A!188 – Der Blackbox-Messias

Dienstag, 21. März 2017, 17:45 Uhr

100 Prozent, die beeindrucken nicht nur ÖR-Journalisten, sondern auch uns. Wir gratulieren dem Gottkanzlerkandidaten, lassen ihn Farbe bekennen und hören uns dann aber auch nochmal die aufmüpfige Rede von Sigmar Gabriel an: “Die SPD ist eine Friedenspartei!” Außerdem gratulieren wir Frau Dunz zum neuen Gottjournalisten-Dasein. Verstehen können wir den Hype allerdings nicht, weshalb wir lieber Merkel für ihren perfekten Auftritt bewundern und am Ende mit Tagesthemen-Veteran Hans Jessen über Journalismus und Kanzlerkandidaten heute und gestern reden.

Wir danken unseren Produzenten Holger, Maria und unseren Unterstützern Robert, Anonym, Axel, Felix, Rene, Bernhard, Florian, Markus, Simon, Jens, Koray, Korena, Jan, Marcel, Robert, Kerstin, Nils, Stefan, Christian, Konrad, Leon, Thomas, Anonym, Robert & Linda, Sebastian, Domenico, Valentin, Dirk, Jonas, Peter, Ivon, Robert, Peter, Edward, Daniel, Tobias, Rüdiger, Jan, Jan-Thorben, Jacob, Christopher und Max.

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21 Gedanken zu „A!188 – Der Blackbox-Messias“

  1. Könnten wir bitte festhalten, dass MS Gottkazlerkandidat Schulz, in Wirklichkeit nie auch nur ein Wort darüber verloren hat, er wolle die Agenda 2010 für die Betroffenen verbessern. Oder irgendwie zurückdrehen. Niemals. Es ist das pure Theater.

    Er will das Prinzip „fordern und fordern.“ (Zitat Gerhard Schröder bei seiner Einführungsrede zur Agenda 2010) sogar noch auf das ALG 1 ausdehnen.

    Er will die Agenda 2010 also sogar verschlimmern.

    Es ist das exakte Gegenteil dessen, was die Medien verbreiten.

    Er nennt es nur fördern und fördern, weil es einfach besser klingt. In Wirklichkeit wird es wohl fordern und fordern bedeuten. ALG 1 gibt es also bald sehr schnell nur noch unter Auflagen wie bei Hartz 4.

    Der Mann ist nicht umsonst Liebling unserer Medien. Ich könnte weinen bei dem Gedanken daran, dass das offensichtlich unglaublich gut funktioniert.

    Bei der Rente, bei Gewerkschaften etc. sieht es ähnlich aus.

    Man muss es leider wiederholen, weil es sonst so leicht überhört wird

  2. Warum der Schulzhype?
    Ich glaube der Zweifel an Merkel ist durch die Demobilder von Pegida bzw. vielmehr deren Rufe: „Merkel muss weg“ auch in der bürgerlichen Mitte als zulässiger Gedanke verankert worden.
    Merkel als Aussenministerin machte sich halt auf der Weltbühne extrem gut. Martin Schulz der international auf der europäischen Bühne sich schon bewiesen hat. Schulz hat eine weiße Weste. Schulz hat ebenso viele progressive Inhalte wie Merkel, also keine. Merkel verwaltet die Probleme die akut sind. Kein großes Zukunftsbild wo man hin will und welche politischen Wege heute eingeschalgen werden müssen um die ergebnisse Morgen zu ernten.

    Der Bruch zu Merkel wäre nicht so eklatant wie bei allen anderen SPD-Kandidaten der letzten Wahlen – Schulz kann auch moderat und darum geht es. Immer unter der Prämisse: Merkel muss weg.

  3. Gut, dass Stefan den Tilo am Anfang noch mal zurückrief. Die persönliche Vorstellung war doch besser.

    #Anti-Establishment-Wahlkampf

    Das macht jeder Herausforderer – eben auch Trump, ein Milliardär, der im Wahlkampf auch den kleinen Leuten helfen wollte.

    Leider hat mir der ARD-Mann nach und nach nicht mehr gefallen. Schulz ist genauso Anti-Establishment wie Trump oder ARD. Ende Gelände.

    Sowohl die ARD, wie auch die SPD, wie auch Trump, wie auch die SPD gegen CDU, die zufällig zum Wahlkampf ihr Spielchen good cop, bad cop mit der CSU beigelegt haben, alle die haben gemeinsam, dass sie nur Theater spielen. Man kann es sogar auf die Spitze treiben und fragen: Wer von allen Akteuren insgesamt spielt kein Theater? Diese Leute haben alle verloren auf lange Sicht, denn immer mehr Menschen sehen durch ihre Inszenierungen hindurch.

