A!198 – Mélencron

Dienstag, 25. April 2017, 14:50 Uhr

Der deutsche Journalismus kürt nach Vorwahlen schon Präsidenten und überlegt nicht eine Sekunde, ob die Katastrophe abgewendet, oder dem Monster sogar noch Zucker gegeben wurde. Egal. Solange von Europa gesprochen wird, ist es noch da. Und wehe, jemand beginnt mit Kritik. Dass JL Melenchon und JC Juncker Hand in Hand ein sozialeres Europa fordern, wird einfach übersehen. Passt nicht in die Regierungs-Agenda, passt nicht in die journalistische Idee, passt nicht in die deutsche Perspektive. Btw.: Flüchtlingslager in Europa gelten als Konzentrationslager, sagt der Papst.

Wir danken unseren Produzenten Jonas, Niklas, Samuel, Richard, Matthias, Rene, Sven, Roland, Maarten, Robert und unseren Unterstützern Johannes, Artur, Lorna, Peter, Ivon, Lars, Christian, Peter, Bernhard, Steve, Fritjof, Hans-Georg, Christoph, Roman, Alexander, Marcel, Tobias, Ole, Monika, Norman und Thorsten.

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29 Gedanken zu „A!198 – Mélencron“

  1. Ich hab erst kurz reingehört und habe mich gewundert:
    Ich hab march for science in Europa ganz anders verstanden. Ich dachte, die haben nichts mit Trump zu tun, sondern dienen dazu Science sichtbar zu machen. Ich war selbst nicht da, ich wollte nicht erst quer durch D in eine für mich fremde Stadt fahren.
    Ich verstand das Ziel so: Drauf aufmerksam machen, dass Esoterik, Wahrsager, Homöopathie, Pendeln, Impfverweigerung uns nicht wirklich weiter bringen und manchmal sogar gefährlich sind. Also die Gegner sind nicht die Unis/Bundesländer, die winzige kurze Verträge geben und die Augen zu machen, wenn man Tag und Nacht mehrere Jahre am Stück durcharbeitet. Die Gegner sind eher die Leute, die auf die Wissenschaft schimpfen und gefährliches (und manchmal teurer) Geschwurbel verbreiten.

  2. @Marie: Hängt indirekt zusammen, da Trump Klimawandel als China-PR sieht und Gelder für insb. Geisteswissenschaften sparen will. Siehe: http://scilogs.spektrum.de/engelbart-galaxis/praesident-trump-beendet-die-staatliche-foerderung-der-geisteswissenschaften/

    Eine positiv gestimmte Gegenposition zum ‚March for Science‘ gibt’s hier nachzulesen: http://scilogs.spektrum.de/detritus/mein-ambivalentes-verhaeltnis-zum-march-for-science/

    Ich für meinen Teil sehe es ähnlich wie Stefan. Es gibt zig Sachen am deutschen Hochschulsystem zu kritisieren: von der Verschulung über die ‚Verdinglichung‘ bzw. den Run auf ‚verwertbare‘ Ergebnisse, den Blödsinn mit Ranking und der ziemlich schlechten Situation des Nachwuchses (alles nach Promotion und unterhalb der Professur). Mensch darf sich hier schon wundern, dass beim ‚March of Science‘ – der nur eine abstrakte ‚Gefahr‘ darstellt – ein Grad an Mobilisation erreicht wird, der angesichts der konkreten prekären Situation der Hochschulen so ziemlich gegen Null läuft (mittlerweile existieren div. Mittelbauinitiativen wie z.B. MULE in Leipzig, aber das hat mE noch nicht zu medial Aufsehen erregenden Demos geführt).

    In einem Punkt möchte ich Stefan widersprechen: Die Situation mag sich mit Bologna zugespitzt haben, war aber auch vor Bologna schon mies. Ich selbst habe VWL noch auf Diplom studiert und da war’s auch schon ziemlich verschult. Was wir heute unter dem Schlagwort ‚Akademisches Prekariat‘ haben, begann damals bereits mit den PrivatdozentInnen, die – um ihre Habilitation zu behalten – Lehrveranstaltungen anbieten müssen, was die Unis gut zu nutzen wussten, sprich schlechte Bezahlung (dazu mal ein Beitrag vom ehemaligen Nachrichtenmagazin anno 2007: http://www.spiegel.de/lebenundlernen/job/privatdozenten-die-billigheimer-der-wissenschaft-a-455540.html). Hat damals aber nicht die breite Masse erreicht, selbst die Gewerkschaften waren da recht blind (und haben lieber an Leitbildern für demokratische Hochschulen gefeilt…).

