A!123 – Regrexit

Montag, 27. Juni 2016, 18:33 Uhr

Wir schauen mit Alexander Theiler BBC Two Newsnight und das ZDF heute Journal vom Brexit-Freitag, dem dümmsten und dystopischsten Politiktag unserer Zeit. Aufgelockert von zwei Superkurznachrichten.

Wir danken unseren Produzenten Christoph, Tim und unseren Unterstützern Ronny, Bernhard, Lukasz, Ivon, Peter, Moritz, Tobias, Jens, Julian, Lea, Alpar.

Stefans BBC Two Newsnight Clips, achtet auf die Ausschnitte ab Minute 20:22:

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Wenn du Korrekturen oder Ergänzungen hast, schreibe sie uns gerne als Kommentar unter die Ausgabe. Für Fragen und Diskussionen haben wir ein Forum. Audiokommentare nehmen wir per Telegram- oder WhatsApp-Sprachnachricht an 004915156091706, entgegen.

77 Gedanken zu „A!123 – Regrexit“

  1. min 10:00 – Leave Campaign put it always that David Cameron and his Government (the Status Quo) supports Turkey joining the EU[1] aka ‚more Poor and Muslim countries joining the EU‘ meaning more Poor and more Muslim EEA immigrants coming to Britain. Uncontrollable!

    It’s not about Angie’s Turkey „Deal.“

    [1] http://www.theguardian.com/politics/2016/jun/27/eu-referendum-reality-check-leave-campaign-promises & http://www.voteleavetakecontrol.org/britain_clears_path_for_turkey_s_eu_membership & http://blogs.spectator.co.uk/2016/06/leave-talks-turkey/ ( The Spectator Supports Leave – https://soundcloud.com/the-spectator-podcast/why-the-spectator-is-backing ) & http://www.theguardian.com/politics/2016/may/21/vote-leave-prejudice-turkey-eu-security-threat & http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-eu-referendum-36582567 (Search for Turkey)

  2. min 1:25:40 – Tilo Jung fragt nach den Motiven, wieso die Opposition (Shadow Cabinet) sich selbst abbrennt (self-immolation). So sieht das ja von aussen … aussen aus.

    Antwort. Zwei Teile.

    Corbyn hatte sich nicht gestellt, vor knapp 3 Monaten, als neuer Leader der Labour Partei. Er wurde gefragt ob er sich nicht als Alternative zu den ueblichen Verdaechtigen stellen wollte. Wiederwillige sagte er zu. Dann kam der Ball ins rollen. Die jungen grassroots Labour Partei Mitglieder fuehlten sich inspiriert und Gruendeten Momentum[1]. Den rest wissen wir ja.

    Aber die Labour Partei/Labour MP’s standen nie geschlossen hinter Corbyn. Die Partei war gespalten, wenn es um Corbyn ging. Wie die Tories gespalten sind ueber die EU. … bei Labour gab es aber auch einige die fuer Leave waren. Und Corbyn selbst war nie jemand der ueber die EU ein Lied anstimmte.

    Was Stefan Schulz sagte, das Corbyn keine Rolle spielte im #EUref/#BREXIT Wahlkampf, is halbwahr. Corbyn ist in England und Schottland rumgetingelt (war selbst hier oben in Aberdeen). Aber wenn Corbyn Wahlkampf macht, wie er das macht, ist nicht Seite 1 Berichtenswert/faehig auf Seite 1 zu kommen. Und wenn Labour MP’s die Tageszeitungen lesen, und nicht Corbyn finden. Dann macht Corbyn keinen Wahlkampf …

    „Der hat meine Filterbubbles nicht penetriert.“

    Wie soll man den damit[2] seinen lokalen Sitz als MP gegen UKIP und den „nasty Tories“ sichern oder verteidigen? Geschweigedenn einen streitig machen. Die haben alle Angst (die, die schon immer nicht 100% hinter Corbyn standen) um ihren Job, wenn es zu einer General Election zulaeuft (Snap election wenn der neue Tory Leader (gewaehlt von der Tory Partei) denn das so will weil er denkt er hat kein Mandat[1] oder 2020).

    Und die PMQ’s. Er wollte die PMQ’s aendern. Ja toll soll er doch. Kann er doch. Aber soll er bitte nicht vergessen das er Oppositionsfuehrer. Und als Oppositionsfuehrer konnter er Cameron und den Tories speziell in den PMQ’s nie gefaehrlich werden. Und wenn was (fantastisches) politisches in den PMQ’s passierte dann ging das immer am naechsten Tag auf Seite 1 oder ging als Video in Social Media rum. Aber nicht mit Corbyn.

    Und viele Labour MPs, und die Medien/Politik Kommentatoren, koennen es nicht glauben das Corbyn selbst in den Opportunsten Momenten/Momenten mit der groessten Angriffsflaeche nicht Angreifft.

    Wenn man ueber nichts schreiben kann, weil die Opposition nicht krawall macht … dann versinkt die Opposition (Labour) in die Bedeutungslosigkeit. Von der Bildflaeche.

    Wahlkampf kann man nicht mehr nur mit „Policy“ machen. In dieser Zeit. Sondern braucht Typen, Characters, Toene. Corbyn hat davon nichts brauchbares. Das kam bei diesen Wahlkampf (#EUref/#BREXIT) raus.

    [1] http://www.peoplesmomentum.com/
    [2] https://youtu.be/RS4FDX_uYrk – SIEHE DAS ENDE!
    [3] siehe die Geschichte von Gordon Brown, der uebernommen hat von Tony Blair. Oder nach dem Motto/Argument; Ich bin zwar neuer Tory Leader aber mich hat das Volk nicht als PM gewaehlt und so kann ich und mein Kabinett nicht die UK vertreten in den Verhandlungen mit der EU.

    PS: Corbyn 1984 – https://youtu.be/wZsYvkTw4Rg

    1. ((hinzuzufuegen …))
      … Und wenn was (fantastisches) politisches in den PMQ’s passierte dann ging das immer am naechsten Tag auf Seite 1 oder ging als Video in Social Media rum. Aber nicht mit Corbyn. [ Weil Corbyn nicht das uebliche Spiel spielen will. ]

      ((Korrektur …))
      Mandat[3]

    2. … siehe die Mandats Frage.

      Darf ein neuer Tory PM, gewaehlt NUR von der Tory Party selber ueberhaupt Article 50 aktivieren. Oder muss das durch das Parlament? Oder koennte es sogar Neuwahlen geben um zu entscheiden wie OUT, HALF-OUT oder sogar IN aussieht.

      So einfach wie das ZDF heute-journal das dargestellt hat, scheint BREXIT nicht zu sein und zu werden.

      BBC Two Newsnight (27/06/2016) startet minute 23:00 – http://www.bbc.co.uk/iplayer/episode/b07j8m9v/newsnight-27062016

  3. Tolle Folge, vor allem Stefans Kommentare zur BBC Newsnight. Jeder der Mal für ein bisschen in England gelebt und das Programm der BBC kennenlernen durfte tut sich nach der Rückkehr nach Deutschland mit dem ÖR Programm doppelt schwer. Zwei willkürliche Beispiele:

    1. Politiker Interviews:
    hier wird erbarmungslos nachgehakt und Widersprüche aufgedeckt. Ein Paradebeispiel ist zB das Interview von Jeremy Paxman mit Michael Howard als Howard 14 Mal(!!!) die gleiche Frage gestellt wird weil er immer wieder versucht auszuweichen. Wer das noch nicht gesehen hat, einfach auf Youtube anschauen.
    Wenn man danach eines der ARD Sommerinterviews sieht kann einem übel werden…

    2. Wahlberichterstattung:
    Sowohl optisch als auch qualitativ den ÖR um Lichtjahre voraus. Das ist wie eine Offenbarung wenn man zum ersten Mal merkt das Wahlberichterstattung auch unterhaltsam und spannend sein kann und nicht nur aus irgendwelchen Schalten ins Willy-Brandt-Haus oder zu Jörg Schönborn bestehen muss, der mit irgendwelchen Pie-Charts ständig Wählerwanderungen von x nach y runtermoderiert.

    Ein Punkt den ihr Beide aber glaube ich etwas Missverstanden habt:
    Wenn die Engländer über Immigration reden dann geht es in der Regel nicht um irgendwelche syrischen Flüchtlinge (das betrifft England wie ihr ja richtig festgestellt habt nur am Rande) sondern um die „EU Immigration“, also die Einwanderung von EU Bürgern. Dies ist seit der EU Osterweiterung 2004 ein großes Thema in England. Vor allem aus Polen und Rumänien fand da doch eine sehr beachtliche Einwanderung statt. So geht man zB Stand heute von über 800000 in England lebenden Polen aus. Für ein Land mit 65 Millionen Einwohnern schon eine nicht unerhebliche Menge. Dazu kommen dann noch andere osteuropäische Staaten und in den letzten Jahren vermehrt Einwanderung aus den wirtschaftlich schwächeren, südeuropäischen Staaten wie Portugal, Spanien und Italien. Das sorgt natürlich auf dem Arbeits- und Immobilienmarkt für ordentlich Konkurrenz und auf Grund der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU hat der Staat da eben wenig Möglichkeiten gegenzusteuern, selbst wenn er wollte. Wenn die Leute über mangelnde Souverenität klagen dann meinen sie genau das, nämlich selbst zu bestimmen wer, und vor allem wieviele Einwanderer ins Land kommen sollen.

    Außerdem darf auch nicht vergessen werden das England schon eine lange Tradition von Einwanderung aus den Commonwealth Staaten hat, also vor allem Indien, Pakistan, Jamaika etc.
    Tilo mag den „Das Boot ist voll“ Spruch lächerlich finden, aber ich finde man muss die Sorgen der Leute ernst nehmen.

    Unter dem Strich glaub ich, das England von der Einwanderung profitiert. Aber es darf eben nicht zu viel auf Einmal sein.
    Die Menschen die jetzt für Leave gestimmt haben, haben das glaub ich genau aus diesem ungutem Gefühl der Ohmacht getan. Dem Gefühl, das ihr Land in einem so wichtigen Bereich wie der Einwanderung plötzlich nichts mehr zu sagen hat.

    1. Bei der Einwanderung ist es ja so, dass z.B. meine spanischen Freunde nach England gegangen sind, weil sie einfach dorthin fahren konnten und dann einfach angefangen haben zu arbeiten.
      (kein Meldepflicht)

      Bei Spanien oder Deutschland wurde die Freizügigkeit lange so nicht umgesetzt, da gab es immer Meldepflicht und Aufenthaltsgenehmigung.
      Und für die Aufenthaltsgenehmigung musste man das Einkommen nachweisen.
      Das heißt der normale Deutsche lebte immer im Glauben,
      dass es diese Freizügigkeit gäbe, es gab sie aber tatsächlich nicht.
      Erst vor wenigen Jahren hieß es dann, man muß die Aufenthaltsgenehmigung nicht mehr verlängern, sollte es aber ‚freiwillig‘ tun.

