A!150 – J&N mit Noam Chomsky

Dienstag, 25. Oktober 2016, 11:30 Uhr

Tilo reist noch durch Amerika, und Stefan heute durch Süddeutschland. Wir machen daher A!150 zur Jubiläums-Sonderausgabe, mit dem Gast #1, den Jung & Naiv uns kurz zum Aufwachen ausleiht.

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Tilo
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25 Gedanken zu „A!150 – J&N mit Noam Chomsky“

  1. Wird nachher auf dem Hundespaziergang gehört.

    „In den vergangenen Jahrzehnten war kein französischer Präsident unbeliebter als François Hollande. In Umfragen schwankten seine Zustimmungswerte bislang knapp über zehn Prozent, schon das ein miserabler Wert. Nun haben sie ein neues Tief erreicht: Laut einer von „Le Monde“ veröffentlichten Umfrage des Instituts Cevipof sind nur vier Prozent der Franzosen mit seiner Arbeit zufrieden.“

    http://www.spiegel.de/politik/ausland/frankreich-francois-hollande-ist-unbeliebt-wie-nie-a-1118168.html

    Übel. Da ist der Rechtsruck nächstes Jahr wohl unvermeidbar.

  2. Methodisch habe ich bei der „alien perspective“ den Eindruck, dass diese Perspektive vor allem ein Schutz für Chomsky ist, sich nicht angreifbar zu machen. Der alien verkörpert eine neutrale (objektive?) Instanz. So kann Chomsky auf die Frage „Wie sehen Sie das?“ immer auf den alien verweisen, sich selbst nimmt er aus der Verantwortung.

    Dass es ein unglaublicher Skandal ist, dass einer der beiden größten Parteien des mächtigsten Landes der Erde die größte Gefahr für die nahe Zukunft (Klimawandel – mit drohendem millionenfachen Tod, Hunger, Vertreibung) einfach leugnet, geht in der Tat im Mediengewirr unter. Allerdings ist Chomsky etwas zu optimistisch, was „collective action“ angeht. Außerdem gibt es für mich keinen Grund, individuell richtig zu handeln (sprich: bspw. so wenig wie möglich das Flugzeug benutzen, auf tierische Produkte verzichten), auch wenn der Einfluss gering ist. Es spricht nämlich auch nichts dafür, diese Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Zudem kann nur so ein vorbildhaftes Verhalten für andere entworfen werden (grassroots?).

    1. @Jonas:

      Dein Einwand bezüglich seines „sich nicht angreifbar machen“ merkt man, nach meinem dafür halten, auch am prägnantesten an der „Ist Obama also ein Terrorist“ Frage.
      Währenddessen er kein Problem damit hat, direkt und wie aus der Pistole geschossen zu sagen, dass wir Deutschen dann natürlich auch Terroristen seien (direkte Frage nach der nach Obama) redet er beim POTUS immer drum herum und bejaht es allerhöchstens indirekt „you quoted me; take the alien perspective“ .
      Selbst der „einflussreichste Intellektuelle der Gegenwart“ vermag es nicht seinen Präsidenten direkt und auf Video als Terrorist zu bezeichnen, will sich scheinbar nicht dem Shitstorm aussetzen.
      Stimmt mich traurig und ein wenig aggressiv diese Erkenntnis, das selbst er sich scheinbar einem Backlash augesetzt sähe.

    2. Ja, prinzipiell stimme ich dem zu, das ist mir auch aufgefallen.
      Allerdings hat NC das bei der Frage nach den Deutschen dann nachgeholt, indem er sie eindeutig so bezeichnete (bzw. „uns“ jetzt, unsere Politik). Daher ist die Verbindung durchaus gegeben, er hat sich durchaus getraut es auszusprechen. 😉

      TJ: „Also ist Obama ein Terrorist?“
      NC: „Ich habe dir die Antwort schon gegeben.“
      TJ: „Und die Deutschen/die deutsche Regierung?“
      NC: „Klar.“

      (inhaltlich sinngemäß)

    3. An der Stelle kam mir Tilo übrigens so vor, wie ein Journalist von den ÖR, der nochmal versucht ein möglichst griffiges Zitat vom Interviewten zu bekommen. 😀
      Ich finde auch die Aussage „Eine objektiv auf das Geschehen schauende Person muss Obama für einen Terroristen halten.“ nicht schwächer als „Obama ist für mich ein Terrorist.“