    Und noch eine persönliche-fachliche Note: Mathias Binswanger hat 2012 mal einen schönen Artikel geschrieben mit dem Titel „Wie die Uni-Ökonomen versagen – die Theorie der Prostitution als Mahnmal“ (http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2012/01/wie-die-uni-oekonomen-versagen–die-theorie-der-prostitution-als-mahnmal/). Dort wird ganz gezeigt, wie es aktuell in der VWL/Ökonomik/Wirtschaftswissenschaft zugeht. Und wer davon nicht genug hat, sollte nochmal einen Blick in den Hamburger Appell von 2005 werfen, wo es um Pro-Agenda 2010 ging (hier über das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut: http://www.hwwi.org/uploads/tx_wilpubdb/Hamburger_Appell.pdf). Das waren auch ‚Wissenschaftler‘, die’s ganz genau wussten und meinten, die Wahrheit für sich gepachtet zu haben, was dann in folgenden einleitenden Satz mündete: „Die wirtschaftspolitische Debatte in
    Deutschland wird verstärkt von Vorstellungen geprägt, die einen erschreckenden Mangel an ökonomischem Sachverstand erkennen lassen.“

    In dem Kontext erscheinen natürlich Gewerkschaften, attac usw. fast schon als fake-news-Netzwerke. Und angesichts dessen wird mir ziemlich unwohl bei einem ‚March for Science‘, wo irgendwie der Eindruck erweckt wird, es gäbe ‚die eine Wahrheit‘.

  3. Vielleicht interessiert jemanden zum Vergleich, wie in anderen Ländern über die franz. Präsidentschaftskandidaten
    berichtet wird. Hier mal die Übersetzung aus dem öffentlich rechtlichen Fernsehen in Holland (NOS).
    Die haben zu den wichtigen 5 Kandidaten 40-Sekunden Spots gemacht (http://nos.nl/artikel/2169713-nog-nooit-zo-spannend-wie-zijn-de-franse-kandidaten-en-waar-staan-ze-voor.html), gab es
    sowas in Deutschland auch?

    Macron:
    Emmanuel Macron ist die Überraschung dieser Wahl.
    Er kann mit 39 Jahren der jüngste Präsident werden.
    Macron gründete 2016 seine eigene Partei. Nicht links, nicht rechts, sondern vorwärts: „En Marche !“.
    Davor war er Banker und Minister in einer sozialistischen Regierung. Macron ist ein großer Befürworter
    der EU und will mehr internationale Zusammenarbeit.
    Er möchte die französische Wirtschaft reformieren:
    Eine längere Arbeitswoche und 50.000 Beamte sollen entlassen werden. Sein Nachteil: Er hat keine Partei im Parlament, die ihn unterstützt.

    Le Pen:
    Marine Le Pen, 49 Jahre, ist Kandidatin des nationalistischen Front National. Sie ist die Tochter des Parteigründers Jean-Marie Le Pen, der bei der Wahl vor 15 Jahren Zweiter hinter Chirac wurde. Als Präsidentin will Marine Le Pen den Euro abschaffen und ein Referendum über die EU durchführen. Sie will zudem aus der NATO heraus und mehr Zusammenarbeit mit Russland. Frankreich soll weniger Migranten aufnehmen: Pro Jahr max. 10.000. Und Le Pen will weniger Einfluss des Islams. Das Renteneintrittsalter soll auf 60 Jahre gesenkt werden. Vor 5 Jahren nahm Le Pen bereits an einer Wahl teil. Damals wurde sie Dritte.