      Also traditionell hieß Einwanderung in UK einfach hinfahren
      und in Deutschland war es sofort die Auseinandersetzung mit der Bürokratie.
      Die Bürokratie in Spanien ist nochmal eine eigene Nummer.

  4. „Tatsächlich zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Comres unter mehr als 1000 Briten: Nur ein Prozent derjenigen, die gegen die EU gestimmt haben, sind mit dem Ergebnis des Referendums unzufrieden. Die Mehrheit aller Briten ist dafür, das Ergebnis des Referendums anzuerkennen.“

    http://www.faz.net/aktuell/politik/brexit/referendum-drei-mythen-der-brexit-entscheidung-14311448.html#GEPC;s6

    Kam bei ARD und ZDF irgendwie ganz anders rüber. ^^

    Last Week Tonight with John Oliver – Brexit Aftermath

    https://www.youtube.com/watch?v=UzY5mB1lCc0
    https://www.youtube.com/watch?v=DBz14Buoaqk

  5. Ich finde es wichtig, die Aufteilung der Leave- und Remain- Befürworter nicht allein auf den demographischen Aspekt zu reduzieren – der sicherlich sehr relevant ist – sondern das zu schachteln, wie Stefan gerne mal sagt. Wichtige Aspekte in der Betrachtung scheint ein Zusammenspiel aus Demographie, Stadt-Land Gefälle, Nord-Süd Gefälle, Bildungsgrad und sozialer Absicherung zu sein, die sich alle gegenseitig verstärken. Ich finde das in diesem Blogpost ganz schön prägnant zusammengefasst: http://www.danielflorian.de/2016/06/24/brexit-ein-methusalemkomplott/
    Das soll keine Anschuldigung sein, ihr hättet das getan, viele der Faktoren kamen in den Beiträgen und Diskussionen vor. Es scheint mir allerdings, als würde sich im medialen Diskurs vermehrt auf den reinen Alt-Jung-Unterschied konzentriert, eine wunderbare Konfliktlinie die man leicht verbildlichen und zuspitzen kann, ohne beispielsweise auf die sozialen Spannungen in einem der Mutterländer des Neoliberalismus oder die Angst der Alten um ihre Gesundheitsversorgung legen zu müssen – die die Leave Kampagne ja in äusserst perfider Weise aufgenommen hat, indem behauptet wurde das eingesparte Geld komplett in den NHS zu stecken. Nicht nur ruderte man dort bereits massiv zurück, ich las auch schon man müsse vielleicht doch über eine Liberalisierung des NHS nachdenken.
    Es versprechen also spannende Wochen und Monate in England zu werden, keine Partei kann sich momentan ihrer Position sicher sein. Ich fürchte jedoch, dass sich die Aufmerksamkeit in spätestens 2 Wochen wieder komplett auf eine Sau richten wird, die die AfD durchs Dorf treibt. *seufz*

  6. BREXIT. Anwaelte und Banker muessen es nun richten (war ja nur eine Frage der Zeit):

    Credit Suisse flowchart on how BREXIT can be avoided ( http://news.forexlive.com/!/heres-the-credit-suisse-flowchart-on-how-brexit-can-be-avoided-20160627 )

    „Brexit“ – What Goldman Thinks Will Happen Next, And Who Will Hold The Next Referendum ( http://www.zerohedge.com/news/2016-06-27/brexit-what-goldman-thinks-will-happen-next-and-who-will-hold-next-referendum )

    & The First Casualty Of Brexit: Italy Prepares €40 Billion Bank Bailout ( auch zerohedge )

    1. Wird man das in den Tagesthemen sehen, oder die Bilder wie er Farage in seiner Cognac besoffenen Art und Weise umarmt, ihm was ins Ohr flüstert ?
      Führen sich z.B. DAX Vorstände so auf ?

      https://www.youtube.com/watch?v=ltokomw4UoQ

      Die Frage ist ja, was Murdoch bezweckt und welche Ziele er verfolgt.
      Diese Frage müßte man evtl. auch beleuchten ein paar Prozent sind das sicher auch.

      Jedenfalls, hat sich Murdoch in Schottland mit Trump getroffen,
      also auch von der Seite hat Tilo recht, wenn er davor warnt,
      Trump zu schnell abzuschreiben.
      Außerdem, glaube ich, dass unsere Medien quasi immer im „Wunschmodus“ berichten, daher der Schock nach dem Referendum.
      Man hat einfach die ganze Zeit berichtet, als wäre das Referendum gelaufen, man hat die yougov Umfrage zum Ergebnis erhoben und es ist bedenklich, wenn unsere Politiker darüber auch ihre Meinung bilden.

      http://money.cnn.com/2016/06/25/media/donald-trump-rupert-murdoch-scotland/

      http://indy100.independent.co.uk/article/this-terrifying-rupert-murdoch-quote-is-possibly-the-best-reason-to-stay-in-the-eu-yet–WyMaFTE890x

      https://www.thesun.co.uk/news/1355037/angry-jean-claude-juncker-asks-why-nigel-farage-is-still-at-eu-meeting-after-uk-votes-for-brexit/

      https://www.youtube.com/watch?v=40ule97jkRA#t=122.972879

  7. Danke für den Humor!

    Bin noch nicht durch, habe aber schon über „streetcredibility“ „Abwärtsspirale“ und „King Arthur“ gelacht.

    hach und jetzt auch noch der Kläääber! Herrlisch …

    Danke, danke!

  8. Hey Leute,

    Ihr habt wohl das wunderbare Wortspiel von Mr. Beast überhört. Er sprach von „Brexiteers“. Das kommt von „privateers“. Für Deutsche gäbe es vielleicht auf den ersten Blick einen false friend, übersetzt als Privatier oder privat, ganz harmlos. Aber im Englischen sind „privateers“ die Freibeuter und Kaperer. Das ganze britische Empire entstand durch Freibeuterei. Erst haben Sir Francis Drake und Sir Henry Morgan (schön geadelt für ihre Dienste für die Monarchie) und hunderte andere Freibeuter hauptsächlich spanische und portugische Conquistadoren ihre Beute abgejagt und später alles und jeden geplündert. So entstand das britische Empire aus einem bedeutungslosen, armen Inselreich. Darauf basiert auch das englische Banking-System mit den vielen Steueroasen, der Common Wealth, dem Äquivalent der Schatzinseln der Piraten und Freibeuter. Der Mr. Beast sagt also mit dem Kampfbegriff „Brexiteers“, sie seien Freibeuter, die sich nicht an die internationalen Regeln halten. Wer es etwas tiefgründiger mag, kann noch interpretieren, populistische, xenophobe Freibeuterei von den UKIP-Kollegen sei aber heute unmodern, denn die City of London macht das mit dem Banking-System, EU-Bürokratie und Freihandel.

    Normal mag ich Kampfbegriffe nicht, aber da steckt eine Menge Wahres drin.

  9. Jaja, der Brexit.

    Habt ihr euch eigentlich mal überlegt von Zeit zu Zeit auch über „alternative“ Nachrichtenformate zu sprechen? Ich habe nämlich gerade aus Versehen bei LeFloid zum Thema Brexit reingeschaut und war so mäßig bis garnicht begeistert. An dieser Stelle würde mich eure Meinung echt interessieren.

    Anderes Thema, Wirtschaftspodcast: Ich bin relativ neu in der Aufwachen!-Community und habe sicherlich einen Großteil der bisherigen Diskussion verpasst, hätte aber echt Bock das mal anzugehen.
    Da ich absolut keine, nada, niente, null Ahnung von Wirtschaft habe, also so wirklich garnicht, bräuchte ich schon noch ein paar halbwegs bewanderte Leute mit denen ich über das Thema quatschen könnte und die mir, und damit natürlich gleichzeitig den Zuhörern, auch das ein oder andere Themenfeld näher bringen können. Zur Not tut’s auch mein Namensvetter der hier schon einige male mitgewirkt hat 😛
    Technik und Know-How sind bei mir mehr als ausreichend vorhanden, ich würde mich auch um hosting & publishing kümmern, falls Stefan das nicht eh schon angeboten hat.
    Also ihr Wirtschaftswunder, meldet euch 😀

  10. Zum Thema Schweiz und UK:
    Die Schweiz kann man mit mit dem UK nicht vergleichen, sie war historisch gesehen schon immer neutral und liegt im wahrsten Sinne des Wortes im (logistischen) Herzen Kontinentaleuropas.

    Sie brachte damals also eine ganz andere Verhandlungsmasse in die Verhandlungen mit herein: Von einem Deal konnten beide Seiten nur profitieren (der Schock der Swissair die wegen dem Fehlen von Abkommen pleite gegangen sind hat die Schweizer auch aufgerüttelt).
    Trotzdem sind mittlerweile viele Politiker in Brüssel müde mit dem Stress der Bilateralen , vor allem in Verbindung mit der Masseneinwanderungsinitiative.

    Man muss bedenken: Sicherlich hat es auch im europäischen Wirtschaftsraum Platz für den einen oder anderen Free Agent, aber je mehr dazu kommen, desto höher wird die diplomatische Komplexität im Gesamtsystem. Viele, die die EU verlassen wollen übersehen eins: Es hat im europäischen Wirtschaftsraum eben nur Platz für eine Schweiz. Die Schweiz hat hier eine Nische belegt und keinen Präzedenzfall.

    Mit dem UK verhält es sich sowieso anders. Es ist -auch wenn ein großer Markt- geographisch isoliert. Dazu kommt, dass die Politiker aus England einfach gerne alle Benefits beibehalten möchten und Gleichzeitig die Verpflichtungen abgeben wollen. Sie hätten also gerne einen besseren Deal als sie vorher schon hatten. Doch was bringt das UK für Europa auf den Verhandlungstisch? Nichts außer eine Verschlechterung gegenüber des Status Quos. Ich kann mir bessere Voraussetzungen für fruchtbare Verhandlungen vorstellen.

    1. England hat immer noch den Commonwealth, der soweit ich weiß über 50 Staaten angehören( immerhin ca.30% der Weltbevölkerung. Und da die EU auch gerne mit diesen Staaten Geschäfte macht, ist die Ausgangslage weitaus besser als für die Schweiz. Die EU wird einen Teufel tun, und die Beziehungen zu GB aufs Spiel setzen, zumal GB mehr Wirtschaftskraft hat als Spanien und Italien gemeinsam. USA hat das schon kapiert, und angeboten seine Beziehungen zu intensivieren. Wie auch immer, so schlimm wird es nicht für GB.

  11. Interessanter Kommentar über den Nordirland-Aspekt:

    „Expanding on a comment from earlier, I also want to stress, really stress, how scary this is for me as a Northern Irish person and how fucking angry I am that the Northern Irish point is never, ever fucking discussed.

    The fact is that either they put a militarised border in place between North and South or all their silly, xenophobic talk of Fortress Britain will have been nonsense. A fully open border exists between the UK and the EU; one such example being my dad’s back fence, as I’ve said before.