    4. @Jonas

      Kurze Anmerkungen: Noam Chomsky gehört nicht gerade zu den Wissenschaftlern, die sich aus kontroversen Perspektiv zurückzieht. Deshalb würde ich nicht sagen, dass er Sie als „Schutz“ nutzt. http://www.deutschlandfunk.de/neue-buecher-vor-der-us-praesidentenwahl-noam-chomskys.1310.de.html?dram:article_id=369340

      Dein zweiter Absatz ist sehr paradox verfasst:
      a) „etwas zu optimistisch“ bei “collective action”
      b) „für mich keinen Grund, individuell richtig zu handeln“
      c) nicht Handeln entspricht: „nur so ein vorbildhaftes Verhalten für andere entworfen werden (grassroots?)“

      Hier geht doch einiges drüber und drunter.
      a) „collective action“ wird je nach Model und Theorie seine Wirkungskraft zugemessen. Chomsky sieht gerade für das politische US-System dort eine besondere Rolle – hierzug besonders wichtig sind seine lingustischen Theorien. Jedoch sollte man nicht praktische Beispiele für den „change“ außeracht lassen: der 2. Atomausstieg, die letzten Änderungen bei CETA (Stichwort Investitionsschutz mittels öffentlichem Handelsgericht). Deshalb sehe ich inbesondere in Zeiten der stagnierenden policy-Umsetzung eine große Bedeutung für kollektive Handlungen
      b) Die Inkonsequenz in der eigenen Handlung ist ein besonderes Problem im Wandel. Kurz und knapp ist jede Handlung, welche zu einer Reduktion von problematischen Ergebnissen führt, ein Fortschritt. Er mag zwar maginal erscheinen, aber insbesondere auf der individuellen Ebene beginnt doch „change“. Außerdem stelle ich die Gegenfrage: Ist es erst notwendig sein Verhalten zu verändern, wenn der Staat neue Gesetze oder Richtlinen verfasst? – Stichwort Atomausstieg: Stell dir vor die Menschen würde kollektiv ihren Stormmix neu gestalten, um auf Atom zu verzichten. Die Nachfrage würde sinken und somit auch der Anteil im Strommix. Dann wäre sicherlich die Klage von Vattenfall ausgeblieben, wenn ihnen einfach nur die Kunden weglaufen. – Deshalb bin ich strikt gegen diese Form der Ignoranz. Denn man muss nicht öffentlichen Aktivismus zeigen, um ein „change agent“ zu sein. Stromanbieterwechsel, Wochenmarkt, Gebrauchtwaren, Bio, Fairtrade, Fleischverzicht, Carsharing, und und und, sind Möglichkeiten mittels indivueller Konsumentscheidung einen Teil zum Wandel beizutragen.

      c) Das habe ich nicht ganz verstanden, meinst du, dass durch den Verzicht von Handlungen entwickeln sich Bewegungen, welche kollektiv (grassroot) diesem entgegenzusteuern versuchen, durch die Präsentation von Lösungen?
      _____________
      Jetzt nochmal kurz den eigenen Stempel unter das Ganze setzten:

      Vielen Dank an euch für das interessante Interview. Leider habe ich nicht allzu viel neues Input aus diesem Gespräch erhalten, aber dennoch denke ich das es wichtig ist, dass Ihr diese Arbeit leistet!

      Für mich steckt in Chomsky noch zu sehr ein bi-polares Denken des kalten Krieges. Seine Erkenntnisse aus der Syntax haben das Feld seit den 1960er Grundlegend verändert. In den Thorien der internationalen Beziehungen gehört Chomsky nicht wirklich zu den Vorreitern in der Modellierung oder Erklärung, deshalb ordne ich seine Aussagen eher politischem Aktivismus als der Politikwissenschaft zu.
      Meine Empfehlung: Prof. Jetschke’s Einführungsbuch oder Reus-Smit/Snidal Oxford Handbook of International Relations

  3. Alternative, wer schon Chomsky interview gehoert hat:

    Every Day Is Like Sunday (2011) by Adam Curtis[1].