    Francois Fillon:
    Der 63-Jährige Francois Fillon von der republikanischen Partei ist der erfahrendste Kandidat. Er war 5 Jahre lang Premier unter Präsident Sarkozy. Der rechts-konservative Fillon war der Favorit für die Wahl, bis er in verschiedene Korruptionsskandale geriet. Die Justiz ermittelt gegen das Ehepaar Fillon. Wegen seines ökonomisch-liberalen Programms wird Fillon auch der französiche Thatcher genannt. Er will, dass die Franzosen länger arbeiten und 500.000 Beamte entlassen. Fillon will Mitglied der EU und NATO bleiben.

    Jean-Luc Melenchon:
    Jean-Luc Melenchon ist 65 Jahre und Kandidat der radikalen Linken. Er kriegt auch Unterstützung von den Kommunisten. Nach Ansicht Melenchons steht die EU im Dienste großer Konzerne. Falls sich dies nicht radikal ändert, will Melenchon aus der EU austreten. Er will außerdem die NATO abschaffen.
    Melenchon möchte eine 32-Stunden Arbeitswoche einführen und das Renteneintrittsalter auf 60 Jahre senken. Vorstände sollen nicht mehr als das 20-Fache ihrer Mitarbeiter verdienen.

    Bernoit Hamon:
    Bernoit Hamon, 49 Jahre, ist der Kandidat der sozialistischen Partei. Er ist linker als sein Parteigenosse Präsident Hollande. Hamon will ein Basiseinkommen von 750€ und eine 32-Stunden Woche einführen. Außerdem soll Frankreich mehr Flüchtlinge aufnehmen. Hamon ist für eine starke, soziale EU und einen
    Mindestlohn, der in der ganzen EU gelten soll. Banken und reiche Bürger sollen mehr Steuern zahlen. Betriebe, die Roboter einsetzen sollen ebenfalls stärker belastet werden. Sein Problem: Die sozialistische Partei ist hoffnungslos gespalten und hat kaum noch Unterstützung bei den Wählern.

  4. Ich begreife die Zahlenbeispiele nicht, die in den Clips angeboten werden.
    Auf der Le Pen Feier waren „hunderte“ Anhänger? Ist das viel für so eine Feierlichkeit? In welchem Verhältnis zu anderen Feiern steht das so? Wieviele Leute waren auf Schröder oder Merkel- feiern, wenn wir den Sieg in der Vorrunde mal für einen Moment mit dem Wahlsieg gleichsetzen? War das mehr als auf dem politischen Aschermittwoch der CSU?

    Pulse of Europe: Über 1000 Leute waren da? Haben die öffentlich-rechtlichen Sender eine Vorliebe für Nischenveranstaltungen wie Pegida und Pulse of Europe, lassen die hunderfach größere TTIP CETA Demo aber liegen?
    Mir erscheinen die Zahlen verglichen mit der Gesamtbevölkerung noch viel marginaler. Demnächst wird noch von einem Scheunenfest in Sachsen-Anhalt berichtet und wem die Veranstaltung am meisten nützt.

    Zu der March of Science Geschichte fällt mir nur DLF Hintergund vom 16.4. ein, wo unter anderem zur Sprache kommt dass man (sinngemäß) das in den 30er Jahren aus Europa in die USA abgewanderte Knowhow nun prima in umgekehrter Richtung fließen lassen kann. Hervorragende Forscher in von der Regierung Trump weniger geliebten Feldern seien nun wesentlich offener für einen Standortwechsel als vor der Wahl.

    Wissen ist Teil des Marktes, und wenn es gerade in der Wühlkiste liegt…

    Bitte entschuldigt die bittere Polemik. Ich kann da schwer an mich halten.

  5. Hey,
    ich würde gerne einen Interviepartner für Tilo vorschlagen wollen. Tilo kannst du bitte ein Interview mit Charles Eisenstein machen? Er hat sehr sehr interessante Dinge zu erzählen. Ich denke auf seine Texte bzw. Inhalte wird man auch in 500 Jahren zurückgreifen. Stichwörter für mögliche Interviewthemen im Bereich money systems: negativer Zinssatz, Wörgl-Experiment, Chiemgauer, Positives Geld, Full Reserve Banking, soziale Dividende. ER hat bestimmt auch Interessantes über das Bedingunglose Grundeinkommen zusagen Tilo;) und über die Freiheit in der Arbeitslosigkeit 😉
    und andere Themenbereiche: Themen, die eurem Aufwachen-Podcast entsprechen, wie Medien, tiefgründige Fragen über Medien- und Journalistenverhalten. ach frag ihn einfach was du willst 😀 schönen Gruß