    Putting in a border is bad for practical reasons, because people like my sister live in Donegal and work in Derry, and thousands do the same or vice versa, but MUCH MORE IMPORTANT are the psychological effects.

    Much of the Good Friday Agreement was predicated on free movement between north and south, and cross-border bodies that reinforced a soft-union of the two states, just enough to ameliorate nationalists but nothing close enough to a united Ireland to antagonise unionists. (Actually an awful lot of the legal framework for the GFA was strongly underpinned by existing EU laws, so constitutionally it may itself now need to be entirely re-ratified).
    But more importantly, making people undergo any form of border checkpoint between the two countries will not just be a fucking arse ache, it will massively inhibit the sense of self-determination most nationalists take from both NI and ROI being part of a wider state.

    I want to stress one thing here: THIS IS NOT A NEW THING FOR US. I’m only 30 and I remember checkpoints as a kid! I remember machine guns and dogs and my dad making sure we weren’t nervous while he was being asked patronising questions by the armed men inspecting his driving license and checking under our car for explosives. This used to be EVERY FUCKING DAY.

    This won’t be some new, novel weird thing – this will be a direct, unbidden return to something we fought very, very hard to get away from.

    That we were promised was over.

    That we finally thought we’d gotten away from.
    That thousands of very stubborn and dangerous people finally struck a peace for.

    To which we can only presume thousands of people now living owe their lives.

    And now we see it sleepwalk back in as a fucking SIDE EFFECT of a tussle for the momentary leadership of one fucking political party Northern Irish citizens don’t even have the right or opportunity to vote for.“

  12. Ihr habt mir mal wieder Anlass gegeben das Thema SPD aufzugreifen und eine zu erwartende Diskussion zu beginnen. Das lassen wir heute mal! 😉

    Den heute-journal-Beitrag zum Brexit habt ihr ja bereits wunderbar auseinander genommen. Vielleicht interessiert es Euch, was es tatsächlich mit dem Art. 50 EUV auf sich hat und wie klar die Rechtslage ist (oder auch nicht). Dazu dieser Artikel:
    http://verfassungsblog.de/franz-mayer-brexit-countdown/

  13. Glaubt Ihr wirklich das dieser Brexit mal eben und über Nacht allein vom Himmel gefallen ist ? Sieht jedenfalls so aus.

    Ich glaube dem nicht.
    Sieht aktuell aus wie ein konstruiertes Exempel.
    Auf das alle sehen sollen was mit Abtrünnigen geschehen wird.
    Dieses vorgespielte Geheule von Steinmeier und seiner Nachtschwester.

    Ich bin mal gespannt ob alles friedlich bleibt, oder ob der Laden England in sozialen Unruhen auseinander fliegt. 2 Jahre ist eine lange Zeit.

  14. 56:06 OMG, 100.000 m² leere Gewerbeflächen in Frankfurt?
    Wahnsinn, was für eine große Zahl. Das ist ja die Fläche eines ganzen Möbelhauses!

  15. Wieso kommen erst jetzt die Rechtsexperten zu sprechen?

    Ich schwoere, mit jeden neuen Tag nach dem #EUref/#BREXIT, kommen mehr und mehr Moeglichkeit hinzu, wie das verlaufen kann.

    Was ich am irrsinnigsten finde, ist das sich KEINE Zeitungen das Geld in die Hand genommen hat und einen Konstitutionsanwalt zusammen mit einem Politologen befragt hat mit „What If“ Szenarien.

    Ja klar, BBC[1], siehe Grafik, aber auch nicht wirklich ausfuehrlich.

    Dabei waere ja heraus gekommen das ein Leave Ergebnis nicht alleine rechtskraeftig ist aka „Raus ist Raus“ sondern nur „advisory“. Was waere wenn Cameron nicht gleich Article 50 aktiviert, sonder kuendigt? Und das ein neuer ausgehandelter Vertrag (was auch immer nach 2 Jahren Verhandlung rauskommt; schlecht, bitter, bitte nein) zurueck gehen muss zum Parlament und abgestimmt werden muss.

    Keiner hat Leave gefragt, wie man denn ein Parlament (was mehrheitlich (die MP’s) fuer Remain ist) dazu bringt, einen Vertrag mit der EU zu unterschreiben der schlechter ist als der Status Quo. Die Mehrheit der MP’s lehnt es ab, weil es ja in deren „conscience“ nicht gut ist fuer Grossbritannien …

    Ja, und dann ist man raus aus allem und muss mit WTO Regeln handhaben (tariffs). Oder neue Verhandlungen anberaeumen und kompromisse machen …

    Wieso kommen erst jetzt die Rechtsexperten zu sprechen? … Weil es nicht auf Seite 1 passt, und langweiliger ist als die Wahlkampfschlacht.

    Herr Schulz? Der Experte?

    1. Ich moechte noch hinzufuegen, dass der Artikle nach dem Fakt erschienen ist. Und nicht auf der Homepage/Frontpage/Seite 1 war. Und man nicht titelte mit einer clickbait Ueberschrift ala „Your #Brexit vote is worth nothing.“ „Biggest Opinion Survery finds: Brits don’t like being shafted.“

  16. Natürlich war ich geschockt, weil man wegen eigener kultureller Prägung durch britische Kulturexport nicht glauben konnte, dass die Briten derart abstimmen konnten. Ein Bild geprägt von Benedict Cumberbatch, Sascha Baron Cohen, James Bond, Adele und Game of Thrones und und und. Aber dieses Bild stimmte eben nicht, weil es geformt wurde von einer Kulturindustrie die international ausgerichtet ist – und am Ende doch nicht für England steht.

    Hier nun meine Meinung nach dem Schock:

    Wenn man Erklärungen für den Brexit in den nationalen und internationalen Medien und Politik verfolgt, dann wird einerseits schwellende Ausländerfeindlichkeit (in dem Fall Polen) genannt, die irrational sei, weil Großbritannien nie dem Schengener Übereinkommen beigetreten ist. Andererseits verweist man darauf, dass in Brüssel ist eine unerklärliche Bürokratie herrscht, die sich jeglicher demokratischen Kontrolle entzieht. Demnach ginge es um eine tiefe Sehnsucht nach verlorener nationaler Souveränität. Oder man betrachtet die Befürworter des Brexit gleich als uninformierten dummen Haufen Schafe (was auch teilweise zutrifft). Jedoch vermeiden all diese Erklärungsversuche eine längerfristige historische wirtschaftspolitische Betrachtung.

    Fakt ist natürlich, dass Großbritannien seit dem Beitritt 1973 – wie die EU insgesamt – erheblich gewachsen ist, aber dieses Wachstum vor allem auf einer Wachstumspolitik der Finanzindustrie seit den Blair-1990er Jahren (und Thatcherismus seit Ende der 1970er Jahre) beruhte, die weitgehend von und für Finanzeliten betrieben wurde. Unten kam davon nichts an.

    Wenn man aber die ursprünglichen Institutionen der EU betrachtet, die in den 1950er und 1960er Jahren geschaffen wurden als Reaktion auf Depression und Krieg der 1930er und 1940er Jahre, dann war deren Zweck vor allem Vollbeschäftigung zu schaffen und Wohlstand auf breiter Basis wieder aufzubauen. Und es hat erstaunlich gut funktioniert und man hatte alle Menschen im Blick. Die Politik seit Thatcher jedoch war eben ein Kapitalismus, der eben die einfachen Menschen nicht mehr im Blick hatte. In den 1990er Jahren, als die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft dann zur Europäischen Union wurde, begann die Ära des Neoliberalismus. Nur kam sie dann von Großbritanien über den ganzen Kontinent und alle machten mit.

    Doch dann kam eben der finanzielle Zusammenbruch von 2008. Die Reaktion war aber keine behutsame Umkehr, sondern eine vermeintliche Schockherapie durch eine Sparpolitik, durchgesetzt von politischen Zwergen in Brüssel und Berlin, die sich in vielerlei Hinsicht schlimmer als die Krankheit herausgestellt hat, gerade für die ökonomisch schwächeren Schichten in Europa. Die folgliche steigende Unzufriedenheit hat aber nicht dazu geführt, dass diese für diese Politik Verantwortlichen verschwanden, sondern das Vertrauen in Institutionen insgesamt. Mit anderen Worten: Das eine Prozent hat den Krieg gewonnen, wie George Soros schon sagte, aber das System hat die Bevölkerung verloren. Und nun haben wir den Salat.

    Insofern ist es also zwar durchaus wahr, dass diejenigen, die für Brexit gestimmt haben, keine Ahnung von Fakten und Details haben und natürlich wird es wahrscheinlich Großbritannien schlecht gehen. Aber sie haben eines erkannt: Das dieses gewachsene Wirtschaftssystem des Finanzkapitalismus nur wenigen dient und sie nie dazugehören werden. Einen Tellerwäschertraum gibt es vielleicht nur noch in Castingshows im Privatfernsehen.

    Und was wird nun passieren meiner Meinung nach? Nun ja, ich bin da mehr pessimistisch. Statt einer Rückbesinnung auf die früheren Ziele der EG wird es ein weiteres Wurschteln der EU mit der strengen Zuchtmeisterin Merkel geben. Deutschland, Architekt und Vollstrecker dieser Politik, wird es ganz okay gehen und deshalb wird es hier auch keine Regierung geben, die mehrheitlich das ändern will. Der Rest von Europa wird immer mehr wie Griechenland werden. Das wird den politischen Extremisten auf der rechten Seite noch mehr Aufwind geben, auch in den Verliererregionen Ostdeutschlands.

    Die Abwesenheit jeglicher Art einer Neuausrichtung der Politik und ihrer Entscheidungen lässt also den Blick auf eine wahrscheinlich dunklere Zeit für Europa zu, in der Ultranationalisten und Neofaschisten noch mehr an Boden gewinnen werden. Ausgang offen.

    1. Erster Absatz; „und am Ende doch nicht für England steht.“ Hast du „Little Britain“ verpasst?[1]

      Passt schon mit der Realitaet, der Selbstueberschaetzung und dem schwelgen in alten Zeiten.[2]

      [1] Little Britain UK S02E01 – Full Episodes – https://youtu.be/1LYzEO_xaAA
      [2] VICE News – ‚Leave‘ voters are willing to give up access to the EU market to stop immigration – https://youtu.be/jofDZjruhD4

  17. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/warnung-von-vizekanzler-gabriel-wenn-die-eu-kommission-das-macht-ist-ttip-tot-a-1100425.html

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/ttip-und-freihandel/entscheidung-ueber-ceta-juncker-bestaetigt-ausschluss-nationaler-parlamente-14313977.html

    Vielleicht wollen die uns verarschen – aber nur ganz leicht…und mir ist irgendwie schlecht – aber nur ganz leicht. Ich dachte immer Demokratie ist sowas, wie ein wohlschmeckendes Gericht – aber jetzt zu Zeiten der EM betreibt man Burying. Die Frikadellen der EU-Demokratie, die wir schlucken sollen haben jetzt anscheinend einen Klärschlamm-anteil.