    Typische Adam Curtis Docu/Film den er angefangen hat wegen der Leverson Inquiry/Phone Hacking Scandal[2] im eigenen Land.[3] Wurde bis heute nicht fertig gestellt.

    Laut Wikipedia[4] „The rise and fall of press baron Cecil King, and the changing relationship between the public, politics and the media.“

    [1] https://youtu.be/cicunsmUnas
    [2] Wikipedia: „The Leveson inquiry is a judicial public inquiry into the culture, practices and ethics of the British press following the News International phone hacking scandal, chaired by Lord Justice Leveson, who was appointed in July 2011. A series of public hearings were held throughout 2011 and 2012.“
    [3] http://www.bbc.co.uk/blogs/adamcurtis/2011/07/every_day_is_like_sunday.html
    [4] https://en.wikipedia.org/wiki/Adam_Curtis

  4. Ich denke es fällt schwer dem allem nicht zustimmen weils durch und durch vernüftig ist. Auch schön mal die Rolle Deutschlands unbeschönigt erklärt zu bekommen und danke an Tilo das er da nochmal nachhakte. Was mir aber immer so ein bischen Kopfzerbechen bereitet ist was wäre wenn die USA, ich mag deren Imperialismus ja auch nicht, aber was wäre wenn die tatsächlich nur ihr Ding machen würden wie vor T. Roosevelt? Auch wir hier in Europa leben ja unter dem Schirm ihrer Vorherrschaft der die Dinge stabil hält machen wir uns da nichts vor. Zusammen mit den Atomwaffen viel mehr als die EU. Andere Kräfte, nicht demokratische oder noch weniger demokratische Kräfte würden dann bestimmen wo es auf der Welt lang geht. Es kann ja eigentlich kaum noch schlimmer werden aber woher wissen wir, oder warum vermuten wir das es dann besser wird? Wer soll dieses post USA Machtvakuum füllen? Die EU und die UN?

    1. ,,Auch wir hier in Europa leben ja unter dem Schirm ihrer Vorherrschaft der die Dinge stabil hält machen wir uns da nichts vor.“

      Der nahe Osten ist ja geradezu ein Hort des Friedens und der Stabilität geworden. Was würden wir nur ohne westliche Interventionen machen? So ohne potentielle Terrorbedrohung und Kriegsflüchtlinge hier in Europa. Dann könnten wir auch niemanden mehr beim Ertrinken im Mittelmeer zuschauen. Und wenn der Ami nicht wäre, würde morgen wohl der Ivan vor der Tür stehen. Oder mindestens der Chinese.

      ,,Wer soll dieses post USA Machtvakuum füllen? Die EU und die UN?“

      Ich wäre für die UN, denn das war ja mal der Plan dahinter.

      ,,Es kann ja eigentlich kaum noch schlimmer werden aber woher wissen wir, oder warum vermuten wir das es dann besser wird?“

      http://imgur.com/HSVDk9V

    2. Vielleicht indem man sich ein Beispiel daran nimmt, was unsere Vorfahren als damalige Siedler in den USA im Herzen trugen, ohne ihre Fehler zu wiederholen.

      https://www.youtube.com/watch?v=3v_GuON1Tgk

      Das versprochene Land, ist hier ganz klar eine Zukunft wie sie schon FDR in die Atlantic Charter geschrieben hat, ohne den einen Satz von Churchill, der seine 4 Versprechen wertlos machte.

  5. Am Morgen in der Vorlesung: Chomsky-Hierarchie
    Am Nachmittag in der ZEIT: Chomsky-Interview
    Am Abend in Aufwachen: Chomsky bei J&N

    loooooooool

  6. Ich finde bei den Aussagen von Chomsky gibt es extrem viele Überschneidungen mit den Themen von Ken Jebson. Sicher, Ken hat einige Nebenthemen, wie 9/11, die vom eigentlichen Thema fast schon ablenken und er greift auch manchmal mit seiner Wortwahl bzw. einigen Aussagen in’s Klo. Aber sein innerer Antrieb ist die Gesellschaft die gleiche Richtung zu verändern, wie Chomsky es möchte. Das Rechne ich ihm hoch an. Er erreicht Menschen, die ein Chomsky oder ein Albrecht Müller (auch wenn die nicht vergleichbar sind) nicht erreichen können.