  6. Jeahh eine neue Folge! 🙂
    Besten Dank!

    Anhängend eine sehr interessante vierteilige Dokureihe von Arte mit dem Titel „Die Ära Obama“.
    Ist eine gute chronologische Nachbereitung, vielleicht wäre das mal was für eine Specialfolge im Sommerloch. 😉
    [http://www.arte.tv/de/videos/052421-001-A/die-ara-obama-1-4]

    Beste Grüße!
    HansMueller

  7. Mélenchon hatte auch eine ganz interessante Änderungen im Kulturbereich vor: Nach dem Tod eines Künstlers sollten die Einnahmen nicht mehr die Erben erhalten, sondern sie fließen in eine Kasse, aus der dann Sozialleistungen für einkommensschwache Berufskünstler ausgeschüttet werden.

    Macron will hingegen an alle Volljährigen einen Kulturgutschein iHv 500,- € austeilen. Damit sie sich mehr mit der französischen, auch höheren Kultur beschäftigen. Aus GB (?) weiß man allerdings, dass das Vorhaben unwirksam ist, weil dort desinteressierte junge Menschen ihre Gutscheine einfach weiterverkaufen.

    Lief auf Phönix, glaub ich.

  8. Weil ja polit-journalistisch immer besonders wichtig ist, bevor man so Angst hat, würde mich für ein eventuelles Interview mit jemandem der sich wirklich mit der Politik in Frankreich auskennt die folgende Frage interessieren:
    Was würde es eigentlich bedeuten, wenn eine Marine Le Pen französische Präsidentin wird und in dem Land weiterhin der Ausnahmezustand herrscht? Was könnte sie aufgrund dieser Befugnisse alles im Land anrichten?

    Ich halte mich aktuell jedenfalls mit jedem Macron-Optimismus sehr zurück, aufgrund der Gründe die ihr angebracht habt und weil eben auch noch wichtige one-on-one Debatten ausstehen. Niemand weiss was noch passiert, was noch ausgegraben oder skandalisiert wird.

    Übrigens halte ich die These, dass nach Macron auf jeden Fall Le Pen kommen würde, für ebenso wenig haltbar. Als eine Option von vielen trägt sie, aber wenn sie sich wieder vermehrt zu Antisemitismus hinreissen lässt oder weitere Korruptionsaffären auftreten könnte sie sich ebenso sehr schnell ins Abseits schießen. Gleichzeitig hat Frankreich eine weitaus gesündere Demographie als wir; Geht man von der These aus, dass die Melanchon-Befürworter nicht in Scharen nach rechts ausscheren werden und auch nachkommende junge Generationen eher dem linken Spektrum zustimmen, könnte das dafür sprechen dass es in den nächsten Präsidentschaftswahlen dann dort ein charismatischer links-aussen ins Amt schafft. Vielleicht nicht Melanchon selbst, aber wer weiss ob er nicht bald beginnt einen profilierten jungen Nachfolger aufzubauen. Es bleibt jedenfalls spannend.

  9. Kurze Frage an Stefan: Was soll Corbyn sonst tun? Der Artikel XX Antrag ist in Brüssel offiziell eingereicht, die 2 Jahre ticken, ein Abbruch ist nicht vorgesehen. Was soll er da anderes versprechen als dass man damit möglichst gut und sozialverträglich umgehen will, ohne als Lügner in den Wahlkampf zu gehen?

  10. Wer hat eigentlich den Wahlkampf des angeblich aus dem Nichts am Himmel erschienenen Heilands finanziert und für gute Presse gesorgt?

  11. Ich beneide die Franzosen darum, dass sie unterschiedliche Modelle für Europa auch in ihren Präsidentschaftskandidaten zur Wahl hatten und sich das Volk auch tatsächlich traute seine differenzierte Meinung auszudrücken. Heraus kam deshalb 4 Mal um die 20 Prozent. Wie Stefan richtigerweise anmerkte sind die gegenwärtigen Demokratiesysteme auf solche Ergebnisse nicht ausgelegt.
    Wenn ich in Deutschland kein weiter so DIESER EU will, bleiben mir die 8 bis 10% Parteien Linke und Afd, die aber beide kein EU Konzept haben, das ich so will. Alternativlos Schmurkel.