    1. Ich möchte an dieser Stelle nur an folgende Aussage von Jean-Claude „Korruption“ Juncker erinnern:

      http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15317086.html

      So war er schon immer. Der Willen der Bürger hat ihn noch nie interessiert, er denkt einzig in Machtstrukturen. Und die will er auch durchsetzen. Nicht anders ist auch seine dumme Geste zu interpretieren, dass er seinen Kollegen immer auf den Kopf tätschelt oder sogar eine klatscht. Das ist ein Versuch, eine Geste der Unterwerfung. Juncker ist vielleicht nicht der schlimmste in Europa, Merkel und andere „Genossen“ drücken ihre Agenda nur wesentlich subtiler durch, aber er ist definitiv einer derjenigen Verbrecher, an denen das gesamte System krankt. Und zwar schon immer.

  18. Noch etwas zu Corbyn: ich habe vor kurzem zwei Artikel gelesen, die sich unter anderem damit auseinandergesetzt haben, ob er genug für die Remain-Seite getan hat.

    Einmal von Politico, zu Corbyns Haltung gegenüber einer möglichen Zusammenarbeit mit Cameron, um den Brexit zu verhindern:

    „Less than a month before the historic EU referendum, the team assembled by Cameron to keep Britain in the European Union was worried about wavering Labour voters and frustrated by the opposition leader’s lukewarm support. Remain campaign operatives floated a plan to convince Corbyn to make a public gesture of cross-party unity by appearing in public with the prime minister. Polling showed this would be the “number one” play to reach Labour voters.

    Senior staff from the campaign “begged” Corbyn to do a rally with the prime minister, according to a senior source who was close to the Remain campaign. Corbyn wanted nothing to do with the Tory leader, no matter what was at stake. Gordon Brown, the Labour prime minister whom Cameron vanquished in 2010, was sent to plead with Corbyn to change his mind. Corbyn wouldn’t. Senior figures in the Remain camp, who included Cameron’s trusted communications chief Craig Oliver and Jim Messina, President Obama’s campaign guru, were furious.

    Even at more basic levels of campaigning, Labour were refusing to cooperate. The party would not share its voter registration lists with Stronger In, fearing the Tories would steal the information for the next general election. “Our data is our data,” one senior Labour source said when asked about the allegation.“

    Und einmal von der BBC, zu der Frage, ob Corbyn die Kampagne nicht sogar aktiv sabotiert hat:
    „And documents passed to the BBC suggest Jeremy Corbyn’s office sought to delay and water down the Labour Remain campaign. Sources suggest that they are evidence of „deliberate sabotage“.

    One email from the leader’s office suggests that Mr Corbyn’s director of strategy and communications, Seumas Milne, was behind Mr Corbyn’s reluctance to take a prominent role in Labour’s campaign to keep the UK in the EU. One email, discussing one of the leader’s speeches, said it was because of the „hand of Seumas. If he can’t kill it, he will water it down so much to hope nobody notices it“.

    A series of messages dating back to December seen by the BBC shows correspondence between the party leader’s office, the Labour Remain campaign and Labour HQ, discussing the European campaign. It shows how a sentence talking about immigration was removed on one occasion and how Mr Milne refused to sign off a letter signed by 200 MPs after it had already been approved.

    The documents show concern in Labour HQ and the Labour Remain campaign about Mr Corbyn’s commitment to the campaign – one email says: „What is going on here?“ Another email from Labour Remain sources to the leader’s office complains „there is no EU content here – we agreed to have Europe content in it“. Sources say they show the leader’s office was reluctant to give full support to the EU campaign and how difficult it was to get Mr Corbyn to take a prominent role.“

    Hier noch die Links zu den Artikeln, falls die jemand komplett lesen möchte:
    http://www.politico.eu/article/how-david-cameron-lost-brexit-eu-referendum-prime-minister-campaign-remain-boris-craig-oliver-jim-messina-obama/#superComments

    http://www.bbc.com/news/uk-politics-36633238

  19. 5 Sätze vorweg, danach wird es etwas allgemeiner und länger. Du kannst da aufhören zu lesen, wenn du magst Tilo.

    Ob wir, ich, auch geschockt war(en)? Hm, nein.
    Ich bin auch verwundert, dass ihr es seid, denn durch hören eures Podcasts und eure Gedankenanstöße sowie -gänge sehe ich dem eventuellen sogenannten entspannt „Brexit“ entgegen.
    Weder ist des Ref bindend, noch ist es unmöglich Handelsabkommen zu stricken, auch die Kooperation mit Schengen ist möglich.
    Das was ich interessant finde ist, dass alle meine 3 Freunde (<25) aus dem Vereinten Königreich, speziell England, auswandern wollen oder bereits angefangen haben zu planen (Auslöser sei das EurRef) und das könnte die politische Leutchen innerhalb des Vereinten Königreiches unruhig machen, weil das einen Geschmack eines Stefan'schen "brain drain"s hat.

    Ich bin ein fan. Ein kleiner fan.
    (habe alle Folgen von 1 bis nun seit einem halben Jahr genossen + J&N + Radio- u Fernsehfeatures. Vllt ist das schon etwas verrückt.)
    Von den lockeren Erklärbärstunden mit Stefan und Gästen bis zu den neckischen Einwürfen vom lieben Tilo. Große Liebe für euch beide.
    Ich verfolge die BPK seit 1+ Jahr und habe mit dem Anfang der uploads des 1. Aufwachen!s (08x) auf Jung&Naiv gemerkt, dass es da mehr Tilo und den bis dato mir noch unbekannten Stefan gab/gibt.
    Hab' mich direkt verliebt – metaphorisch gesprochen -, denn ich konnte nicht genug bekommen von den Hintergründen und Abgründen, die sich da auftun und habe – hier bin ich schuldig – euch als Nachrichtendiät zusätzlich benutzt, um selber zu wissen was so los ist in der Welt.
    Stichwort Nachrichtendiät: Ich selbst verfolge viel Karbarett, Satire und die BPK und podcasts, wie A! bspw.
    Abseits von Nachrichten erfahre ich durch gezieltes folgen auf Twitter und abonnieren auf YT.
    Tw und YT streng nach dem „pull“-Verfahren – unbewusst, bis mich Sascha darauf aufmerksam gemacht hat und dies mit der Stamina Methode optimiert noch weiter optimiert.

    Für meine eigene Nachrichtendiät bin ich verantwortlich und gehe damit so umsichtig, wie möglich um. Vllt nicht genug, aber wie auch. Es gibt kein „perfekt“.
    Dazu verholfen es zu approximieren, haben mir die legendären Folgen mit Rena, Klaus, Sascha und Elmar sehr geholfen.
    Danke.
    Für eure Worte, auch wenn Ihr sagt, dass sie keinen Wert als gesprochenes Wort haben – sie bedeuten mir viel. Ich habe viel gelernt.
    Für eure Memes.
    Für eure grandiosen Gäste, alle.
    Für die Verbesserung meiner eigenen Diät.
    Für Stefans Buch – ich kaufe es sobald ich kann, ich bin super gespannt!
    Für Tilos unermüdliche Arbeit und unglaubliche Krankheitsresistenz.
    An dieser Stelle aufhörend: Wie machst du das? Wie bleibst du gesund bei diesem Killerunternehmen?

    Auch die rants des Stefans waren mir sehr gelegen. Favoriten seien hierbei, wie Stefan einfach nur noch wg Folterfernsehen abgekotzt hat, so richtig und den ollen Heiko Maas öfters zerlegt hat sowie einen kleinen Wutanfall in der vorigen Ausgabe hatte.
    Leider hat dieses therapeutische Schauen in meinen Augen einen negativen Effekt verursacht. Bzw war oder ist das evtl nicht therapeutisch genug?
    Durch meine bingehearing sessions mit A! habe ich gemerkt, wie der Stefan immer zynischer und Tilo stiller wurde. Das finde ich schade, da ich gerne den Tilo höre und den Sonnenschein, den Stefan auf Twitter trägt und in den podcast hineintrug, am Anfang des Projekts geradezu herausgehört habe, lieben gelernt hab'. Das war schön. Ich will damit jetzt nicht dieses lästige back to the roots Argument aufmachen. Nein! Gott bewahre.
    Ich mag es anmerken, weil es mir kleinem Licht aufgefallen ist. Vllt hilft es euch neuen Schwung zu finden? idk
    Ich fände es schön, wenn Tilos Redeanteil wachsen würde. Gefühlt ist Stefan mit seinen schönen melodiösen Voträgen da etwas dominant.
    Zusatzfrage an Stefan: Wie analysierst du so gut? Tips? Wie lernt man es? Das gehörte aufnehmen und aufzuschlüsseln. Ich verstehe oft in den BPKs nur Charlie Brown'sches "Nagh Nagh Nagh", wobei ich Plate und Dimrodt durch dauerndes zuhören inzwischen entschlüsselt habe. Habe ich es mir damit selbst beantwortet? Einfach immer öfter zuhören und nachdenken, was gesagt wird? Oder gibt es da noch einen Trick, den ich nicht kenne?

    So ein großer Fan scheine ich aber auch nicht zu sein, denn ich bin nie als Produzent noch als Unterstützer aufgetaucht. Tja.
    Ich würde da gerne was machen, da Ihr mir, obschon fremd seid, sehr ans Herz gewachsen seid. Ja auch Theiler! Mehr Theiler!
    Hm. Vllt reicht es ja schon dem WiPo etwas in den Hintern zu treten und etwas zuzuliefern. Ich hätte Interesse und Zeit sowie Lust. Künstlerisch for ein Intro, Emblem oder als Laberpodcastmensch.

    Das ist jetzt größtenteils nur Prosa, Fanpost und Anregung gewesen.
    Verzeiht, wenn es zu unordentlich erscheint.

    Danke für eure Arbeit und freiwillig erduldeten Qualen
    sky

    1. Danke für den lieben Post!

      Gegen ein neues Logo/Emblem hätt ich spontan nix 😉

  20. Stefan hat bewusst gelogen, als er sagte, dass die Briten die Migration immer im Griff hatten. Die Briten mussten den Arbeitsmarkt für EU-Bürger öffnen. Diese Freizügigkeit ist nun einmal Standard in der EU. Durch solche Lügen und andere plumpe Propaganda von der Remain-Seite ist die Abstimmung so gelaufen, wie sie gelaufen ist.

    1. Die Migration von Flüchtlingen hatten die Briten immer im Griff. Das ist ein großer Unterschied.

    2. Es gibt aber die vielen Migranten aus dem Commenwealth. Deswegen wollen die Briten jetzt keine Leute mehr aus Osteuropa. Die Erweiterung der EU nach Osten hat jetzt dazu geführt, dass sie im Westen schrumpft.

  21. Es ist wichtiger in einem Rechtsstaat zu leben, als in einer Demokratie. Genau der Brexit ist ein sehr gutes Beispiel dafür. Damit eben nicht populistische pseudo-demokratische Referenden über das Wohl einer Bevölkerung entscheiden.