    1. Ich möchte mich zuerst noch für meine zuerst das fehlende Korrekturlesen meines vorherigen Beitrags entschuldigen sowie auch für den herablassenden Tonfall Ken Jebsen gegenüber, den er von mir nicht verdient hat. Schließlich habe ich vor ca. 10 Jahren angefangen, seine „NachdenKEN“ Beiträge zu hören. Damals hat mir der Stil sehr gepasst und hat mir eine alternative Sichtweise vermittelt. Im Prinzip habe ich damit ein Stück weit mit eigenem politischen Denken angefangen. Inzwischen bin ich auf seine Interviews umgeschwenkt, mit denen ich früher nicht viel Anfangen konnte, und habe auch weitere Quellen wie die Nachdenkseiten gefunden. Auch Euer Podcast hilft meinem Denken. Danke.

      (Voltairenet finde ich auch sehr interessant, obwohl ich noch nicht genau weiß was ich davon halten soll – auf jeden Fall vermittelt Thierry Meyssan alternative Sichtweisen auf politische Ereignisse, zum Teil begründet, und zum Teil gefühlt aus der Luft gegriffen).

  7. Alienfuckedifuck – alles läuft doch darauf hinaus, das das so nicht mehr weiter geht. Chinesen & Inder kaufen immer mehr Fleisch und dadurch wird in Brasilien der Amazonas von rülpsden Vieh leergesoffen. Und die Afrikaner wollen nicht mehr sich durch unser Billiggeflügel verarschen lassen schicken ihre kräftigsten Söhne und Töchter hier hin – die manchmal Weißen weißes Zeug verkaufen – damit die Family drüben unser verkacktes Fleisch fressen und bezahlen kann. (Münklermodell Hungergames mit wieder gehenden Gastarbeiterflüchtlingen)

    Die Frage die sich dann stellt, ist für Wen geht es nicht weiter? Im Moment sind das in unserer Gesellschaft Looser mit nicht Flüchtlings freundlichen Facebook Account – auf die wird jetzt zur Jagt geblasen – für die ist kein Platz mehr und auch ihr Wort wird im Internet gesperrt! Auch dann, wenn andere die von denen „angepöbelt“ den Dialog wollen – aber von oben wird interveniert schschsch – der Bertelsmannkonzern sperrt und zerrt die Leute vor die Glotze wäscht in sozialen Netzwerken „Hatespeech“ raus weicht die Gehirne mit Bauer sucht Frau auf.

    Aber das gehört sich ja so – das ist ja hypernormal – der Druck steigt auf jüngere Multijobber und wenn man einen vermeintlichen 16 jährigen Nazi doxt am besten nicht nur bei Facebook, sondern auch beim Ausbildungsbetrieb ist man modern bürgerlich angekommen.

    Soll ich jetzt vorbildlich aufs Auto verzichten – was Gutes tun, weil ich kein Geld habe aber ansehen muss wie die älteren Meinungen machen Meine Stimme im Markt und in der Demokratie überflüssig machen – meine Renteneinzahlungen wegfressen – es nicht mitbekommen – das mittlerweile immer weniger Arbeitsplätze befristet sind und wegfallen durch 450 Euro Jobs ersetzt werden und insgesamt immer weniger Stunden gearbeitet werden insgesamt aber immer heftiger und präkerer. Jetzt kommen die Flexirentner mit den Flüchtlingen zusammen auf den Arbeitsmarkt erstere können mit €2500 Rente im Nacken gerne einen halben Monat mehr auf die Gehalts Auszahlung warten. Die Flüchtlinge haben zuvor in der Türkei hart arbeiten müssen die Sprache dort lernen müssen werden hier ausgebeutet von hier Türkischsprachigen Menschen können sich irgendwie versorgen und bekommen kaum Deutschkurse – den Tritt bekommen dann Studenten/Berufseinsteiger die nebenher verdienen wollen auf dem Arbeitsmarkt – niemand in den jungen 20ern kann sich deswegen z. Z ein Auto leisten. Aber den richtigen Arschtritt bekommen gerade die Sozialschwachen in den 40ern, die beruflich durchs Netz gerutscht sind und ihr Zentrales Wohnkloh in der Großstadt unbezahlbar wird oder die Stadt Obdachlose nicht mehr unterbringen kann.

