret auflösen zu können, an anderer Stelle von ihm ein Plädoyer für Neugier und Hygiene gesehen und gehört , welche man als groben Leitfaden für die Einmischung ansehen kann.
    Wie siehst du “ das“ ?

  34. @Marcus
    Hamburg hat tatsächlich nun eine doppelte Buchhaltung eingeführt. Im Prinzip müssten die Kosten nun real ermittelt und abgeschrieben werden. Aber das gilt nicht für private Gesellschaften in Besitz von Hamburg. Das sind die blinden Flecke für Rechnungshöfe.

  35. @Marcus und @Jürgen
    Dass Kommunen/Städte in der Regel keine doppelte Buchführung haben, macht das Thema Finanzen intransparent und verzerrt.
    Leider kenne ich mich nur mit der Bilanzierung nach HGB und den Steuergesetzen aus, ein Einzelunternehmer muss hier schon ab einem Gewinn von über EUR 60.000,00 im Jahr eine Bilanz aufstellen!!!
    Was als Haushalt beschrieben wird, ist lediglich eine Milchmädchenrechnung, in der ich nur Einnahmen und Ausgaben plane, also noch primitiver als jede Einnahmeüberschussrechnung eines Kleinunternehmers.
    Interessanterweise stellen teilweise Bistümer auch ihre Buchhaltung um und versuchen nach HGB einen Jahresabschluss zu erstellen. Dort werden allerdings zum Beispiel alle sakralen Gebäude mit 1 EUR bewertet…

    @Jürgen
    Wer nimmt in Hamburg die Bewertung vor? Machen das Beamte/Angestellte oder externe Unternehmer? Hört sich nach einem riesigen Beschäftigungsprogramm an. In der Praxis stelle ich mir das sehr schwierig vor.
    Wie schätzt du die angestrebte Grundsteuer-Reform/Einheitswert ein?

  36. @Heiko
    Wenn nicht ganz Deutschland seine Infrastruktur bewertet, macht die Bewertung in einzelnen Körperschaften keinen Sinn. Da vermutest Du richtig. Das kosten viel Geld und wird wieder nur manipuliert.
    Das Bewerten von Infrastruktur ist an sich gut beherrscht. Ich würde das gerne mal bei Jung & Naiv oder im Aufwachen Podcast erklären.
    Ich lebe das ja in der Schweiz live mit. Das ist ja schon OECD Standard. Nur die Deutschen mauscheln wieder was eigenes. Wie bei den Normen und bei der HOAI etc. Da ist einfach zu viel Geld da. Wenn die Steuereinnahme von 2005-2015 um +50 steigen.

  37. Sorry, ich verstehe beim Thema „Trump, Geheimdienste, Checks & Balances“ die Herangehensweis nicht. Gordon stellvertretend für die Mainstream_Meinung (wenn das Paradigma so zulässig ist). Ich fasse das mal verkürzt zusammen: Dienste sind per se nicht unglaubwürdig. Es ist Trump, der aus einer Art Allmachtsanspruch die Dienste diskreditiert. Bei der Aussage komm ich mir vor wie Alice im Wunderland. Stichworte NSA-Affaire, CIA (Irakkrieg, Massenvernichtungswaffen etc.). Wenn die Journalisten ihre „checks“ mals so kreativ gemacht hätten, wie sie jetzt Trump von einer Wirkung zur Ursache machen wollen, dann hätten wir uns viel erspart. Die Mehrheit der Medien hat immernoch nicht verstanden…

  38. Hier nochmal kurz mein Résumé aus dem Forum:

    „Das Abschreibungsgedöns – wie Lauber vielleicht sagen würde – „isch Kokolores“. Zumindest für den Bauherren, der keine Steuern zahlt, sondern welche kassiert! Also Bund, Länder und Kommunen.

    Die Umstellung von Kameralistik auf Doppik (= Abschreibungspflicht) erhöht den Schuldenstand, garantiert aber nicht mehr Transparenz.“

    Und der vergrößerte Schuldenstand erhöht den Privatisierungsdruck.

    Wäre wirklich toll, wenn das Thema bei Jung & Naiv oder in einer zweiten Aufwachen!-Folge vertieft werden könnte.

  39. Sorry, für das Forum habe ich keine Zeit.

    Abschreibung ist kein Scheiß. Es geht um die Nachvollziehbarkeit der Mittelverwendung. Wenn du ein Prestigeprojekt baust, sieht der Bürger das natürlich, das Teil verschwendet ja nicht einfach. Der Politiker, der in dieser Zeit in Verantwortung war, bleibt wohl in der Regel lebenslang positiv behaftet.
    Das Gebäude nutzt sich natürlich ab und verliert an Wert. Abschreibungen sind Aufwendungen, die nicht auszahlungswirksam sind! Das heißt, der Haushalt wird mit den Aufwendungen nicht belastet, sondern „nur“ mit der Instandhaltung. Folgekosten bleiben also teilweise unsichtbar. Die Mittel für Instandhaltung kann natürlich in der Folge politisch keiner verwehren.

    Warum soll dadurch nicht mehr Transparenz entstehen? Wenn du nach HGB bilanzierst, kannst du die Anschaffungskosten transparent ermitteln! Was natürlich im Wege stehen könnte, sind die Konstrukte, die um den Bau errichtet wurden.

    Es ist nicht Aufgabe des Staates, Gewinne zu erzielen oder einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, egal was Schäuble sagt.
    Privatisierung bewirkt vielleicht kurzfristig, dass ich einen schönen Haushalt habe, weil ich Vermögensgegenstände verscherbelt habe. Die verliere ich dann aber langfristig. Das würde man durch doppelte Buchführung eben sehen! -> Transparenz
    In Spanien wurden teilweise Autobahnen privatisiert und mussten jetzt vom Staat zurückgekauft werden, weil die Betreiber insolvent waren. Die nicht so stark ausgelasteten Strecken waren für private einfach nicht rentabel. Teilweise wurden sie von den Bürgern vermieden, weil sie keine Maut zahlen wollten.
    Es muss klar sein, dass ein privates Unternehmen, immer eine Gewinnerzielungsabsicht hat und das natürlich bei seinen Preisen einkalkuliert.
    Leider wollen das auch viele Politiker nicht verstehen.

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