    1. Danke fuer den Link.

      #horseracejournalism #postfactelectioncampaign #ratings #salesmantactics[1]

      Stefan kann ja das nochmal anbrechen in der naechsten podcast episode. Er hat es ja schon angeschnitten, am ende (2:22:30), „wie gehen wir mit Menschen um?“ Emotionen. Herzensthemen. Identitaet. Wandel/Veraenderungen, das Unbekannte, das Neue etc … und der YouTube Anhang (22:55) wo der Frau (lokale Leave Unterstuetzering) die Traenen kommen.

      Moechte dem allen, was schon drueber gesprochen und analysiert wurde, diesen link hinzufuegen:

      If Your Argument Is Based on Economics, You’ve Already Lost (Harvard Business Review Blog) – https://hbr.org/2016/06/if-your-argument-is-based-on-economics-youve-already-lost

      Bin drueber gestolpert auf Reddit. Der thread[2] hat schon ueber 300 Kommentare.

      [1] How Donald Trump Answers A Question – https://youtu.be/_aFo_BV-UzI & Why Donald Trump Is A Gift To Democracy – https://youtu.be/9Tji1g0WrPw
      [2] https://redd.it/4qe6cp

  22. Ich bin Teil der Generation easyJet. Allerdings habe ich es vor ein paar Jahren über das Streckennetz des Billigfliegers hinaus geschafft und flieg seitdem AirAsia.
    Ich habe den brexit also aus der Ferne wahrgenommen. Schlimme Entwicklung keine Frage. Ich glaube, dass den meisten Menschen tatsächlich die Perspektive fehlt, wie es ohne EU wäre. Politiker und Medien kommen dann ja gerne mit dem zweiten Weltkrieg… gähn.
    Aber auch heutzutage kann man wunderbar sehen, wie es uns wahrscheinlich ohne EU gehen würde. Und zwar im Süd-Chinesischen Meer. Nehmen wir Natuna Island. Eine kleine Insel, nachder ich als Wahl Indonesier erstmal googlen muss.
    Neulich hat der indonesische Präsident seine Truppen vor Ort besucht. Zwei Tage danach wurde ein Transportflugzeug der malayischen Armee von zwei indonesischen Jets eskortiert, als es die Insel überflogen hat. Indonesien streitet sich öfters mit Malaysia um kleine Inseln in der Region und hat bereits einige Inseln aufgeben müssen. Dann ist da noch China. Die Chinesen stellen zwar keine Gebietsansprüche – dafür aber auf die Gewässer, weshalb der indonesische Präsident auf einem Kriegsschiff nach Natuna Island gereist ist.
    Klar, man kann Birnen nicht mit Äpfeln vergleichen – aber gäbe es hier in Asien einen Verbund, der ähnlich einflussreich wäre wie die EU (ASEAN? Guter Witz!), dann könnte man sich die ganze Waffenschau sparen und gemeinsame Fangquoten festlegen.
    Wie auch immer die Zukunft der EU aussieht – ohne die Britten wird sie deutlich an Relevanz verlieren.

    Übrigens arbeitet meine Frau als Moderatorin für ein imageboard. Erstaunlich, wie die englischen Jugendlichen vom Galgenhumor (ein Schokoriegel £87) zu blankem Hass gegen die alte Generation, wieder zu Katzenbildchen zurückgekehrt sind. Wahrscheinlich verdient es meine Generation einfach nicht anders.

    1. > „Generation […] Katzenbildchen“

      Ich hoffe das Emoji-Only-Mitteilungen, Notifications und GIF’s das, Millenials, nicht noch schlimmer machen.

  23. Danke für diese Folge, ihr habt einige sehr interessante Denkanstoesse geliefert. Seit einiger Zeit lebe und arbeite ich in London, komme ursprünglich aus Deutschland und habe daher die britische Politik sehr aufmerksam verfolgt und finde, dass ihr ein Paar wichtige Kleinigkeiten vergessen habt, was schnell passieren kann, wenn man ein Paar Besonderheiten hier vor Ort nicht kennt und mich stark an meine anfänglichen Verständnisprobleme mit der Politik hier auf dieser Insel erinnert haben.

    Zunächst wäre da das Ding mit der Migration. In Deutschland geht es bei diesem Thema vor allen Dingen um Flüchtlinge, hauptsächlich aus arabischen Ländern, die vor Krieg und Hunger fliehen. Diese spielen in der hiesigen Debatte allerdings nur eine untergeordnete Rolle, sondern es geht vordringlich um EU Migration. Als Polen der EU beigetreten ist, haben viele Polen in der Arbeitnehmerfreizügigkeit eine Chance gesehen und haben sich hier in GB angesiedelt und sind insbesondere in schlechter bezahlten Jobs oder im Baugewerbe und Handwerk untergekommen, also in traditionellen Working Class Jobs. Es haben sich hier polnische Communities gebildet und so findet man beispielsweise in gewöhnlichen Londoner Vorstadtsupermärkten oft ein Regal, mit polnischen Produkten, was ein Indikator für einen nicht unerheblichen polnischstämmigen Bevölkerungsanteil sein könnte.

    Wie es eben leider so ist, war die Freude über die neuen Einwohner eher gering und eine Zeitlang haben Qualitätszeitungen, wie die Daily Mail, gut davon gelebt, ihre Auflage mit Polenhetze zu steigern und damals die Saat für die rassistischen Resentiments gelegt, die im Brexit Votum nun voll aufgegeangen ist.

    Eben diese Daily Mail ist hier in der öffentlichen Wahrnehmung auch das wichtigste konservative Hetzbaltt schlechthin. Die in Deutschland eher populäre und etwas weniger hetzerische Sun liegt deutlich dahinter. Gegen die Berichterstattung und reisserischen Titel der Mail ist selbst die Bildzeitung ein Hort journalistischer Ehre und Vorbildlichkeit.

    Deutschland hat seinerzeit Polen für vier Jahre vom Deutschen Arbeitsmarkt ferngehalten und dazu eine Ausnahme von der Arbeitnehmerfreizügigkeit mit der EU ausgehandelt, Tony Blair hingegen hat darauf verzichtet. Ich will das gar nicht moralisch bewerten, nur soviel dazu, wenn die EU heutzutage erklärt, es könne keine Ausnahmen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit geben.

    Nach den Polen kamen weitere EU Migranten aus wirtschaftlich schwächeren Staaten, wie Bulgarien und Rumänien oder neuerdings den südeuropäischen Ländern wie Griechenland oder Spanien und die meisten von ihnen finden sich in traditionellen Working Class Jobs wieder, so findet man in London selten ein Café der beliebten Kette Pret a Manger, wo man nicht von einem dieser Migranten und Migrantinnen bedient wird, oder eine Baustelle, wo die behelmten Jungs in gelben Westen nicht in polnisch oder einer anderen osteuropäischen Sprache miteinander sprechen.

    Der im europäischen Vergleich stark unregulierte Arbeitsmarkt, das Schaffen von Jobs um jeden Preis, hat England dazu sehr attraktiv für Glücksritter aus diesen Teilen der Welt gemacht und wie finster dieser Arbeitsmarkt vor Ort aussieht, kann man sich beim Prozess um die unmenschlichen vormodernen Arbeitsbedingungen in den Lagern der hierzulande sehr beliebten Sportartikelkette Sports Direct gut vor Augen führen.

    Es gibt Statistiken, die besagen, dass die EU Einwanderer dem GB am Ende einen Steuerüberschuss bringen, es gibt andere Statistiken, die die Mehrbelastungen für die Gesundheitsbehörde NHS und andere öffentliche Dienstleistungen miteinberechnen, die zu dem Ergebnis kommen, dass der Überschuss dadurch wieder aufgefressen wird. Nun ist Statistik bekanntlich geduldig.

    Zweifelsohne ist es so, dass hier Menschen am unteren Ende der Einkommenspyramide gegeneinander ausgespielt werden. So werden die Sorgen der englischen Working Class nicht ernst genommen, die unter Jahrelanger harter Austeritätspolik leidet, unter einer extremen Wohnungsknappheit gerade für die unteren Einkommen und Einschnitte bei der Gesundheitsbehörde NHS (wenn ich hier zum Arzt gehen will, gehe ich in eine NHS Praxis oder ein NHS Krankenhaus, das System ist kein Verischerungssystem wie in der BRD, sondern steuerfinanziert) oder Mehrbelastungen im Schulwesen. Dies hat den Eindruck Verstärkt, dass durch die Migranten die Versorgungsqualität und die Situation um den knappen Wohnraum sich weiter verschlechtert hat, dass man ewig auf Facharzttermine und Operationen warten muss und die Schulen mit den Zahlreichen Migrantenkindern aus allen Nähten Platzen.

    Statt einer verfehlten Austeritätspolitik die Schuld zu geben, wird diese lieber bei den polnischen Nachbarn gesucht und insbesondere Daily Mail und Co sehen darin eine einfache Methode, Zeitungen zu verkaufen oder Klicks zu generieren. Für rechte Politiker ein gefundenes Fressen, um von den eigentlichen Ursachen abzulenken.

    Nun hat David Cameron in seiner unendlichen Weisheit im Vorfeld der letzten Wahlen angekündigt, die Zahl der ankommenden EU Migranten unter 100 000 Personen pro Jahr zu senken, wohl wissend, dass dies eine nicht einhaltbare Phantasiezahl ist. Auch das ist in der Brexit Debatte immer wieder vom Leave- Lager aufgenommen worden um gegen die EU zu argumentieren und in der Working Class auf Stimmenfang zu gehen.

    Labour hat den Zugriff auf diese ehemalige Stammwählerschaft besonders in England verloren, was die Stimmauswertungen im EU Referendum klar belegen. Lokalpolitiker, die um für Labour zu werben von Haustür zu Haustür gegangen sind (hierzulande eine beliebte Wahlkampfmethode), haben oftmals gehört „I’m English, Working Class, not a member of a minority and I’m not on benefits, so Labour is not for me.“ Labour wird als eine Partei der liberalen Middle Class gesehen, die Politik für schöngeistige Gutverdiener macht, die ausser Sonntagsreden für die Working Class nichts zu bieten hat und sich statt dessen um Minderheitenprobleme wie Geschlechtergleichheit, LGBT Rechte, Rassismus oder Flüchtlinge kümmert, „far too much Hampstead and not enough Hull“, wie es der populäre Labour Politker Andy Burnham formuliert hat.

    Die Remain Kampagne hatte in allen Umfragen geführt, bis Leave damit begann, mehr und mehr auf diese Migranten Thematik zu setzen. Daher ist es mehr als dreist, wenn Boris Johnson sich jetzt in seiner berühmt- berüchtigten Daily Telegraph Kolummne (für die er lockere 250 000 GBP im Jahr bekommt) hinstellt und erklärt, dass die Rückgewinnung politischer Souveränität, die Rückgewinnung der Gesetzgebungskompetenzen von einer als undemokratisch und übergeschnappt wahrgenommenen Brüsseler Behörde zurück nach Westminster, beim Wähler den Ausschlag zugunsten von Leave gegeben hätte. Das mag für einen kleinen Teil der traditionellen Wählerschaft der Konservativen sicher so gewesen sein, aber bestimmt nicht bei der frustrierten Working Class, die den „Eliten“ einen Denkzettel verpassen wollte und Angst vor weiterer Migration hat.