  8. Was sollen eigentlich die Armen Schweine machen? Laut Lage der Nation Wählen entweder Trump wählen – das System zerstöhren? Oder einfach nicht mehr wählen gehen?

    Was meint Ihr? Oder seht ihr das anders? Als in der letzten Alternativlos Folge… das weiterhin man demokratisch mitwirken kann in Parteien etc.

  9. meine güte, ist der mann alt geworden. man merkt ihm etwas resignation an, erzählt er doch seit jahren bis jahrzehnten schon das gleiche. insofern inhaltlich für mich (schon länger von chomsky) nichts neues – habe aber auch ich schon zu viele interviews und o-töne von ihm gehört.

    es ist aber auch etwas traurig. chomsky war schon immer nur so eine gut artikulierende stimme aus dem linken rauschen – ohne wirkliche wirkung.

  10. Wahrscheinlich muss Chomsky seiner Anarchistenseele treu bleiben und daher immer wieder einen hoffnungsvollen Blick auf „collective actions“ werfen, die ohne Zutun mächtiger Interessengruppen aus dem puren Gemeinschaftssinn der Menschen heraus instinktiv schon für das Gute kämpfen werden.

    Bei allem Respekt für sein Lebenswerk erscheint es mir allerdings ein bisschen so, als lüge er sich da auf seine alten Tage hin selbst etwas vor. Zumindest verschweigt er dabei, dass eigentlich alle Grasswurzel-Bewegungen der letzten Jahre, die es in die Öffentliche Wahrnehmung geschafft haben, entweder an der neoliberalen Wand zerschellt sind (z.B. Syriza), kläglich verendeten (Occupy Wall St, Blockupy), oder vom „Establishment“ absorbiert und instrumentalisiert wurden (z.B. Bernie Sanders‘ Kampagne).

    Die herrschende Kaste hat sich dazu längst ein beachtliches Arsenal an Gegenmaßnahmen angeschafft und betreibt im ganz großen Stil weltweit Astroturfing, Greenwashing und generelle Systempropaganda und bedient sich dabei ganz selbstverständlich auch sämtlicher zur Verfügung stehender Informationskanäle, einschließlich der in diesem Sinne viel zu hoch gelobten „sozialen“ Medien.

    Chomsky selbst hat ja schon x-mal erkklärt, wie das mit der Konsens-Manufaktur funktioniert.
    Für Otto Normal gleicht es schon fast einer Lebensaufgabe, sich nicht im Dschungel der „Wordings“, „Framings“ und Deutungshoheitszeichen zu verirren (siehe BPK Folge 1 bis unendlich), bzw. sich eine tatsächlich „eigene“ Meinung zu bilden (Da hilft auch ganz sicher kein Ken Jebsen).
    Ganz zu schweigen von der Herkulesaufgabe, eine wirkungsvolle Masse von normalen Ottos (und Ernas) für ein gemeinsames Ziel zusammen zu bringen, ohne dass da an allen Ecken und Enden die mit milliardenschweren Kampagnen bewaffneten Spin-Doktoren und PR-Agenten der Systemprofiteure ihre Finger reinstecken.

    Das führt unter anderem dazu, dass (wie oben schon andiskutiert) sich selbst einigermaßen gebildete und aufgeklärte Zeitgenossen die von Chomsky so schön zusammengefasste Apokalypse mit Bio-Bier vom lokalen Brauereikollektiv schön saufen, oder bei ’ner veganem Fair-Trade soy Latte vor ihren MacBook Pros im durchgentrifizierten Bildungsbürgerkiezcafé über die Wirkmächtigkeit der individuellen Eigenverantwortung sinnieren, und dabei völlig vergessen, dass sie damit schon feinster neoliberaler Hochleistungspropaganda auf den Leim gegangen sind.