    #Altkanzler

    Die Kanzler, die immer zu lange im Amt waren, wurden abgesägt mit Skandalen und Skandalisierung. Dabei stellt sich die Frage, wer eigentlich geleakt hat? Nämlich das wiederum wurde von Medien (und Geheimdiensten) gemacht. Wir sollten sowieso 2 Legislaturperioden haben wie USA. Ich habe 2 dieser vergreisten Altkanzler erlebt. Aber letztlich ist das auch egal. Deutschland wird nach und nach alles verspielen, was vorherige Generationen angehäuft haben, weil hier so viele Greise nichts mehr ändern wollen und das dann andere Akteure, wie z.B. Großkonzerne, tun für die Deutschen.

    #Flüchtlingsfrage

    Bei der Flüchtlingsfrage ist der ARD-Mann auch arg verlogen. Wenn Menschen im Mittelmeer absaufen, ist das ganz etwas anderes als wenn sie in der Wüste verdursten, ganz abgesehen von massenhaften Gewaltverbrechen der Mafia an den Flüchtlingen. In USA weiß man z.B. dass ca. 60 % der geschleusten Frauen vergewaltigt werden. Aber das kann man ja den 70jährigen Zuschauern der ARD nicht zumuten als Dauergeschichte, statt dessen lieber FC Bayern.

    Mein Fazit: Kein Wunder, dass der bei der ARD so weit kam. Der hat eine gewaltige Schere im Kopf.

  4. Alles toll, alles spannend, alles gut … Aber bitte, bitte, bitte: Versucht alles, um die Tonqualität bei Euren Gesprächspartnern zu verbessern! Reichelt war schon ’ne mittlere Katastrophe, Rena ist auch regelmäßig unerträglich, aber Jessen schlägt wirklich alles … Habt Ihr über ein altes Bakelittelefon mit ihm gesprochen? 😉 Wenn man nur den Audio-Podcast hat (noch dazu unterwegs) und nicht auf Lippenbewegungen schielen kann, ist das schon ziemlich anstrengend.

  5. Als die Lupenreine Historie der SPD erwähnt wurde und Tilo dann so aufgeregt war dacht ich da kommt noch was aber das wird in dem Moment keiner auf dem Schirm gehabt haben also erwähn ich mal eben ein Episode aus eben jener Historie: die SPD stimmte damals im Reichstag für die Kriegskredite (1. Weltkrieg) ohne die an Krieg führen garnicht zu denken gewesen wäre.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Burgfriedenspolitik.

    Soviel dann zur „Friedenspartei“ des Herrn Gabriels oder der Annahme schlimmer als Agenda 2010 gehts nimmer mit der SPD. Da ist noch viel Luft nach unten.

  6. Hallo Aufwachenteam,

    Ich bin selber Deutscher mit türkischen Wurzeln in 3ter Generation. Und dieser Wahlkampf spaltet die gesamte Türkische Gemeinde und zwar Tiefer als sonst ihrgendwas. Das Problem ist, dass man nicht versucht diesen Graben wieder zu schließen sondern ihn jeden Tag weiter auszubauen.

    Darüber hinaus hat Erdogan so viele“ Ja“ Wähler weil er diese Wahl mit seiner Person verbindet. Er ist das Gesicht dieser Wahl und für ihn gilt: Jeder der mich gewählt hat oder mich gut findet muss mich wählen und alle die es nicht tun sind Landesverräter. Darüber hinaus werden Kritisch stimmen, also auch rechts denkende menschen die jedoch diesen Umbau kritisch sehen, mit der HDP und der PKK (die dagegen sind) in einen Topf geworfen. Das bedeutet er hat ein Klima geschaffen mit der Botschaft: jeder der für die Türkei ist egal ob er mich mag oder nicht muss mit ja stimmen.