    Ohne das Thema der EU Migration anzugehen, wird Labour bei der Working Class auf absehbare Zeit nicht mehr punkten können und hier wird es schwer, einen Königsweg zu finden, der sich nicht in tumbem Rassismus verrennt und sowohl Hull als auch die liberalen Besserverdiener aus Hampstead ins Boot holt.

    Was direkt zur Personalie Jeremy Corbyn führt. Corbyn war die meiste Zeit seiner Abgeordnetenkarriere ein kauziger Hinterbänkler aus dem Labour Mutterland Nordlondon (geanuer Islington, Per Anhalter durch die Galaxis Fans dürften davon mal gehört haben), der gerne kontrovers seine eigene Meinung vertreten hat und seine Prinzipien stets über die Parteidisziplin gestellt hat. Ein Sozialist klassischer Prägung, in Deutschland würde man ihn wohl als „alt 68er“ kategorisieren, der sich seit dem politisch nie verändert hat.

    Nach der verlorenen Parlarmentswahl herrschte bei Labour Katerstimmung, wenige Wochen zuvor noch hatten die Umfragen gute Aussichten bescheinigt, Cameron abzulösen. Die Tories hatten fünf Jahre lang eine knallharte Austeritätspolitik durchgezogen und waren daher nicht sonderlich beliebt, dennoch schaffte es der etwas linkische und im öffentlichen Auftreten unbeholfene Kandidat Ed Miliband nicht wirklich zu punkten, es schien immer so, als sei Labour nicht wegen sondern trotz Miliband noch gut im Rennen.

    Dazu kam für Labour das Problem, dass wenige Monate vor der Parlamentswahl das schottische Unabhaengigkeitsvotum stattfand und im Zuge dessen die schottische SNP (politisch links von Labour zu verorten) stark im Aufwind war. Aufgrund der Besonderheiten des englischen „First Past The Post“ Wahlsystems war Schottland, was traditionell Labour viele Sitze bescherte, verloren und die Tories beschworen, dass die SNP nun ins Parlarment käme, wohl mit Labour koalieren könne und dann die Wirtschaft verloren sei. Project Fear, eben. Dazu konnten die Tories die Legende bilden, dass der durch Bankenrettung stark gebeutelte Haushalt aufgrund von Labours inkompetenter Wirtschaftspolitik und Jahrzentelangem Missmanagement so schlecht dastand und eben nicht durch die Bankenrettung. Die harten Austeritätseinschnitte seien daher nötig und Labour könne man eben gerade wegen der Wirtschaft nicht vertrauen. Die Migrationspolitik spielte bei der Parlamentswahl eine eher untergeordnete Rolle. Das man Cameron mit der Wirtschaft unbedingt hatte vertrauen sollen, hat er im Nachinein eindrucksvoll bewiesen.

    Die von Labour fast schon gewonnen gelaubte Wahl wurde hoch verloren, die Konservativen hatten die absolute Mehrheit erreicht und keiner wusste so recht weiter. Miliband wurde für alles und jenes, einschliesslich des schlechten Wetters verantwortlich gemacht und in der folgenden Wahl zum neuen Parteivorsitzenden schien keiner der Kandidaten die frustrierte Parteibasis zu überzeugen. Ähnlich wie in der angeschlagenen SPD, wenn denen nichts besseres einfiel, als auf Steinmeier den frischen und unverbrauchten Gabriel folgen zu lassen. Plötzlich kam Corbyn wie aus dem nichts und endlich war da jemand, der nicht die immer gleiche neoliberale Legende rötlicher Färbung wiederholte, sondern für echte Prinzipien und traditionelle linke Werte stand. Jemand der eine wirkliche Alternative zu bieten schien, eine alternative Wirtschaftpolitik anbot (Stichwort Corbynomics) und es schaffte, gerade bei den jüngeren Leuten Begeisterungsstürme hervorzurufen. In der Londoner Ubahn sah ich immer mehr Studentinnen und Studenten, die neben Insignien von Indiebands einen Jeremy Corbyn Sticker am Revers trugen. Die Presse von links wie rechts schlug auf Corbyn ein, unwählbar sei er, seine Wirtschaftspolitik vom Mond, er würde für die rückwärtsgewandten altlinken Werte der 1980er Jahre stehen und sei auch noch Vegetarier. Was die Presse übersah, war dass er im Gegensatz zu den anderen Kandidaten eine wirkliche Alternative zu haben schien und Hoffnung versprach, so wurde er dann trotz aller Widrigkeiten zum Parteivorsitzenden.

    Dennoch ist es ihm nie gelungen, die Partei wirklich hinter sich zu bringen. Was auch darin begründet war, dass er nicht in der Lage schien, Cameron wirklich anzugreifen. Cameron kaufte ihn in Diskussionen im Parlament immer wieder den Schneid ab und selbst wenn Cameron sprichwörtlich ohne Deckung dastand und Corbyn nur den finalen Haken setzen musste, zauderte er, verfing sich in Themen, die ihm persönlich wichtiger waren, als dem Rest seiner Partei und konnte so auch wenig Leute auf seine Seite ziehen. Es schien, als sei Corbyn einfach zu kauzig, zu wenig charismatisch und dazu sehr schwierig und unsouverän im Umgang mit der Presse. Da die nächste Parlamentswahl weit entfernt schien und Hoffnung bestand, dass Corbyn das Parteiführersein lernen und an seinem Charisma arbeiten könnte, bestand keine direkte Veranlassung zur Sorge, wenn man prinzipiell an seine Botschaft glaubte. Bis zur Brexit Kampagne.

    Es gab Gerüchte, Corbyn sei in seinem tiefsten Herzen ein Gegner der EU. Sicher aus anderen Motiven, als die Tories, er hielt die EU für ein undemokratisches, neoliberales Konsortium, was Profit über die Menschen stellte und daher eigentlich anzulehnen sei. Nun sollte er aber genau dafür kämpfen und zurecht wurde ihm Halbherzigkeit vorgeworfen.

    Bei seinen Wahlkampfauftritten vergas er seinen Text, vermochte niemals wirklich leidenschaftlich zu reden und mied die grossen Bühnen. Während Cameron seine berühmte Angstmachertaktik durchführte und ein wenig hysterisch, wenn auch realistisch, vor den wirtschaftlichen Folgen eines EU Austritts warnte (welche von der Gegenseite in einem Paradebeispiel für gutes Branding als „Project Fear“ abgetan wurde), versäumte es Corbyn zu der Debatte etwas beizutragen oder zu erklären, was abseits von Project Fear die EU Gutes für die Gesellschaft leisten würde. Er schien nie überzeugt und die Labour Seite der Remain Kampagne war am Ende so verzweifelt, dass man den nie wirklich beliebten Gordon Brown aus seiner Gruft holte, damit dieser wenigstens mal ein Paar leidenschaftliche Reden halten könnte. Corbyn hat es einfach vermasselt.

    Jetzt steht der Brexit vor der Tür, die Konservativen haben mit ihrem sinnlosen Referendum der Wirtschaft enormen Schaden zugeführt, das Pfund ist auf dem tiefsten Stand seit Jahrzehnten, Großbritannien könnte sich nach Jahrhundertelanger Geschichte in Einzelteile auflösen, die Leave Kampagne scheint überhaupt keinen Plan für den Gewinn des Votums gehabt zu haben, Cameron ist zurückgetreten, die Nation steht quasi führungslos im Regen und es sollte für die Oppostion doch nun kinderleicht sein, in dieser Situation zu Punkten.

    Statt dessen steht Corbyn scheinbar auch völlig planlos dar, wird von allen Seiten zum Rücktritt gebeten, weil eben auch er die Kampagne vermasselt hat, überlässt er seine Partei lieber einem Kleinkrieg, statt sich der Probleme des Landes zu stellen. Ich hatte auch Hoffnung in ihn gesetzt, aber gerade sein jetziges Verhalten zeigt leider, dass die Schuhe als Parteiführer ein Paar Nummern zu gross für ihn sind und er der Verantwortung einfach nicht gewachsen ist.

    Schließlich noch so viel zu Cameron und Boris Johnson und der Situation nach dem Brexit.

    Warum hat Cameron dieses Votum überhaupt durchführen lassen? Er hat ein gefährliches politisches Vabanquespiel betrieben, um eine Minderheit in seiner Partei zu befriedigen und ggf. UKIP einen Wahlkreis streitig zu machen. Dabei hat er aus persönlicher Eitelkeit die politische Zukunft seines Landes riskiert, in endloser Arroganz von einem Sieg bei diesem Referendum ausgehend. Auf der Gegenseite Johnson, sein alter Verbündeter. Ein Mann, der immer ein bisschen so wirkt, wie der merkwürdige Onkel auf einer Familienfeier, der immer ein, zwei Bier zuviel trinkt und dann albernes Zeug tut und redet, den man aber dennoch gerade deswegen irgendwie lieb hat. Der bewusst mit diesem Image spielt und in seiner Grossmanssucht als Londoner Bürgermeister Eitelkeitsprojekte, wie teure dysfunktionale Busse, megalomanische Bauprojekte und eine an Irrsinn kaum zu überbietende teure Gartenbrücke auf den Weg gebracht hat. Dieser Mann stellt sich an die Spitze der Leave Bewegung, nutzt sein populistisches Potential aus, seine Redegewandheit und tut dies offenbar nicht, weil er unbedingt die EU verlassen will, sondern nur um seine Chancen im Machtkampf auf den Ministerpräsidentenposten zu erhöhen. Denn scheinbar hat er ja keinen Plan, er der gern laute Reden hält und an dem Morgen, als er seinen Sieg verkünden konnte, plötzlich ganz leise war.

    Beide gehören sie der Oberschicht an, sind mit goldenen Löffeln im Mund geboren und waren gemeinsam Mitglieder einer elitären Studenverbindung, dem Bullingdon Club. Der Bullingsdon Club hält gerne Dinnerparties in Restaurants, verwüstet dabei das Mobiliar und zahlt dann am nächsten Tag für die entstandenen Schäden. Einerseits jugendlicher Übermut, aber doch erzählt das viel darüber, wie Cameron und Johnson ticken. Es sind offenbar Manschen, die nie gelernt haben, Verantwortung für ihre Handlungen zu übernehmen, ihr Gewissen zu belasten. Rücksichtlosigkeit ist völlig ok, so lange sie dem eigenen Vorteil dient, notfalls zahlt man am Ende mit einem dicken Scheck, der tut nicht weiter weh und geht nach Hause. Wenn man fällt, fällt man extrem weich.

    Was ich mich am Ende nur Frage, warum zieht niemand die Notbremse? Erkennt, dass dieses Votum Irrsinn war, die Folgen nicht absehbar und dass man ggf, ja aus der EU austreten kann oder irgendwelche Details nachverhandeln, nur eben nicht ohne Strategie.