    Die Idee von der „Abstimmung mit dem Geldbeutel“ (frei nach M. Hüther, IW Köln) mit der internationale Mega-Konzerne mit dem Jahresbudget ganzer Volkswirtschaften zur nachhaltigen Bio-Öko-Energiewende gezwungen werden sollen, ist Neoliberalismus in Reinkultur.
    Die Illusion darüber, dass man ein kapitalistisches System durch systemimannente Mechanismen wie z.B. die – im globalen Maßstab eher begrenzten – Angebote und Nachfragen nach Öko-Strom, Tofuschnitzel, oder Handgeschnitztem Holzspielzeug davon abhalten könne, sich wie ein kapitalistisches System zu benehmen mag ja für das schlechte Gewissen einer überschaubaren Zahl von besserverdienenden Konsumenten in reichen, westlichen Überflussgesellschaften durchaus psychlogische Relevanz haben. Das ändert aber absolut gar nichts daran, dass der unglaublich viel größere Rest der knapp acht milliarden Erdbewohner bei diesem Ablasshandel in die Röhre guckt und aus dem Orbit immer noch so aussieht, als schufte er sich für die Profitinteressen einer winzigen Minderheit zu Tode.

  11. Ich bin leider zu langsam und deswegen nicht gerade up-to-date 🙁 Ich lese gerade ein Buch von Herfried Münkler 🙂
    Im Jung&Naiv-Interview hat H.Münkler uns mit einer Stadt verglichen und welche politischen und oder ökonomischen Bedeutungen hinter dieser These H.Münklers versteckt sein könnten, dafür müsste der H.Münkler mal ausführlich zu Wort kommen wollen! oder das müsste in den Medien mal ausführlich geoffenbart, bzw. diskutiert werden. Wer nicht in der Lage ist, sich diesen kleinen Auszug in die aktuelle Welt-Politik zu übersetzen, dem ist wohl einfach nicht mehr zu Helfen, weil sich derjenige in dem reflexionslosen Zustand der heilsamen Ahnungslosigkeit befindet. Ignorance is bliss, until it hits? oder so ähnlich 😉

    Machiavelli – Die Begründung des politischen Denkens der Neuzeit aus der Krise der Republik Florenz von Herfried Münkler (Ein Auszug)