    Ich persönlich kenne viele die dafür sind und auch einige die dagegen sind. Die Mensch die dafür sind verbinden mit dieser wahl auch ein Abstrafung der „hochnäsigen Europäer“. Sie sehen in Erdogan den Mann der den Europäern die Stirn bieten kann. Dies hat vor allem historische Gründe. Es gibt ein Foto wo ein früherer Türkischer President wie ein Bettler vor dem USPresidenten Clinten stand. Solche bilder haben sich in das türkische gedächnis Eingebrand. („Ecevit Clinten“ Googlen). Oder die meterlangen Schlängen vor den Bäckerreien oder vor den Rentenkassen oder 200 bis 500% Inflation auf Grundnahrungsmittel. darüber hinaus hat Erdogan das Gesundheitssystem für alle zugänglich und erschwinglich (deutschessystem teilweise sogar besser)

    Darüber hinaus hat die Demokratie nicht den Stellenwert in der Türkei oder den in Deutschland lebenden Türken, weil es nichts war wofür sie Kämpfen mussten. Dieses System wurde von Oben eingeführt, und wird von vielen Menschen eher als eine Art Hindernis und Bürokratiehürde gesehen. Demokratie bedeutet für sie nicht wohlstand (China macht es vor). Die Menschen sagen sich wofür brauchen wir die Demokratie wenn wir ein „gerechten König“ haben können.

    Ich selbst habe nur den Deutschenpass ( musste mich entscheiden “ ein Thema für sich „). Wenn ich den türkischen Pass hätte würde ich eher zu nein tendieren.

    PS:Sorry wegen der Rechtschreibung

  7. Hans Jessen war ein wunderbarer Gast: vernünftig-humorvoll & sehr angenehm, mit echten Einblicken in die Perspektive der Öffentlich-Rechtlichen.

  8. „Als Mitautor empfiehlt Schulz darin die Einrichtung einer nationalen Stelle pro Mitgliedsstaat, die beobachten soll, ob sich die Löhne „entsprechend der Produktivität entwickeln“. “

    Und was wäre die Feststellung für Deutschland ?
    Dass die Löhne sich nicht entsprechend der Produktivität entwickelt haben.
    Dann müsste der Technokrat höhere Abschlüsse fordern,
    insofern geht das Argument des br ins Leere.

  9. naja oder eben niedrigere, weil er der Wirtschaft ja „schlecht“ geht. ich denke, das Argument zielt darauf ab, dass Löhne künstlich niedrig gehalten werden.

  10. Bin ich froh, dass der Wahlkampf erst im Mai oder Juni so richtig los geht! Schulz-Hype trifft es. Linker Hoffnungsträger fordert die mächtigeste Frau der Welt heraus! DRAMA PUR! Schalten Sie jetzt ein bei ARD! Ich könnte jetzt schon kotzen ….

    Bis dahin muss ich mir noch etwas überlegen wie ich das alles verpasse. Ziel ist, am Montag nach dem Wahlabend nicht zu wissen wer gewonnen hat und überhaupt, was in den Monaten davor passierte im Horse race. Denn davon habe ich persönlich überhaupt nichts! Politik geht anders, indem ich selber mache und mit Anderen, ohne Horse race und ohne politische Parteien.

    Tilo Jung und den Podcast werde ich die nächsten Monate dann wohl nicht mehr schauen können. Sad! ;-P

  11. hier meldet sich mal der ARD-mann, der allerdings gar kein ARD-mann mehr ist, sondern seit gut zwei jahren wieder das, was er vor seiner ARD – zeit auch schon gewesen war: freier journalist.
    ich habe in diesem gespräch, soweit es das thema ARD ging, versucht, erkenntnisse aus der innenansicht mit kritischem blick von außen zu verbinden. wieweit das gelingt oder nachvollziehbar ist, weiß man ja selbst am allerwenigsten.