  12. @Josii Das Gutscheinproblem ist m. E. leicht zu lösen, die kulturellen Einrichtungen (Museen etc.) halten freien Eintritt parat, den man dort einlösen kann. Dann gibt es keine Geschäftemacherei mit verteilten Gutscheinen.

  13. Hi Tilo und Stefan,

    ich gratuliere Euch zu dieser famosen Sendung!
    Sobald ich wieder flüssig bin, lasse ich euch Geld zukommen.

    Meine Frau ist Französin, und so haben wir den Wahlabend im Internet auf französischen Kanälen verfolgt. Da wurde Mélenchon übrigens gleich reflexartig in die Ecke gestellt, weil er in seiner Rede nach Bekanntwerden der Ergebnisse nicht sofort dazu aufrief, im zweiten Wahlgang für Macron zu stimmen. (Das öffentlich-rechtliche Fernsehen und die anderen Sender in Frankreich sind genau so dämlich wie in Deutschland.)

    Jungs, ich habe das, was ihr von der ARD/ZDF-Berichterstattung gezeigt habt, kaum ausgehalten. Heute wurde mir endgültig klar: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen darf man so nicht weitermachen lassen. Diese miese, schlampige Recherche, die zumeist unterirdischen Interviewpartner, fehlende Information und Aufklärung, tendenziöse Berichte – und Moderatoren, die das nach ihrem Gusto vorsortierte politische Geschehen auf ihr leider ziemlich beschränktes Weltbild (d.h. deutsches Bundesbild) projezieren. Ich bin mir sicher, sie merken es nicht einmal. Null Bewusstsein für das, was sie da anrichten. Null kritischer Geist. Was wir da sehen und hören ist, das ist dermaßen … f r e i w i l l i g e s S T A A T S F E R N S E H E N !

    Anja Maier (taz) sagte bei „Bonjour Berlin“ auf Phoenix am Tag nach der Wahl:
    „40% der Wählerinnen und Wähler in Frankreich haben sich quasi anti-EU ausgesprochen“
    https://www.youtube.com/watch?v=OXU_5fBKaT4
    Ich sage: 50% von Anja Maier haben quasi keinen blassen Schimmer, wovon sie sprechen!

    In einem Expertengespräch bei Phoenix mit Gérard Foussier, Chefredakteur einer deutsch-französischen Zeitschrift „Documents“, wurde Mélenchon von dem Moderatoren Andreas Klinner als „Kommunist“ vorgestellt.
    (Ok, Mélenchon war als junger Mann Trotzkist. Doch seit 1977 ist er Sozialist. Sei’s drum, ist ja eh alles das gleiche!)
    Foussier sagte, Mélenchon werde hinsichtlich des zweiten Wahlganges nun erst einmal seine „Militanten“ befragen. ??? Da fiel dem französische Chefredakteur einer deutsch-französischen Zeitschrift einfach das deutsche Wort für „militantes“ – nämlich „Aktivist“ oder „Mitstreiter“ – nicht ein. Doch der Phoenix-Moderator fragte nicht nach – denn für ihn passte das: Der Kommunist … und seine „Militanten“.
    https://www.youtube.com/watch?v=YAAQH-vZPVQ

    Stefan, Eribon’s Artikel in der FAZ hast du erwähnt. Da sieht Eribon Mélenchon ja auch stelllenweise kritisch.
    Am Samstag vor der Wahl bekannte Eribon auf seiner Website, am Sonntag nun doch für Mélenchon zu stimmen:
    http://didiereribon.blogspot.de/2017/04/demain-je-voterai-pour-jean-luc.html
    (dt.: „Morgen werde ich für Mélenchon stimmen“)

    Die permanente Frexit-Angstmache, die Macron-Vergötterung und das Schweigen über Mélenchon in Deutschland haben gefruchtet. Et voilà, so haben die in Deutschland lebenden Französinnen und Franzosen gewählt:
    Macron: 55,9 % — Fillon: 16 % — Mélenchon 11,9% — Hamon: 9,1 % — Le Pen 3,4 %
    Noch Fragen?