    1. Moechte dem noch eine persoehnliche „annekdotal evidence“ hinzufuegen.

      Wenn ich einen Termin moechte in meiner lokalen (Familien)Artztpraxis, bekannt als GP, dann muss ich circa 2 Wochen warten. Wenn ich nicht solange warten kann, dann muss ich zum Krankenhaus gehen (A&E) und warte dort 4 bis 8 Stunden oder laenger, um gesehen/behandelt zu werden oder ein Rezept zu bekommen fuer ein neues Wehwehchen.

      Und Schulen koennten geschlossen werden. Nicht weil zu wenig Schueler da sind, sondern weil zu wenig Lehrer da sind.[1]

      Ach ja, und Familienartztpraxen wurden schon geschlossen (ueberall im Land), weil keine Aertzte (GP’s) gefunden werden konnten die die Praxis uebernehmen.[2]

      [1] http://www.heraldscotland.com/news/14550676.__39_Schools_could_close__39__as_Aberdeen__39_s_teacher_shortage_crisis_deepens/?ref=rl&lp=2 & http://www.bbc.co.uk/news/uk-scotland-north-east-orkney-shetland-36505176

      [2] http://www.bbc.co.uk/news/uk-scotland-north-east-orkney-shetland-32318275

    2. PS: Schade das man Kommentare nicht Liken kann.

      Wer mehr moechte …

      PPS: Dem langen Kommentar kann ich nicht viel hinzufuegen. Ausser das Cameron’s und Osborne’s taktischer Plan das „Centre“ („common ground“), seit sie am Hebel sind, neu zu definieren und dann drueber zu betonieren mit Policy. Super erfolgreich sind.

      Austerity (in Salami Taktik) nicht als Sparplan per se (seit 2010), wegen der Bankenrettung, zu verkaufen. Sondern als Soziales, dass es uns allen besser geht. Am Ende. Eine bessere Zukunft. Sichere Zukunft. Weg vom fiskalen Abgrund (GFC, 2008-2010). Nie mehr Wirtschaftskatastrophen und fiskale Katastrophen. ‚Wir sparen uns Gesund. Die Wirtschaft und den Haushalt.‘

      Schaeuble’s Schwarze Null & Schuldenbremse ist Kinderspielzeug dagegen, weil auch die deutsche Wirtschaft viel viel viel besser laeuft.[1]

      Und wie schon erwaehnt hat Cameron und Osborne es geschafft die hohe Neuverschuldung (& Staatliche Haushaltskatastrophe) durch die Bankenrettung und dem Fiscal Stimulus unter Gordon Brown, Labour (2009-2010) als wirtschaftliches Missmanagement von Labour zu verkaufen (1997-2010). Vorallem die angeblich erhoehten Sozialausgeben, die ja so viel zum Schuldenproblem des britischen Haushalts hinzu gefuegt haben. Angeblich … Darauf wurde immer der Finger gezeigt. ‚Das hat uns in die Schuldenkriese getrieben.‘ Es wurde immer wieder wiederholt. Bis die Leute es fuer bare Muenze gekauft haben. #postfactpolitics #postfactelectioncampaign

      Ja, und wenn nun ein richtig linker Tory neuer PM wird und der richtig linke Fluegel der Tory Partei die Zuegel in die Hand nimmt/bekommt, dann gibts mehr von der gleichen Supper. Nur noch schaerfer.[2] Der Finanzminister der noch im Amt ist, George Osborne hat ja schon angekuendigt letzten Montag/Dienstag, dass man ja nun noch mehr Sparen muesse.[3]

      Links:

      Did David Cameron’s conference speech manage to capture the centre ground? – http://www.theguardian.com/politics/2015/oct/11/david-cameron-capture-centre-ground

      Ten things we’ve learned from the Conservative party conference – http://www.theguardian.com/politics/2015/oct/07/ten-things-conservative-party-conference

      „The Tories should study him and ruthlessly copy his strategy as Prime Minister. Occupy the centre ground. Own it.“ – http://www.telegraph.co.uk/news/politics/conservative/11906745/A-Blairites-advice-to-the-Conservative-party-move-Left-and-keep-moving.html

      > Angela Merkel achieves dominance in Germany by out-SPDing the SPD.

      [1] Der Wachstum der britischen Wirtschaft 2015 kam 80% von Konsum. Die gesamte britische Wirtschaft ist circa 70% Konsum. Die Verluste im „Manufacturing“ durch die GFC, konnte nie wieder gut gemacht werden. GDP per capita ist immer noch niedriger seit 2008. Produktivitaet lahmt wie in vielen westlichen Laendern, … ausser Deutschland. Und der Durchschnittslohn kam erst letztens (ende 2015?) wieder zurueck auf 2008 niveau.

      [2] Don’t despair after Brexit – time to fight for hope | Owen Jones talks… – https://youtu.be/7HsTvxOgiAE

      [3] The UN declares the UK’s austerity policies in breach of international human rights obligations – http://www.newstatesman.com/politics/uk/2016/06/un-declares-uk-s-austerity-policies-breach-international-human-rights

    3. ((…Korrektur…))

      Ja, und wenn nun ein richtig [rechter] Tory neuer PM wird und der richtig [rechte] Fluegel der Tory Partei die Zuegel in die Hand nimmt/bekommt, dann gibts mehr von der gleichen Supper.

  24. http://www.spiegel.de/video/donald-trump-waterboarding-ist-peanuts-video-1685836.html

    Wie kann man sowas ernsthaft unterstützen?

    Aber er ist doch so ne ehrliche Haut. Lieber das ehrliche Arschloch als die verlogene Clinton, oder wie ging hier der Tenor noch von einigen?

    Dass Clinton laut Politifacts die ehrlichste Kandidatin des gesamten 2016er Kandidatenwettbewerbs ist interessiert keinen.

    http://www.politifact.com/personalities/hillary-clinton/
    http://www.politifact.com/personalities/donald-trump/

    Ehrliche Haut. Sagt ja nur was er denkt.

    1. Entweder Clinten oder Trump samt deren US-Kriegspolitik akzeptieren, wie sie seit Hundert und mehr Jahren an der Tagesordnung ist…
      …oder was?
      Einmarschieren? Den Ami stoppen?
      Alle Flüchtlinge aus US-Kriegen aufnehmen, bis wie destabilisiert sind?
      Geheimdienste den Trum oder die Clinten töten lassen oder anders auf einen Regime Change hinwirken?
      Was willst Du Dave?
      Vielleicht erst mal in der Realität ankommen, dann lässt sich diese Frage besser beantworten.

    2. Ziemlich wirrer Beitrag.

      Ich will einfach nur, dass die gute Arbeit von Obama fortgesetzt wird. Und dafür steht Clinton.

  25. Ich studiere derzeit in Glasgow und kann viele der Beobachtungen und Erklärungen aus den Kommentaren von Michael, Andi und Flo nur unterstützen. Ergänzen möchte ich nur zwei kurze Aspekte, die so noch nicht genannt wurden:

    Ich studiere im Master, dadurch ist die Internationalen-Quote sehr hoch, nur wenige Briten machen nach dem vierjährigen Bachelor noch einen Postgrad-Studiengang. Aus Europa (neben der Mehrheit von Chinesen und Indern) ist die Quote von Griechen und Spaniern sehr hoch. Diese äußern ausnahmslos den Willen auch nach dem Abschluss im Vereinigten Königreich bleiben zu wollen, was für Deutsche oft eine Option aber kein Muss ist. Außerdem wird die deutsche wirtschaftliche, rechtliche und politische Stabilität mit einem gewissen Neid betrachtet. Auf das eigene System (Korruption etc.) wird sehr negativ geblickt.
    Ich sehe hier die englische Sprache als einen Hauptfaktor. Diese Studierenden würden auch nach Deutschland kommen, wenn sie die Sprache beherrschten. Oftmals werde ich auch gefragt, wie groß die Möglichkeiten in Deutschland sind, wenn die Sprache nicht beherrscht wird, bzw. man nur englisch kann.
    Ich denke, dass diese Form der Zuwanderung eine ist, die in Deutschland nur in sehr geringem Maße gekannt wird und daher englischsprachige Länder eine Attraktivität auf Zuwanderer haben, die Deutschland aufgrund der Sprachbarriere nicht hat.

    Der zweite Aspekt ist, dass mein Eindruck von Großbritannien mittlerweile einem Bild von vier „Bayern“ in einem Verbund ist. Der Regionalstolz ist sehr groß und man kokettiert gerne mit einer „allein ginge es uns besser“-Attitüde und speziell in Schottland kann man den Eindruck gewinnen, die Menschen fühlen sich in einer „Besatzungssituation“. Wenn ich richtig informiert bin, ist dies faktisch nicht der Fall und der schottische Bürger im Unterhaus sogar überrepräsentiert. Dies führt aus meiner Sicht immer dazu, dass in der Situation von globalen Problemen und einem Versagen von London eher die lokal-regionale statt der größeren Lösung gedacht wird.
    Um nicht zu sehr auszuschweifen, ist mein Eindruck wenige Tage nach dem Referendum, dass die Menschen über die genauen nächsten Schritte keinen Plan haben. Zu einer Einigung zwischen Schottland und England hat das Ergebnis aber sicherlich nicht positiv beigetragen. Meiner Wahrnehmung nach, ist man aber auch nicht so besorgt, wie es die (deutschen) Medien gerne sähen. Plünderungskäufe etc. habe ich zumindest noch nicht wahrgenommen. 😉

  26. Corbyn war den Parteieliten (Blairites) und den meisten Medien von Anfang an verhasst, weil er eben nicht deren neoliberaler Linie. Außerdem hat Corbyn, aufgrund des demnächst erscheinenden Chilcot-Report zum Irakkrieg, angekündigt einen Untersuchungausschuss zu berufen, der dann auch aktuelle MP belasten könnte. Jetzt nach dem Referendum sah man die Gel zu stürzen und hat dies am Wochenende mit den arrangierten Rücktritten und der nachfolgenden Vertrauensabstimmung begonnen. Auch die Presse hat munter mitgemacht.
    Allerdings werden die Blairites wohl kläglich scheitern, denn die größten Gewerkschaften haben sich hinter Corbyn gestellt. Da die Basis, die über den Vorsitzenden entscheidet, sich durch Corbyn von 200000 auf 400000 verdoppelt hat, kann man wohl davon ausgehen, dass Corbyn auch da große Rückendeckung hat.
    Tja und bei Neuwahlen dürften einige der Corbyngegegner von der Partei in ihrem Wahlkreis (=Basis) nicht mehr aufgestellt werden, sodass die Partei wieder einheitlich sozialdemokratisch wäre.

    ps: selbst im Wahlkreis von Corbyn´s wahrscheinlicher Gegenkandidatin Angela Eagle besitzt er Rückhalt.egenheit ihn

  27. Ihr hattet die britischen Nachriten ihrer Machart nach gelobt, was ich sehr gut nachvollziehen kann. Scheinbar wirkt sich aber diese Qualität nicht auf ein vermeintlich sinnvolleres Wahlverhalten aus. Wie kommt das?