    zu einem punkt möchte ich doch noch mal was sagen. georg schmidt wirft mir „verlogenheit bei der flüchtlingsfrage“ vor.
    unter verlogenheit verstehe ich, wider besseres wissen in manipulativer absicht falsche behauptungen aufzustellen. wo hätte ich das bei diesem thema getan ?
    wir haben darüber gesprochen, ob eine physische mauer an der staatsgrenze USA/mexiko dasselbe ist, wie die formen der EU-aussengrenzen – vor allem in der wahrnehmung der menschen. und über die frage, welche rolle angela merkel vor allem in der frage der flüchtlingsaufnahme seit 2015 gespielt hat.
    was ist verlogen an dem hinweis, dass sie es damals war, die für eine öffnung der deutschen grenzen gesorgt hat ? was ist verlogen an dem hinweis, dass viele andere EU staaten sich einer gemeinsamen flüchtlingsstrategie verweigert haben ? das sind fakten – genauso wie es ein fakt ist, dass seit einem jahr deutscherseits aktiv daran gearbeitet wird, die flüchtlingszahlen zu begrenzen ( auch darauf habe ich hingewiesen ).
    verwunderlich ist es, wenn der verlogenheitsvorwurf sich dann auch noch auf behauptungen stützt, die ich nie und nimmer aufgestellt habe. die frage, ob es einen unterschied gibt zwischen ertrinken im mittelmeer und verdursten in der mexikanischen wüste, haben wir überhaupt nicht diskutiert. hätte man mich fragen können, hätte ich auch drauf geantwortet. Aber: nicht gemachte aussagen als begründung für verlogenheit zu nehmen, ist kein redliches diskussionsverhalten.
    und daraus dann die „schere im kopf“ abzuleiten ist es ebenso wenig. ich bin skeptisch gegen jegliche form von schneller, bequemer metapher. „schere im kopf“ ist so eine. journalistisches denken ist das genaue gegenteil: es bedeutet, die dinge aus so vielen blickwinkeln wie möglich zu betrachten, sie in beziehung zueinander zu setzen, und dann auch schlüsse und wertungen zu ziehen und (begründet) darzustellen.
    dazu braucht man dann übrigens doch auch wieder „schere im kopf“, aber ganz anders, als es die vorwurfsvariante meint: so wie jeder film letztlich am schneidetisch entsteht ( also: durch den einsatz von schere…) entstehen auch gedankliche positionen, meinungen und urteile dadurch, dass ich im abwägungsprozess wegfallen lasse ( oder wegschneide) was der überprüfung nicht standhält. so gesehen ist „schere im kopf“ kein instrument der (selbst)zensur, kein denkverbot, sondern ganz im gegenteil ein denkgebot, ein hilfsmittel um zu differenzierten und gleichzeitig klaren positionen zu kommen. vorausgesetzt, man hat daran ein interesse.
    skeptisch bin ich auch aussagen gegenüber, die aus dem hier und jetzt mit großer gewissheit verkünden, was auf jeden fall werden wird….bestenfalls können wir uns doch darüber unterhalten, was, aus heutiger sicht, vielleicht oder wahrscheinlich werden könnte – oder auch nicht. bei zukunftsperpektiven es geht um absichten, um möglichkeiten oder auch wahrscheinlichkeiten, – die sind begrifflich etwas völlig anderes als gewissheiten. (beliebig sind sie deswegen aber noch lange nicht – das wäre aber wieder ein eigenes thema….)

    p.s.: -noch einen irrtum möchte ich aufklären: der ARD-mann hat es gar nicht „weit gebracht“ – er war ein ganz normaler reporter und redakteur , von denen es in den diversen deutschen elektronischen und print-medien tausende gibt.

    p.ps.: wo ich der kritik völlig zustimme: die tonqualität war grauenhaft. ich hätte mir selbst aus rein akustischen gründen keine 5 minuten zugehört. von daher: danke für die ausdauer bei denen, die sich das angetan haben – und falls mich die herren tilo und stefan irgendwann nochmal dazu schalten wollen, gelobe ich ein besseres mikrofon

  12. Hier meldet sich mal der ARD mann. (Der übrigens seit gut 2 jahren gar kein ARD mann mehr ist, sondern wieder das, was er davor auch schon gewesen war: freier journalist. )
    In dem gespräch hab ich versucht, kenntnisse aus innenansichten mit kritischem blick von außen zu verbinden. Inwieweit sowas gelingt und nachvollziehbar ist, weiß man ja selbst am allerwenigsten.
    Zu einem punkt möchte ich aber doch noch was sagen: georg Schmidt wirft mir „Verlogenheit bei der flüchtlingsfrage“ vor.
    Unter verlogenheit verstehe ich, wider besseres wissen in manipulativer absicht bewußt unwahrheiten zu verbreiten.
    Wo hätte ich das im Gespräch über die flüchtlingsfrage getan ?
    ist es verlogen, anzumerken, dass eine physische mauer an der staatsgrenze auf menschen einen anderen eindruck macht, als andere formen der außengrenzen, wie z.b. in der EU ? Ist es verlogen, festzustellen, dass 2015 es angela merkel war, die die deutschen grenzen für flüchtlinge geöffnet hat ? dass aber andere EU Staaten sich einer koordinierten flüchtlingspolitik verweigerten ? Das sind nachprüfbare Fakten. Ebenso wie die Tatsache, dass seit ca. einem jahr deutscherseits wieder ein begrenzung der flüchtlingszahlen betrieben wird – darauf habe ich von mir aus hingewiesen.
    Bemerkenswert finde ich, dass der vorwurf der verlogenheit begründet wird mit aussagen, die ich nicht gemacht habe. Ertrinken auf hoher see versus verdursten in der wüste – darüber haben wir gar nicht gesprochen. Man hätte mich danach fragen können, ich hätte geantwortet. Aber „Verlogenheit“ zu behaupten unter verweis auf vergleiche, die gar nicht angestellt wurden – das ist kein redliches diskussionsverhalten.