    Nehmt ihr auch die Berichterstattung vom zweiten Wahlgang unter die Lupe?
    Bitte-bitte.

    Tati

    p.s. Tilo, du kennst Anja Maier ja von der BPK.
    Anja Maier hat schon zur Saarland-Wahl einen ziemlich platten Kommentar geschrieben, darin Weisheiten von Jörg Schöneborn übernommen und damit die große Koalition in Saarbrücken gepriesen:
    „In den Umfragen vor der Wahl war die Zufriedenheit der BürgerInnen mit dem Bündnis aus Konservativen und Sozis überwältigend. Zwei Drittel waren einverstanden mit der Arbeit ihrer Landesregierung – das muss man erst mal hinkriegen in einem strukturschwachen Land.“
    Sie recherchiert also bei der ARD, schließt daraus (wie immer) dieselben falschen Schlüsse (zum kritischen Denken bleibt ja keine Zeit, auch nicht bei der taz) und schreibt dann ihren Kommentar. Der Titel lautete übrigens „Achtung, Egomane!“ (= Oskar Lafontaine).
    A propos: Die taz lud im Januar in Saarbrücken zu einem Gespräch mit Lafontaine. Fragen stellten: Martin Rehe und … Anja Maier! Da hätte ich mir eine kritische, scharfe, gerne auch aufsässige Anja Maier gewünscht. Aber sie hat da ganz schön herumgestottert. Weder was Fragen noch was Thesen und Argumente angeht war sie gut vorbereitet. Das wollte sie ganz locker machen, f-e-e-l-s l-i-k-e B-P-K. Sie spricht beispielsweise zum Thema Flüchtlingskrise von Mitgefühl, von Empathie, von der moralischen Frage … „ist vielleicht Scheiße gelaufen, aber“ … Nur viel weiter, nach vorne und zurück denkt sie nicht. Das macht dann Lafontaine für sie. 
    Hör nur ganz kurz ab 49:20 hier (ist leider ein ziemlich mieser Ton) 
    https://www.youtube.com/watch?v=Vzhg8oyFb04
    Tja, Anja Maier. Achtung, Journalismus!

  14. Dass die Journalistin im Twitter-Dialog als Quellen: der Spiegel oder Frontal21 angab, fand ich sehr passend. Das kann gut der große Unterschied zum Deutschlandfunk sein: die scheinen nah dran zu sein an aktueller Forschung. Jedenfalls sprechen sie in den Nachrichtensendungen viel mit Professoren/ Wissenschaftlern, denen sie ihre Recherchen auch vorspielen und nicht mit Politikern und Journalistenkollegen als „Experten“.

  15. Vielleicht könnt ihr mal folgende Frage im Podcast behandeln: warum legt Russland im UN Sicherheitsrat bei den zuletzt für die Welt und Frieden wichtigen Themen immer Veto ein?

    Ihr berichtet ja sehr kritisch und ausgewogen, und ich versuche mich darüber unabhängig zu informieren, aber wenn ich im deutschsprachigen Raum jetzt mal RussiaToday und AfD-Compact ausklammer, kriege ich eigentlich nur „Russland=böse“ zu lesen/hören. Das kann es doch nicht sein?

  16. Zum Handelsbilanzüberschuss und Lagarde: Die sinngemäße Aussage von Lagarde, Deutsche würde zu wenig konsumieren, ist aus meiner Sicht eine diplomatische Form, um darauf hinzuweisen, das Deutschland einen größeren Niedriglohnsektor hat als z. B. Bulgarien: https://www.boeckler.de/62515.htm. Extrem geringe Produktionskosten durch die niedrigen Arbeitskosten UND die geringe Binnennachfrage kommen vermutlich zusammen. Und damit hängt wieder die EU-vertragswidrige, viel zu geringe Teuerungsrate zusammen: Es ist vergleichsweise zu wenig Geld im UMLAUF (also nicht auf Konten). Und Schäuble hat recht: Bei öffentlichen Investitionen in diverse Infrastruktur wird das Geld nicht ausgegeben, das zur Verfügung steht, aber nicht weil die Verwaltung schlecht oder faul ist, sondern weil sie personalmäßig kaputt gespart wurde und die Fachkräfte für Baumaßnahmen fehlen – und wegen des schlechten Tarifvertrages auch nicht gefunden werden. Der Verdienst außerhalb des öffentlichen Dienstes ist einfach viel besser. ABER das heißt auch: Steuereinnahmen werden dringend gebraucht, für Personal, Infrastruktur, aber natürlich auch für Bildung etc., wir zahlen per se nicht zu viel an den Staat wie Stefan meint. Es zahlen nur die unten zu viel und die oben zu wenig. Zur Erinnerung: Spitzensteuersatz bei Roosevelts New Deal war 79 %, dazu 77% Erbschaftssteuer. Reagen senkte die Steuer von 70 auf 30 % http://www.zeit.de/2010/31/Spitzensteuersatz https://www.taz.de/!5109265/