    >> Kreuzzüge und Sklavenhandel
    Ohne Zweifel haben bei diesen weitreichenden ökonomischen Veränderungen die im Jahre 1095 auf dem Konzil von Clermont-Ferrand von Papst Urban II. ausgerufenen Kreuzzüge eine entscheidende Rolle gespielt. Die Feststellung Dorens, dass der Aufschwung des italienischen Außenhandels seinen Ursprung in der Kreuzzugsbewegung hatte, ist in einem doppelten Sinne berechtigt: Einerseits hatte der erste Kreuzzug den östlichen Mittlemeeraum für den christlichen Handel erst freigekämpft, andererseits zogen die sich an den Kreuzzügen beteiligenden oberitalienischen Städte aus ihnen selbst immense Gewinne. Für die Kapitalakkumulation in den italienischen Stadtstaaten war die während der Kreuzzüge gemachte Beute von allergrößter Bedeutung, denn auf ihr konnte der italienische Handel aufbauen. Gleichzeitig wuchsen sich die Kreuzzüge aber auch zu der ersten großen Finanzierungsaufgabe aus, die mit den Mitteln des mittelalterlichen Lehnssystems nicht mehr zu lösen war, und die so dem in den italienischen Städten bereits konzentrierten Kapital vielfältige Anlagemöglichkeiten boten.
    Zu der systematischen Auswucherung der finanzschwachen Kreuzritter durch die oberitalienischen Reeder, Geldverleiher und Kaufleute und der Ausweitung des Schiffs- und Handelsverkehrs infolge des nun einsetzenden Pilgerstroms zu den heiligen Stätten kam der sprunghaft steigende Handel mit den in Kleinasien entstandenen Kreuzfahrerstaaten und über sie, den Endpunkten des arabischen Landhandels, hinaus in den asiatischen Raum hinein. Das Engagement der italienischen Städte in den Kreuzzügen hatte jedoch nicht nur parasitären Charakter: Weder wäre die Versorgung der Ritterheere noch die Behauptung der Eroberungen ohne das logistische Rückgrat der italienischen Flotten möglich gewesen. So hat Heyd nachgewiesen, „dass die Fürsten der Kreuzfahrerstaaten fast keine einzige der syrischen Seestädte ohne die Mitwirkung italienischer Flotten in Besitz bekamen“. Die Ergänzung des in den Landheeren dominierenden adligen Elements durch die in den Flotten überwiegenden stadtbürgerlichen Teilnehmer veraunschaulicht, wie sehr es sich bei den Kreuzzügen um eine explosive Mischung religiös motivierter militärischer Unternehmungen handelte.
    Die kolonialistisch-imperialistische Seite an der Kreuzzugsbewegung tritt in dem von dem venezianischen Dogen Enrico Dandolo geführten 4. Kreuzzug am deutlichsten hervor, der, als Angriff auf Ägypten zur Entlastung der syrischen Christen geplant, mit der Eroberung Konstantinopels und der Wiedererrichtung des lateinischen Kaisertums im Jahre 1204 endete. Der Grund für die veränderte Stoßrichtung des Kreuzzugs lag in der inneritalienischen Konkurrenz zwischen Venedig und Genua um die Handelsprivilegien am byzantinischen Kaiserhof.
    Venedig hatte nämlich dem oströmischen Kaiserhof nicht verzeihen können, dass Kaiser Manuel im Jahre 1171 die venezianischen Kaufleute gefangengesetzt und statt dessen die Genuesen privilegiert hatte. Die Eroberung Konstantinopels durch die von dem venezianischen Dogen geführten Kreuzritter war somit eine militärische Korrektur der schlechten Handelschancen der Venezianer im pontischen und kleinasiatischen Bereich. Bis zum oströmischen Gegenstoß des Jahres 1261, der zugleich das Blatt zugunsten Genuas wendete, verfügte Venedig über große Teile des oströmischen Reiches und über 3/8 von Konstantinopel. Da der Republik die Verteidigung dieses riesigen Kolonialreiches freilich zu teuer war, zog sie sich bald auf die wichtigsten Seestützpunkte zurück, von denen aus sie den kleinasiatischen Raum wirtschaftlich kontrollierte.
    Florenz ist erst spät in den Kreis der Handelsstätte eingetreten. Glückliche Umstände und geschickte Kalkulationen, fortuna e ragione, wie die Florentiner selber sagten, haben den Aufstieg der Arnostadt begünstigt: Während beispielsweise für die meisten italienischen Handelsstädte nach dem Fall von Akkon im Jahre 1291 die Gewinne, die sie aus dem levantischen Handel gezogen hatten, rapide sanken, zog die Florentiner Banksozietät der Peruzzi aus der Rückeroberung der letzten christlichen Stadt in Palästina durch die Mohammedaner riesige gewinne, denn die in Akkon niedergemetzelten Einwohner konnten ihre Einlagen, die sie vorwiegend bei den Peruzzi deponiert hatten, nicht mehr zurückfordern. Die Ereignisse um den Fall von Akkon zeigen die besondere Rolle, die Florenz unter den italienischen Handelsstädten einnahm: Große Pioniertaten und See-Expeditionen, wie sie Venedig und Genua auszeichnen, fehlen in seiner Wirtschaftsgeschichte fast völlig; um so mehr treten dafür kühne und vom Glück begünstigte finanzielle Operationen in den Vordergrund.
    Marx hat – im Zusammenhang mit der Verwandlung der Sklaverei in Nordamerika aus einer „mehr oder minder patriarchalischen Sklavenwirtschaft […] in ein kommerzielles Exploitationssystem“ infolge der in England entstehenden Baumwollindustrie – die Entstehung des Kapitalismus „vom Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend“ genannt. Dies gilt nicht nur für die Entstehung des industriellen, sondern ebenso für die des Handelskapitals, hatte doch „Venedig schon damals [in der Frühzeit seines Aufstiegs, H.M.] den während des ganzen Mittelalters im kommerziellen Budget der Adriastadt stets eine bedeutende Rolle spielenden Handel mit lebendiger Menschenware eifrig gepflegt, gegen den, wenigstens soweit es sich um christliche Sklaven handelte, wie die Kirche so das Deutsche Reich vergebens Einspruch erhoben.“ Noch um das Jahr 1500 gab es in Venedig 3000 Negersklaven, die fast drei Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachten. Mindestens ebenso skrupellos nutzten die Genuesen, die die Spitze im europäischen Sklavenhandel innehatten, die sich auf dem Sklavenmarkt bietenden Akkumulationschancen aus: Sie kauften als Agenten des ägyptischen Sultans an der Schwarzmeerküste Sklaven tartarischer, tscherkessischer und russischer Abstammung, die sie nach Ägypten transportierten, wo sie dann in die Mamelukken-Heere des Sutlans eingegliedert wurden. Noch im Jahre 1466 gab Kaiser Friedrich III. Genua die uneingeschränkte Vollmacht, den Sklavenhandel mit Männern und Frauen auszuüben.
    In Florenz, wo Sklavenhaltung bis ins 16. Jahrhundert anzutreffen war, bestimmte ein Gesetz aus dem Jahre 1364, dass jedermann Sklaven einführen, verkaufen und halten dürfe, sofern diese nicht katholischen Glaubens seien. Dabei war der Vorrang der ökonomischen gegenüber den religiösen Imperativen durchaus sichergestellt: Der Nachweis des katholischen Glaubens war nicht durch die Taufe, sondern nur durch katholische Eltern zu erbringen, was der zu erwartenden Taufwilligkeit der Sklaven einen Riegel vorschob.<<