  13. Ich bin auch ziemlich skeptisch gegenüber schnellen, fundamentalen sätzen und urteilen. journalistisches denken ist genau das gegenteil: sachverhalte aus möglichst vielen unterschiedlichen blickwinkeln betrachten, analysieren und in der abwägung zu begründbaren einschätzungen kommen. Die mag man ja nicht teilen – aber dem anderen verlogenheit oder selbstzensur vorwerfen weil das ergebnis nicht gefällt ?
    Ebenso bin ich skeptisch, wenn schnell und quasi endgültig festgestellt wird, wie etwas auf jeden fall sein wird – oder auch nicht. Wir können uns doch bestenfalls darüber unterhalten, wie etwas – von heute aus gesehen, basierend auf erfahrungen der vergangenheit – in zukunft vielleicht, oder auch wahrscheinlich, werden könnte – oder auch nicht. Möglichkeiten und wahrscheinlichkeiten sind völlig andere kategorien als behauptete gewissheiten. Noch so ein schnelles verbales fallbeil: „Schere im kopf“. Das meint ja: Selbstzensur. für einen an aufklärung und diskurs interessierten journalisten die höchststrafe. Dabei wird eigentlich anders herum ein schuh draus. So wie ein kinofilm erst im schneideraum entsteht – also: durch einsatz von scheren – entstehen auch gedanken, geistige positionen dadurch, das in der abwägung verschiedener aspekte das wegfällt – weggeschnitten wir – was der überprüfung nicht standhält. So gesehen ist „Schere im kopf“ kein instrument der Selbstzensur, sondern ein hilfsmittel zur schaffung von klarheit und erkenntnis. Auch solche symbolhaften begriffe können also mehr als eine bedeutung haben. Darüber tausche ich mich gerne aus, darüber streite ich auch gern – das setzt aber voraus ( bei mir wie beim gegenüber ) dass man sich zumindest gedanklich auf das einläßt, was der andere sagt. Mit „Basta“ statements kommt man da nicht viel weiter. ( ganz abgesehen davon wäre das ja genau die verhaltensweise, die man ansonsten einem früheren bundeskanzler heftig vorwirft…)

    hans jessen

    p.s.: um noch ein schnelles, unzutreffendes urteil anzusprechen: der ARD mann hat es gar nicht (als resultat erfolgreicher selbstzensur) „weit gebracht“. Er war ein schlichter reporter und redakteur, von denen es in print- und elektronischen medien tausende gibt. in etablierten wie in alternativen. nothing special.
    p.p.s.: in einem gebe ich der kritik völlig recht: mein ton war grauenhaft. ich hätte mir selbst – aus akustischen gründen – keine 5 minuten freiwillig zugehört. danke denen, die das auf sich genommen haben. Falls die herren tilo und stefan mih jemals wieder zuschalten wollten, gelobe ich ein besseres mikrophon..

  14. @ Hans Jessen: Ich verstehe den Begriff Schere im Kopf nicht als Selbstzensur, sondern als Wahrnehmung, der andere beurteilt vergleichbare Sachverhalte nach unterschiedlichen Maßstäben. Z.B. gute amerikanische und böse russische Bomben oder eben Ertrinken im Mittelmeer versus Verhungern vor der Mauer in Mexiko. Diese Art Schere nehmen immer nur andere war, man selbst hat dagegen gute Gründe für die Differenzierung.