    Die Alten™ tragen, so hört man es überall, die Schuld am eingetretenen Brexit-Sieg. Die Wahlbeteiligung soll insgesamt bei 72% gelegen haben. Aber die Verteilung dieser 72% muss man auch im Blick halten. So haben z. B. bei den Jungen™ weit aus weniger den Weg zur Stimmzettelabgabe gefunden – nur 36% der 18- bis 24-jährigen. Bei den 55- bis 64-jährigen lag der Wert bei 81% (Quelle: Sky|Data). Also sind nicht nur wütende Alte, sondern auch gleichgültige Junge schuldig? Spielt der Wahltagstermin mitten in der Schul-/ Arbeitswoche eine Rolle?

    1. Es kommt natürlich darauf an, wie hoch denn die Einschaltquote bei den BBC2 Nachrichten sind. Wenn die Mehrheit ihre Infos sich aus Sun und Konsorten holt, braucht man sich über das Wahlverhalten nicht wundern. Was die BBC2 Nachrichten dem deutschen ÖRR voraus haben, haben die britischen Boulevard-Zeitungen ins andere Extrem der Bild voraus.

      Da die Wahllokale von 07:00 Uhr bis 22:00 Uhr Ortszeit geöffnet waren, wäre das eine schwache Ausrede.

    1. Wir haben immer noch 2,7 Millionen Arbeitslose! Was gibt’s da zu lachen?

      (Gelacht darf erst wieder werden bei 0 Arbeitslosigkeit, kapiert?)

  28. Hola.

    Bis jetzt waren Kommis hier nicht so mein Ding. Bin seit A!001 am Start. Am meisten mag ich eure Exkurse. A!123 (2:46:37) ist der Hammer.

    Ich finde wirklich korrekt dass hier so ne öffentliche Community am Start ist und cool dass diese von euch gepflegt wird.

    Jetzt bin ich opportunistisch, wollte aber mal fragen, ob ihr nicht so ne Aufwachen-Sportausgabe machen könnt?

    Ich kann wirklich nicht einschätzen ob Sport bzw. Sportjournalismus euer Ding ist. Kenne aber Tilos Folge mit Jens Weinreich. Hajo Seppelt wurde hier ja auch schon erwähnt.

    Also manchmal kam Sport iwS ganz peripher vor (Sorry, keine Folgen- und Minuten-Angabe) 😉

    Ich habe irgendwie das Gefühl dass mir nur ganz wenig Journalisten erklären wollen/können was da so geht, so ne Art Hofberichterstattung. Entweder Liebe oder Hass. 2016 kommt mir irgendwie krass vor.

    FBI – Russland – Frankreich – FIFA – UEFA – DFB – IOC – WADA – Rousseff – Blatter – Merkel – ARD – ZDF – Schweini – Özil – Poldi – Boateng

    Bin ein großer Fussballfan.
    Verstehe auch den Unmut: Gebühren, Bildungsauftrag, Fussball, Unterhaltung.

    Am Ende stimmen aber Quote & Klicks und Thomas M.(34) & Mohammed S.(18) lernen sich beim TSV Erkenschwick kennen.

    http://www.dfb.de/uploads/tx_news/kabine_merkel.jpg

  29. Guten Abend, wie immer eine interessante Folge, diesmal mit einem Thema von historischer Bedeutung…

    GEFÜHLE NACH DEM REFERENDUM

    1. Ob ich schockiert war? Nein.

    Ich glaube nicht, dass der mögliche Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union derart weitreichende Folgen haben wird wie viele vermuten.

    Das UK wird sich aus der politischen Entscheidungsebene „Kontinent“ zurückziehen und die entsprechenden Kompetenzen auf die politische Entscheidungsebene „Nation“ übertragen. Ich halte das zwar nicht für besonders sinnvoll, aber gemeinsame Angelegenheiten kann man auch durch bilaterale Verträge regeln.

    Außerdem werden das UK und die EU ein Freihandelsabkommen beschließen, sodass das UK de facto weiterhin Teil des Binnenmarktes bleibt. Die Abwertung des Pfunds hingegen könnte sich langfristig sogar als Vorteil für das UK erweisen.

    2. Ob ich überrascht war? Ein bisschen.

    Die Meinungsumfragen hatten ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorhergesagt, ich hätte einen knappen Sieg für „Remain“ erwartet, es wurde ein knapper Sieg für „Leave“.

    Unter A!121 hatte ich kommentiert: „Ihr argumentiert beim Brexit mit Wettquoten anstatt mit Meinungsumfragen. Das ist meiner Meinung nach aber wenig sinnvoll, wenn man sich überlegt, wie die Zahlen jeweils zustande kommen […]“. Damit hatte ich offensichtlich nicht ganz unrecht.

    Natürlich können aber auch Meinungsumfragen nicht das Ergebnis vorhersagen. Insbesondere bereiten die zwei Fragen „Wen werden die Unentschiedenen wählen?“ und „Wer wird von seinem Wahlrecht tatsächlich Gebrauch machen?“ große Probleme.

    FRAGEN NACH DEM REFERENDUM

    1. Ist direkte Demokratie schlecht? Nein.

    Nach dem Referendum und der #Bregret-Welle haben viele, auch Sascha Lobo, die direkte Demokratie grundsätzlich infrage gestellt. Zweifellos haben im UK viele Menschen uninformiert abgestimmt, aber trotzdem bleibe ich ein Befürworter der direkten Demokratie als Ergänzung der repräsentativen Demokratie.

    Wer die direkte Demokratie mit dem Argument, das Volk sei nicht in der Lage, komplexe Fragen zu entscheiden, ablehnt, handelt aus meiner Sicht antidemokratisch. Denn die Alternative ist, ähnlich wie in den „Volksdemokratien“ des Kommunismus die komplexen Fragen einer politische „Avantgarde“ zu überlassen, die sich für den Willen des Volkes nicht interessiert.

    Mein Verständnis von repräsentativer Demokratie ist genau umgekehrt. Ich möchte mich als normaler Bürger nicht mit allen politischen Fragen beschäftigen müssen und wähle deshalb Abgeordnete, die sich um das Alltagsgeschäft kümmern. In wichtigen politischen Fragen möchte ich aber entscheiden dürfen und die Entscheidung nicht Abgeordneten überlassen, die der Einflussnahme von Lobbyisten ausgesetzt sind.

    Berechtigt finde ich hingegen die Kritik, dass es sich beim Brexit-Referendum um eine einfache Ja-/Nein-Frage gehandelt hat und dass eine 50%+1-Mehrheit ausreichend war.

    2. Sollte man eine Wahlpflicht einführen? Nein.

    Nach dem Referendum haben einige, u. a. Michael Bröning, vorgeschlagen, eine Wahlpflicht nach australischem Vorbild einzuführen. Ich halte das für kontraproduktiv.

    Eine Wahlpflicht würde nicht zu qualifizierteren Entscheidungen führen, sondern dazu, dass viele Menschen zur Wahl gehen würden, die bisher zu Hause geblieben sind, weil sie sich keine qualifizierte Entscheidung zutrauen.

    Übertragen auf die Bundestagswahl würde das bedeuten, dass die Menschen, die sich überhaupt nicht für Politik interessieren, plötzlich zur Wahl gehen würden und die einzige Politikerin wählen würden, die sie kennen, nämlich Angela Merkel. Eine Wahlpflicht würde uns also vielleicht vor den bösen „Populisten“ retten, aber bestimmte keine fortschrittliche Politik bescheren.

    3. Quo vadis, #Rentnerrepublik?

    Das traurigste an dem Referendum war, wie von euch angesprochen, dass die Alten die Jungen überstimmt haben.

    Ich befürchte, dass uns dieses Phänomen aufgrund des demographischen Wandels auch in Deutschland noch über Jahrzehnte begleiten wird. Und wenn wir mal von „je älter, desto konservativer“ ausgehen, können wir uns das Ergebnis der nächsten Bundestagswahlen bereits ausmalen.

    EMPFEHLUNGEN DER WOCHE (ZU VERGANGENEN EPISODEN)

    Sarah Wagenknecht über die Erbschaftssteuer:
    http://dbtg.tv/fvid/6949285

    John Oliver über Doping:
    https://www.youtube.com/watch?v=BgyqAD5Z6_A

    Correctiv.org über Doping im Fußball:
    https://correctiv.org/recherchen/fussballdoping/blog/2016/06/30/entzuendungshemmer-im-em-quartier/
    (Anmerkung: Entweder die ukrainischen Fußballer haben eine rauschende Party gefeiert oder sie haben etwas anderes mit den Schnapsflaschen gemacht, vgl. http://hajoseppelt.de/de/2016/06/geheimsache-doping-showdown-fuer-russland/)

    Thea Dorn (Zeit Online) über Crispr:
    http://www.zeit.de/2016/27/gentechnik-crispr-anwendungsgebiete-kritik/komplettansicht

    OFF TOPIC

    Nach dem Brexit – Euro-Exit:
    https://www.youtube.com/watch?v=rK-MaOldEj4

    In diesem Sinne – bis zur nächsten Folge!

  30. Spannend wird jetzt zu beobachten sein, wie die Position Junckers als Kommissionspräsident bleibt. Im Kontext der Luxleaks Affäre werden mittlerweile Rücktrittsforderungen laut, nachdem gestern die Whistleblower in erster Instanz für schuldig erklärt wurden. Im European wird ihm auch eine Mitschuld am Brexit gegeben; wobei mich die Argumentation dort nicht überzeugt. (http://www.theeuropean.de/wolfram-weimer/11096-brexit-erschuettert-europa) Aber der Druck steigt. Unter anderem auch wegen den Konfliktlinien beim CETA Abkommen, wo ich auch das Gefühl habe dass alle neutralen Berichterstatter sich in der Interpretation widersprechen.
    Gleichzeitig hat sich Johnson zurückgezogen. Farage hat sich im EP mal wieder blamiert…
    Und zu Corbyn gibt es einen spannenden Artikel auf den Nachdenkseiten, der eine spannende Analogie zur SPD aufzeigt: http://www.nachdenkseiten.de/?p=34018 Bei Labour gibt es – wie bei der SPD – eine massive Diskrepanz zwischen der Parteibasis und der Parlamentsfraktion. Der Putsch gegen Corbyn kommt offenbar rein aus der opportunistischen Parlamentsfraktion, die (wie in Deutschland) weit rechter und neoliberaler ist als die Gesamtpartei. Der Parteivorsitz wird jedoch von den Gesamtmitgliedern bestimmt – und die scheinen mittlerweile im UK weit progressiver und selbstbewusster zu sein als hier. Ich finde es daher plausibel davon auszugehen, dass die Fraktion Corbyn nicht los wird, aber vielleicht – man darf ja auch mal optimistisch sein – ihre Wahlkreise an wirklich progressive Kandidaten verliert. Und dann könnten die nächsten Wahlen wirklich spannend werden.

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