  17. Müllmenge Weltraum = 6.500t¹
    Müllmenge Ozeaen = 150 000 000²

    Volumen Orbit (Galileo) = 65449846949787 km3
    Volumen Meere = 1338000000 km3³

    =>

    Müll/km2 Orbit = 6500000/65449846949787 t/km3 = 9.9312684e-11
    = 9.93126845e-7 kg/km3
    = 0.00099312684 g/km3
    = 0.99312684489 mg/km3

    Müll/km2 Meere = 1338000000 /150000000 t/km3 = 8.92 t/km3
    = 8920 kg/km3
    = 8920000 g/km3
    = 8920000000 mg/km3

    ¹
    https://de.wikipedia.org/wiki/Weltraumm%C3%BCll
    ²https://www.wissenschaftsjahr.de/2016-17/fileadmin/meere_ozeane/Downloads/160913_Dossier_Plastikmuell_im_Meer.pdf
    ³https://de.wikipedia.org/wiki/Meer

  18. @Frage in die Runde:
    das past doch gut zu dem Artikel über den Piraten der seine Knete zurück gezahlt hat , weils zuviel war.

    passend dazu hab ich mal Fabio de Masi rausgesucht

    http://www.fabio-de-masi.de/de/article/420.geld-stinkt-meine-finanzen-meine-mitgliedschaften.html?sstr=gehalt

    krass

    @ Adam Osbach

    Guckst du hier, der Putin macht das nur als Retourkutsche für die abgelehnten US Resolutionen ;-))

    http://hinter-der-fichte.blogspot.de/2012/02/die-vetos-der-usa.html

  19. Super Folge wiedermal.
    Zum Thema Handelsbilanzüberschuss kann ich euch nur zustimmen und mich mit euch wundern, wie weiterhin behauptet wir, Deutschland sei der Wirtschaftsmotor Europas. Ich schreibe im Moment an meiner Masterarbeit zu den Auswirkungen steigender Vermögensungleichheit im Tourismus und bin dabei auch auf folgenden Artikel aus dem Jahr 2013 gestoßen.

    http://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2013/2/ungleiche-einkommensverteilung-bremst-wachstum/

    Zitat: „Genauso schädlich wie die Überkon- sumption in Griechenland oder die Immobilienblase in Spanien ist die mit der gewachsenen Einkommensun- gleichheit einhergehende Unterkonsumption in Deutsch- land. Mitunter wird behauptet, dass Deutschland die Wachstumslokomotive in der EU sei. Diese Ansicht ist grundfalsch, denn ein Land, das mehr exportiert als im- portiert, kann nicht die Lokomotive sein, sondern immer nur ein Trittbrettfahrer, da es darauf angewiesen ist, dass seine produzierten Güter anderswo Käufer finden.“

  20. Bei der Debatte über den deutschen Exportüberschuss fehlt mir immer der Aspekt der Währungsaufwertung. Deutschland hat es, vielleicht durch den Sozialabbau unter Gerhard Schröder, vielleicht auch aus anderen Gründen, geschafft vom kranken Mann Europas zum Exportweltmeister zu werden. Dieser Zustand wird seitdem dadurch verstärkt, dass der Euro nicht so stark aufgewertet wird, wie es nötig wäre, um die deutsche Handelsbilanz wieder auszugleichen. Oder einfacher ausgedrückt: Der Euro ist zu schwach für Deutschland und zu stark für den Rest Europas.