  15. @johanna: wenn du „schere im kopf “ als anlegen unterschiedlicher maßstäbe verstehst, respektiere ich das als deine persönliche auffassung. gleichwohl wird im allgemeinen sprachgebrauch, und auch in der literatur „schere im kopf“ durchgehend als synonym für selbstzensur verwendet und verstanden. das mußt du mir nicht glauben, aber wenn du mal bei einer suchmaschine deiner wahl checkst, ist das ergebnis ziemlich eindeutig.
    deswegen habe ich mich in meiner antwort auf diese bedeutung bezogen.
    aber auch, wenn ich jetzt deine interpretation nehme: dann halte ich den mir von georg schmidt gemachten vorwurf immer noch für falsch, weil ich eben nicht behauptet habe, dass ertrinkende flüchtlinge im mittelmeer weniger unerträglich wären als solche, die vor einer mauer sterben.
    aber man sollte dann auch konkrete zahlen bedenken. so sind z.b. an einem einzigen septembertag 2016 über 6.000 bootsflüchtlinge aus dem mittelmeer gerettet worden – 9 leichen wurden am selben tag geborgen. das waren immer noch 9 tote zuviel, aber 6.000 gerettete bedeuten für mich auch, dass man nicht einfach sagen kann, die EU lasse an ihren außengrenzen die menschen einfach massenhaft ersaufen. auch deswegen nicht, weil an diesen rettungseinsätzen sowohl schiffe ziviler hilfsorganisationen wie auch militärschiffe beteiligt waren.
    läßt sich diese situation und lassen sich diese relationen gleichsetzen mit der geplanten mauer an der us/mexikanischen grenze ? für mich nicht, und darauf habe ich hingewiesen.
    es ist also nicht das anlegen unterschiedlicher maßstäbe nach dem plumpen motto: us mauer-schlecht, eu-außengrenze – gut.
    so wie ich auch nicht in schlechte russische und gute amerikanische bomben unterteile. auch da könnte ich immer nur nach möglichst genauer betrachtung der konkreten verhältnisse werten. so würde ich jede bombe, die vor 1945 das deutsche führerhauptquartier mitsamt seinem chef zerstört hätte, für eine gute bombe halten. egal, wer sie abgeworfen hätte.
    die eu-flüchtlingspolitik ist wahrhaftig kritikwürdig, – aber sie kann meines erachtens nicht mit trumps mauerplänen einfach so in einen topf geworfen werden. es sind einfach zwei paar schuhe. darauf wollte ich im gespräch hinweisen. (dass es aber generell schwieriger ist, die beschränkungen des eigenen denkens – die jeder von uns hat – selbst zu erkennen, als die des anderen. – ja, da hast du natürlich prinzipiell recht…)

  16. Wenn das NSA Überwachungsprogramm jeden überwacht, dann würde neben Ärzten, Priestern, Unternehmen, Militär, Diplomaten und anderen Politikern auch der amtierende Präsident abgehört werden, oder?
    Und selbst falls es technisch möglich ist den Präsidenten aus dem Überwachungsprogramm auszuselektieren, dann gilt trotzdem das was Gysi zu Merkel sagte nach dem Handy-Abhör-Skandal.
    Das heißt, wenn Trump mit einem Kongressabgeordneten, einem Regierungschef oder seinem Arzt telefoniert wird er eben über dessen Erfassung abgehört.

  17. Da ihr euch an einer Stelle so ereifert habt, dass das Telefonat zwischen Merkel und Trump ein typisches Beispiel für schlechten Journalismus und „fake news“ gewesen sei, weil niemals Staatenlenker persönlich miteinander sprechen… Irre ich mich, oder war genau in diesem Fall es tatsächlich so, dass Trump direkt bei Merkel angerufen hat? Ich bin ziemlich sicher, dass ich irgendwo einen Artikel gelesen habe, in dem unter anderem ausgeführt wurde, dass Trump überrascht war, dass Merkel auf Englisch geantwortet hat (weil sie das beim ersten offiziellen Telefonat aus dem Weißen Haus nicht tat), und die Logik daraus war: „Wenn es um das Wetter geht, spricht Merkel auch Englisch, aber wenn es um was Wichtiges geht, dann will sie Verhandlungen auf Deutsch.“

    Trump selbst scheint ja offenbar sehr gerne direkt zum Hörer zu greifen. Ich habe in der Washington Post jetzt schon diverse Artikel gelesen, in denen sich z.B. Abgeordnete verwundert darüber gezeigt haben, dass „der Präsident“ sie ohne Vorwarnung direkt und persönlich anruft.

    Lange Rede… Eure Aufregung, dass das lächerlich und verzerrend sei, wenn die Medien immer wieder sagen „Trump rief Merkel an“, weil in Wirklichkeit eher der amerikanische Beamte A mit dem deutschen Beamten B spricht, scheint in diesem Fall sich das falsche Beispiel herausgepickt zu haben. Nach allem, was mir bekannt ist, war es tatsächlich genau das: Merkel war entschlossen, zu fliegen, und schon auf dem Weg, und Trump persönlich rief sie an und sagte: „Verschieben wir’s.“

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