  12. Es ging mit Chomksy nicht nur über die NATO. Es war auch NATO – „No Action Talk Only“. Dreissig Jahre als Kassandra lässt die Hörer ratlos zu zurück. Was tun wäre jetzt die Frage? Für mich habe ich das entschieden – Auch wenn Morgen die Welt untergeht, pflanze ich heute noch einen Baum.

  13. Hier spricht Chomsky von „Finger on the Button“ bzgl Trump und nuclear bombs:

    https://www.youtube.com/watch?v=Ot31KgTFptY

    Hab selber bisschen bei google geguckt und die meisten Artikel, die ich auf die Schnelle gelesen habe, besagen ebenfalls, dass der Präsident letztendlich doch einen Atomschlag ausführen kann.

    Wäre dankbar über Links, die das Gegenteil sagen, bezüglich eurer Aussagen, dass dies nicht so einfach ist, wie Hillary behauptet.

    1. Danke für die Antwort Stefan (feier dein Buch ^^). Ihr habt (aus meiner subjektiven Sicht heraus) suggeriert, dass da noch diverse Leute zwischen stehen, dass man nicht einfach den „button“ drücken kann, dass der Präsident das nicht alleine entscheiden kann, und dass man diesen Fakt in ein paar min googlen herausfinden kann (Tilos Worte). Hab ich zumindest so verstanden.

    2. „Gedacht ist der Atomkoffer als Möglichkeit für den Präsidenten, weit entfernt von den befestigten Kommandozentren wie zum Beispiel dem Weißen Haus, eine ortsunabhängige, abhörsichere Verbindung zu _Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsrates aufbauen, die Lage beraten_ und zeitnahe Einsatzbefehle – unter anderem für Kernwaffen – erteilen zu können.“

      https://de.wikipedia.org/wiki/Atomkoffer

      „Nach Meinung von Experten würde sich der Präsident im Fall der Fälle _zusammen mit dem für den Nuclear Football verantwortlichen Adjutanten_ zurückziehen, um den Koffer zu öffnen. Der Adjutant würde in Folge eine Telefonkonferenz mit dem US-Verteidigungsminister sowie dem Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff (JCS) initiieren und den Präsidenten bei der Analyse der Lage beraten, sowie etwaige Angriffspläne anhand des „Black Books“ für den Präsidenten erläutern.[8] Entsprechende Befehle („Go Codes“) würden dann, nachdem sich der Präsident mit Hilfe seiner persönlichen Autorisierungscodes („Gold Codes“) identifiziert hat, an den Vorsitzenden der Joint Chiefs of Staff (JCS) im National Military Command Center (NNMC) weitergegeben und von diesem an die ausführenden Offiziere.[9] Während nur der Präsident den Einsatz von Nuklearwaffen anordnen kann, _bedarf der Ausführungsbefehl auch der Zustimmung des US-Verteidigungsministers, mit dem der Präsident gemeinsam nach der Zwei-Mann-Regelung_ die National Command Authority (NCA) bildet.“

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