  21. Hallo!
    Interessante Sendung. Ich kann nur bestätigen, dass die deutschen großen Medien nicht verstanden haben oder verstehen wollen, wie die Stimmung in Frankreich ist.

    Ich lebe seit 29 Jahren in Frankreich, lebe in der Banlieu, habe u.a. Kontakte zu Kreisen, die die Interessen von Arbeitslosen und prekär Beschäftigten vertreten..

    Immer mehr Leute haben die Nase gestrichen voll von der Präkarisierung der Arbeit, des Lebens, der Stagnation der Gehälter, des Anstiegs der Arbeitslosenzahlen, der Deindustrialisierung, der Schließung von Firmen und Fabriken – nur im März 2017 allein wieder 44.000 neue Arbeitslose der Kategorie A! (A ist DIE offizielle Kategorie der Arbeitslosen von insgesamt 5, wobei die 4 bleibenden von den meisten Medien weder erwähnt noch gezählt werden).

    Man bestaune den Anstieg der Kurve:
    https://fr.wikipedia.org/wiki/Chômage_en_France
    die leider im August 2015 aufhört. Ich kann versichern, dass sich die Kurve bis heute so weiterentwickelt hat.

    François Hollande hat Frankreich 550.000 neue Arbeitslose beschert, Nicolas Sarkozy (2007-2012) zwischen 700.000 und 1 Millionen, je nach Zählart. Beide Präsidenten haben versprochen, die Zahl der Arbeitslosen zu verringern.

    http://tempsreel.nouvelobs.com/politique/election-presidentielle-2017/20161202.OBS2091/chomage-pma-deficit-5-promesses-non-tenues-de-francois-hollande.html

    http://tempsreel.nouvelobs.com/rue89/rue89-presidentielle-2012/20120329.RUE8887/combien-de-chomeurs-a-coute-nicolas-sarkozy.html?_escaped_fragment_=#!

    Ob unter Sarkozy oder Hollande, für die „kleinen Leute“ ist das Leben immer schwieriger geworden.

    Ich höre immer mehr Stimmen (nein, ich bin nicht psychotisch), die sagen, dass sie auf den faulen Trick von 2002 nicht mehr reinfallen (Le Pen Vater gegen Jacques Chirac im 2. Wahldurchgang), wo die meisten Bürger nur Le Pen „weggewählt“ haben, Chirac war mitnichten der Wunschpräsident! Chirac/Le Pen 19,88 / 16,86 Prozent im 1. Wahldurchgang, Chirac/Le Pen 82,21 / 17,79 im 2. Durchgang.

    Dieses Mal wollen sie sich nicht erpressen, sich nicht Schuldgefühle einreden lassen, wenn sie nicht Macron wählen. Sogar (oder gerade?) am linken Rand des politischen Spektrums sagen viele, dass sie sich weigern werden, Macron zu wählen, nur um Frankreich „vor dem Faschismus zu retten“. Das Pseudoargument ziehe nicht mehr. Sie kündigen an, sich entweder zu enthalten oder einen leeren Stimmzettel abzugeben. Der leere Stimmzettel wäre ein Ausdruck des Protests, weil er gezählt und die Zahl veröffentlicht werden wird.

    Andere, die enttäuscht sind, dass die Linke sich nicht einigen kann (z.B. Mélenchon + Benoît Hamon) fragen sich: und wenn man die Einigung der Linken durch die Wahl von Le Pen erreichen könnte? Und dies ist keine rhetorische Frage, sondern ernst gemeint!

    http://www.actuchomage.org/2017022727104/Social-economie-et-politique/lavenir-de-la-gauche-passe-par-une-victoire-du-front-national.html

    Ein Teil der Wähler, die sich ein soziales Frankreich und ein soziales Europa wünschen, wollen dieses Mal zum Ausdruck bringen, dass sie Macron, den sie als einen Vertreter der Globalisierung, des Kapitals, der Hochfinanz, des Neoliberalismus sehen, nicht unterstützen, auch wenn man ihnen mit dem „Schreckgespenst Le Pen“ vor der Nase wedelt.

    Gruß

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